2019 erbeuten Trickbetrüger über 3 Millionen Euro – Gesundes Misstrauen ist der beste Schutz

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Von Uwe Roth

Aus der Corona-Pandemie und deren Folgen versuchen Trickbetrüger Kapital zu schlagen. Das tun sie im Wortsinn: Sie lauern beispielsweise alten Menschen am Telefon auf, um mit dem bekannten Enkeltrick Schmuck und Geld zu ergaunern. Sie tischen ihren Opfern hanebüchene Lügengeschichten auf, denen in einem Zustand von Stress, Angst und Verwirrtheit geglaubt wird. Im Boom des Onlinebankings und Onlinehandels lassen bandenmäßig organisierte Betrüger nichts unversucht, um mit E-Mails oder Telefonanrufen arglosen Nutzern Pins, TANs und andere sensible Daten abzuluchsen. Die Schäden der Trickbetrüger, die als Person nie in Erscheinung treten und sich häufig im Ausland verschanzen, gehen in die Millionen. 

Allein im Bereich des Polizeipräsidiums Ludwigsburg (Landkreise Ludwigsburg und Böblingen) sind im vergangenen Jahr 15 Seniorinnen und Senioren auf den Enkeltrick hereingefallen. Den eingetretenen Schaden beziffert Ute Scholpp mit 452.000 Euro. Die Kriminalrätin ist die Präventionsleiterin im Polizeipräsidium. Baden-Württemberg-weit ist bei 131 Betrogenen ein Schaden von über drei Millionen Euro entstanden. Mehr als zehn Prozent des Gesamtschadens in den Landkreisen Ludwigsburg und Böblingen zeigen, dass hier viele vermögende alte Menschen leben, die den Trickbetrug magisch anziehen.

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Da die Opfer ihr geklautes Geldvermögen in der Regel zuvor auf einem Bankkonto und nicht unter Matratze deponiert hatten, haben nicht nur die Polizei ein Interesse an Aufklärung der Bevölkerung, sondern ebenso die Banken und Sparkassen. In dieser Woche taten sich die Kreissparkasse Ludwigsburg und die Volksbank Ludwigsburg zusammen, um gemeinsam mit Polizeipräsident Burkhard Metzger und seiner Kollegin Scholpp eine Aufklärungsinitiative über die Medien zu starten: Gesundes Misstrauen, so ihre Botschaft, sei der beste Schutz vor raffinierten Betrügern, die keine Skrupel hätten, psychischen Druck bis über die Schmerzgrenze hinaus auszuüben. Ihr Rat: Bei der geringsten Unsicherheit lieber vorsichtshalber die Polizei informieren als abzuwarten, bis die Betrüger mit ihren Überredungskünsten endgültig die Oberhand gewonnen haben. 

Die Statistik zeigt aber auch, dass Aufklärung Wirkung zeigt: Das Polizeipräsidium bearbeitete 2018 insgesamt 44 Fälle. In sieben machten sich die Betrüger mit insgesamt knapp 200.000 Euro davon. Ein Jahr später lag die Zahl der bearbeiteten Fälle bereits bei 153. Lediglich bei 15 kam es zu einem Schaden. Polizeipräsident Metzger geht davon aus, dass nicht allein die Trickversuche zugenommen haben, sondern auch die Zahl misstrauisch gewordener Anrufer, denen damit unter Umständen sehr viel Ärger erspart worden ist. Viele Trickbetrüger geben sich als Polizeibeamte aus. 2018 meldeten 61 Anrufer unter der Nummer 110, dass sich möglicherweise ein falscher Polizist an ihre Ferse gehängt habe. Im vergangenen Jahr wurden dem Polizeipräsidium Ludwigsburg bereits knapp 600 Fälle gemeldet, bei denen wohl falsche Polizisten die Fäden zogen und einen Schaden von über einer halben Million Euro anrichteten. Auch hier zeige die Statistik, dass Aufklärung Betrügern die Tour vermassele, stellt der Polizeichef fest. Denn obwohl die Zahl der Fälle innerhalb eines Jahres um das Zehnfache gestiegen sei, sei die Schadenssumme nahezu gleichgeblieben.

Faktor Mensch und sein Leichtsinn: Auch im Onlinebanking ist vorwiegend der Leichtsinn und nicht die IT die Ursache, warum Betrügereien gelingen können. „Onlinebanking ist sicherer als Papierüberweisung“, sagen Kreissparkassenvorstand HeinzWerner Schulte und Thomas Palus, Volksbank-Vorstandsvorsitzender in Ludwigsburg. Auch wenn sie ansonsten im Wettbewerb stehen, bei der Aufklärung ziehen sie am gleichen Strang. Schulte zeigt auf die Dimension, die Onlinebanking inzwischen hat: „Blickt man auf die Gesamtzahl der Teilnehmer der vergangenen fünf Jahre, zeigt sich eine sehr starke Zunahme um 38 Prozent auf über 145000 Nutzer. Diese Teilnehmer führen aktuell knapp 160000 Girokonten online.“ Damit sei die Online-Banking-Quote auf knapp 66 Prozent gestiegen. „Bei den Login-Zahlen ist die Zunahme noch viel stärker“, so Schulte. Allein 2019 erreichte die Gesamtzahl der Logins rund 38,4 Millionen.

Und wie können die Banken helfen, um bei der Anwendungssicherheit im Online-Banking zu helfen? „Neben der selbstverständlichen regelmäßigen Schulung und Weiterbildung unserer Mitarbeiter gehen wir direkt auf unsere Kunden zu, nehmen ihre Sorgen auf, beantworten Fragen, erklären gerade Einsteigern umfassend das Online-Banking“, so Volksbankchef Palus. Im vergangenen Jahr waren Mitarbeiter der Volksbank mit einer eigenen „Road-Show“ durch das gesamte Geschäftsgebiet auf Tour, um speziell die Zielgruppe der älteren oder nicht technik-affinen Kunden bei Abendveranstaltungen zu schulen.

Tipps für sicheres Onlinebanking:

  • Kein Bankmitarbeiter verlangt jemals PIN oder TAN von Kunden.
  • Klicken Sie nicht auf Links in E-Mails oder WhatsApp-Nachrichten, die vermeintlich „direkt zum Online-Banking“ oder auf eine Bank-Homepage führen – öffnen Sie keine unbekannten E-Mail-Anhänge.
  • Wenn man zum eigenen Online-Banking möchte, dann sollte man das selbst direkt anwählen, sei es über die Handy-App oder über den Browser-
  • Eigentlich eine Selbstverständlichkeit: Man sollte seine Konten im Blick haben, um den Überblick zu behalten.
  • Der Virenschutz auf dem PC, der fürs Online-Banking verwendet wird, soll immer aktuell sein. Dafür benötigt man meist keine teuren Spezialprogramme, schon das kostenlos etwa bei Windows mitgelieferte Programm leistet gute Dienste, auch andere kostenlose Programme bieten hohen Schutz.

Hinweise der Polizei zum Schutz vor Enkeltrickbetrügern:

Enkeltrick Betrug | polizei-beratung.de (polizei-beratung.de)