7000 Jahre Geschichte unter dem Galgenfeld – Spektakuläre Funde bei Grabung in Vaihingen

Rettungsgrabung legt über 1100 Funde am künftigen Gewerbegebiet Wolfsberg IV frei – Siedlungsspuren reichen bis in die Jungsteinzeit zurück

Vaihingen an der Enz – Bevor das neue Gewerbegebiet Wolfsberg IV bebaut werden kann, wurde auf dem sogenannten Galgenfeld ein archäologischer Schatz geborgen. Auf einer Fläche von knapp vier Hektar haben Expertinnen und Experten bei einer Rettungsgrabung mehr als 1100 Funde aus mehreren Jahrtausenden gesichert. Die ältesten stammen aus der Jungsteinzeit und sind rund 7000 Jahre alt – damit ist klar: Die Geschichte der Besiedlung an der Enz reicht deutlich weiter zurück als die erste schriftliche Erwähnung der Stadt.

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Insgesamt neun Gräber, mehrere Langhäuser, eine Gargrube sowie zahlreiche Keramikscherben, Werkzeuge und Schmuckstücke dokumentieren die Nutzung des Geländes von der Jungsteinzeit bis in die Eisenzeit. Besondere Aufmerksamkeit erhielt ein Skelett in typischer Hockerlage mit einer fein polierten Steinaxt – ein Grab aus dem Endneolithikum, also aus der Zeit um 2800 bis 2500 v. Chr.

Noch rätselhafter ist der Fund zweier weiblicher Skelette aus der Frühlatènezeit. Die Position in einer Grube sowie das Fehlen typischer Bestattungsmerkmale deuten auf eine ungeklärte Todesursache. Beide trugen wertvollen Schmuck aus der Keltenzeit: Armringe und eine Halskette aus Glasperlen. Ob es sich um einen Unfall, einen ritualisierten Tod oder eine andere Form des Ablebens handelt, bleibt unklar.

Neben den Gräbern wurden Überreste von bis zu 20 Meter langen Langhäusern aus der mittleren Jungsteinzeit entdeckt. Auch eine Gargrube aus der frühen Eisenzeit wurde dokumentiert. Die Ausgrabungen, die zwischen September 2024 und April 2025 stattfanden, wurden im Vorfeld der Bebauung durch das Landesamt für Denkmalpflege veranlasst. Das Areal war bereits in der Vergangenheit mehrfach durch bandkeramische Funde aufgefallen.

Die Maßnahme war notwendig, da sich das Gebiet in einem Bereich befindet, der als Kulturdenkmal klassifiziert ist. Erst nach der systematischen Bergung aller relevanten Relikte konnte das Gelände für die weitere städtebauliche Planung freigegeben werden. Die Grabung dauerte 128 Arbeitstage und kostete rund 578.000 Euro – deutlich unter dem veranschlagten Budget.

Die Funde werden nun im Fundarchiv des Landes in Rastatt weiter untersucht. Mittels moderner Methoden wie der Radiokarbondatierung sollen Herkunft, Alter und soziale Zusammenhänge der damaligen Bevölkerung näher erforscht werden.

Für die Stadt Vaihingen liefern die Ausgrabungen wertvolle Impulse – nicht zuletzt mit Blick auf das Stadtjubiläum im Jahr 2029. Die Überlegung, Teile der Fundstücke im Rahmen einer Ausstellung zur Landesgartenschau zu zeigen, steht bereits im Raum. Das Planverfahren für das Gewerbegebiet Wolfsberg IV läuft derweil weiter – wann es final in die Gremien geht, ist noch offen. Klar ist aber: Die Geschichte Vaihingens wurde durch diese Grabung um mehrere Jahrtausende erweitert.

red