Corona-Krise: Ludwigsburg spart bei Grünflächen – andere Städte sind großzügiger

ANZEIGE

Von Uwe Roth

Grünflächen sind in der Stadt Ludwigsburg ein rares Gut. Nach Angaben aus dem Rathaus gibt es im Stadtgebiet für die 94 000 Einwohner etwa neun Hektar Grünanlagen, die öffentlich zugänglich sind. Ebenfalls ohne Eintritt betretbar sind der Favoritepark und das Gelände um das Schloss Monrepos. Doch beides zählt nicht zum städtischen Erholungsgut, da diese im Besitz des Landes Baden-Württemberg sind. In der Innenstadt ist die kaum zwei Hektar große Bärenwiese die größte und einzige Anlage, auf der die Menschen spielen oder die Picknickdecke ausbreiten können. Statistisch betrachtet, ist die überschaubare Liegewiese für die 50 000 Innenstadtbewohner da.

Ansonsten kann man in der Stadt eher sitzend von einer Parkbank aus das Grün genießen – so in den Friedhöfen (etwa 38 Hektar) oder auf Spielplätzen (24 Hektar). Die Biotopflächen, die von der Stadt unterhalten werden, sind etwa so weitläufig wie die öffentlichen Grünanlagen. Doch die sind aus der Innenstadt fußläufig schwer erreichbar und vor allem nicht als Ort für den Freizeitspaß gedacht.

ANZEIGE

Laut einer Sprecherin der Stadt kostet die Grünpflege jährlich 6,1 Millionen Euro. Darin eingerechnet ist die Pflege von knapp   30.000 Bäumen. Umgerechnet gibt Ludwigsburg 65,20 Euro je Einwohner und Jahr dafür aus, dass die Stadt nicht nur aus grauen Gebäuden und asphaltieren Verkehrswegen besteht. Nun trifft die Corona-Krise in diesem Sommer aber die Grünpflege: In der Stadtverwaltung herrscht wegen des Einbruchs der Einnahmen Haushaltssperre. Im kommunalen Kassenstand herrscht eine Lücke von 36 Millionen Euro. Obwohl von Grün nicht üppig gesegnet, kamen die Ausgaben des Grünflächenamts sogleich ins Visier der Kostensparer. Von den über sechs Millionen Euro sollen etwa 100.000 Euro auf dem Konto verbleiben, in dem insbesondere für die Pflege des Verkehrsgrüns (6,3 Hektar) weniger getan wird. Außerdem sollen Bürger freiwillig beim Gießen helfen. An der Sommerbepflanzung ist bereits gespart worden.

Doch Ulrike Schmidtgen, Leiterin des Fachbereichs Tiefbau und Grünflächen der Stadt Ludwigsburg, beruhigt: „Die Auswirkungen sind nicht so gravierend, wie dies der erste Eindruck gemacht hat“, sagt sie. Es werde weniger Unkraut gerupft und manche Wiese seltener gemäht. Wenn möglich werde auf den einen oder anderen Gießgang verzichtet. „Wir lassen aber nichts vertrocknen“, versichert sie. Dafür sorgen tatsächlich auch Ehrenamtliche, die sich in der Innenstadt insbesondere um Kübelpflanzen kümmern. Das Gießwasser kommt aus privaten Hähnen. „Wer nicht genau hinschaut, wird nicht merken, dass wir in diesem Jahr bei der Grünpflege etwas sparen“, ist Schmidtgen überzeugt.

Auch in der Nachbarschaft Bietigheim-Bissingen herrscht Haushaltssperre. Doch am Grün soll dennoch nicht gespart werden: „Die innerstädtischen Grünanlagen sind seit Jahrzehnten vorbildlich gepflegt und werden es auch weiterhin sein“, teilt eine Rathaussprecherin mit. Die Stadt hat halb soviel Einwohner wie Ludwigsburg, aber nur ein Drittel weniger öffentlicher Grünanlagen. Der Etat für die Grünpflege insgesamt liegt bei 3,2 Millionen Euro. Allein die Pflege des Bürgergartens lässt sich die Stadt eine Viertel Million Euro im Jahr kosten.

Wer in Ludwigsburg ausreichend Platz zur Erholung sucht, muss ins Blühende Barock (Blüba). Die Parkanlage rund um das Residenzschloss gehört je zur Hälfte der Stadt und dem Land und kostet aber Eintritt: Für eine vierköpfige Familie 100 Euro im Jahr (Saisonkarte im Vorverkauf) oder 27 Euro für einen Tagesbesuch. Knapp 27 Hektar werden von 30 Gärtnern auf Vordermann gehalten. Die Pflege eines Quadratmeters beträgt laut BlüBa 13 Euro im Jahr. Dafür bekommen die Besucher eine Menge Blumenpracht geboten. Die weitläufigen Wiesen zwischen den Pflanzbeeten sind Picknick-Areal unter vielen schattenspendenden Bäumen. Betreten verboten – das war früher.

Da sind Stuttgarts Bürger besser dran: „Im Schnitt erreicht jeder Einwohner fußläufig in 250 Meter eine Grünanlage“, sagt Volker Schirner, Leiter des Garten-, Friedhofs- und Forstamts der Stadt Stuttgart nicht ohne Stolz. Der Killesberg, der Rosensteinpark, der Kurpark in Cannstatt und der Schlosspark sind ohne Bezahlschranke begehbar, obwohl sie üppig bepflanzt und gepflegt werden, um nur einige öffentliche Grünanlagen zu nennen. „Der Park rund um die Villa Berg im Osten soll demnächst dazukommen“, kündigt er ein weiteres innerstädtisches Erholungsgebiet an. Wie viel Grün ein Stuttgarter im Schnitt zur Verfügung hat, lässt sich nicht ausrechnen. Denn um den Kesselrand gruppieren sich weitläufige Wälder, die problemlos zu Fuß erreichbar sind.

Da die Innenstadt bekanntermaßen von Luftverschmutzung und im Sommer von Hitze stark belastet ist, seien die Baum- und Pflanzenpflege ein hohes Gut, das auch jetzt in der Haushaltskrise nicht angetastet werde, sagt Schirner. Derzeit beträgt sein jährlicher Etat 40 Millionen Euro. Die Unterstützung aus der Verwaltung und Gemeinderat, diesen Betrag zu halten und wenn möglich zu erhöhen, sei groß.