
Früher Arbeitsbeginn, hohe Belastung, wenig Pause: Die Arbeit in Bäckereien ist fordernd – und Nachwuchs fehlt. Die Gewerkschaft NGG schlägt Alarm und sieht Zuwanderer als Schlüssel für die Zukunft des Handwerks.
Ludwigsburg – Sie machen die Frühaufsteher-Jobs: Rund 2.210 Profis backen und verkaufen im Landkreis Ludwigsburg Brot, Brötchen und Butterkuchen. „Sie müssen früh auf den Beinen sein. Der Wecker rappelt bei vielen schon mitten in der Nacht. Morgenmuffel haben’s da eher schwer“, sagt Magdalena Krüger von der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG).
Allerdings passiere in der Backbranche gerade viel, was die Arbeit in Bäckereien erleichtern könne: „Schafft eine Bäckerei zum Beispiel neue Kühltechnik an, kann der Teig schon am Vortag vorbereitet werden. Morgens wird dann gebacken. Dadurch liegen ein paar Stunden mehr Schlaf drin“, so Krüger.
Die Geschäftsführerin der NGG Stuttgart appelliert an die Bäckereien im Kreis Ludwigsburg, die Jobs der Branche attraktiver zu machen. Immerhin beklage gut die Hälfte der Beschäftigten im Backgewerbe, oft Überstunden machen zu müssen. Das ist ein Ergebnis des „Bäckerei-Monitors“, den die Hans-Böckler-Stiftung im Auftrag der NGG gemacht hat. Die Gewerkschaft hat dazu zum ersten Mal bundesweit rund 1.400 Beschäftigte im Bäckerhandwerk und in der Brotindustrie befragt. Künftig soll es die Branchen-Analyse einmal pro Jahr geben.
Beim ersten „Bäckerei-Monitor“ haben mehr als acht von zehn Beschäftigten angegeben, dass sie oft Zeitdruck und Stress im Job erleben. Knapp die Hälfte arbeitet mit wenig Pausen. Und 84 Prozent beklagen, dass Personalmangel im eigenen Betrieb für sie zu spürbaren Belastungen führe. „Fehlender Nachwuchs ist ein entscheidender Punkt – vor allem für das Bäckerhandwerk“, sagt Krüger.
Insgesamt gebe es aktuell in den 119 Betrieben des Backgewerbes im Landkreis Ludwigsburg 111 Auszubildende – vom Bäcker-Azubi bis zur Auszubildenden im Fachverkauf. Die NGG beruft sich bei den Angaben zu Betrieben und Beschäftigten im Backgewerbe auf Zahlen der Arbeitsagentur.
Mehr Migranten im Bäckerhandwerk – Gewerkschaft sieht wichtige Rolle für Zuwanderer
Beim Bäckerei-Nachwuchs erkennt die NGG Stuttgart einen klaren Trend: Immer häufiger setzen Betriebe in der Region auf junge Menschen mit Migrationsgeschichte. „Eines ist klar: Ohne junge Menschen, die als Geflüchtete oder Zuwanderer zu uns kommen, wird das Brotbacken von morgen schwierig“, sagt Magdalena Krüger. Bundesweit habe bereits heute jeder vierte Azubi im Backgewerbe einen Migrationshintergrund.
Für die Ausbildung habe die NGG gemeinsam mit dem Zentralverband des Deutschen Bäckerhandwerks einen wichtigen Anreiz gesetzt: „Das Portemonnaie der Azubis in Bäckereien ist deutlich voller geworden. Zum Ausbildungsstart bekommen sie bereits 1.020 Euro pro Monat. Und im dritten Ausbildungsjahr sind es sogar 1.230 Euro“, so Krüger.
Die Gewerkschaft kündigt an, noch in diesem Jahr mit den Arbeitgebern über weitere Verbesserungen der Arbeitsbedingungen zu verhandeln – besonders in der Brotindustrie. „Wichtig sind bessere Arbeitszeiten. Es geht darum, die Belastungen gerade bei Früh-, Spät- und Nachtschichten besser aufzufangen: Wenn auf sechs Tage Schichtarbeit drei freie Tage folgen, dann lassen sich die Jobs in der Brotindustrie dadurch enorm attraktiver machen“, sagt Krüger.
Auch faire Bezahlung bleibt ein zentrales Thema für die NGG. Unter dem Motto „Backen wir’s“ will sich die Gewerkschaft weiter stark machen – für Tariflöhne und mehr soziale Sicherheit: „Es ist wichtig, dass alle Bäckereien Tariflohn zahlen. Denn wenn der Lohn von heute schon ein Problem ist, dann ist es die Rente von morgen erst recht“, so Krüger.
red