Von Ayhan Güneş
LUDWIGSBURG – Nach Jahrzehnten an der Spitze der Verkehrspolitik hat Winfried Hermann angekündigt, sich 2026 aus der aktiven Politik zurückzuziehen. Der 72-jährige Grünen-Politiker wird nicht mehr zur Landtagswahl antreten und damit auch sein Amt als Landesverkehrsminister abgeben. Diese Ankündigung markiert einen tiefen Einschnitt für Baden-Württemberg und die Grünen, denn Hermann gilt als einer der Architekten der Verkehrswende im Land.
„Nach reiflicher Überlegung habe ich mich entschieden, meine Laufbahn als Minister und Abgeordneter mit dem Ende der Legislaturperiode zu beenden,“ sagte Hermann am Freitag der “Stuttgarter Zeitung”. Mit dieser Entscheidung verabschiedet sich einer der Vordenker der nachhaltigen Mobilität – aber nicht ohne klare Spuren zu hinterlassen.
Der Rückzug von Winfried Hermann markiert tatsächlich mehr als nur das Ende einer politischen Laufbahn – er steht symbolisch für das Ende einer Ära, in der die Mobilitätswende von einem ihrer leidenschaftlichsten Verfechter mitgestaltet wurde. Hermann, der jahrzehntelang die Verkehrspolitik in Baden-Württemberg und darüber hinaus geprägt hat, verkörperte das Streben nach einer nachhaltigen, zukunftsorientierten Mobilität. Seine Arbeit war nicht nur von politischen Debatten geprägt, sondern von konkreten Maßnahmen, die darauf abzielten, den Verkehr umweltfreundlicher und effizienter zu gestalten.
Mobilitätswende als Lebenswerk
Seit Winfried Hermann 2011 das Amt des Verkehrsministers übernahm, stand Baden-Württemberg an der Spitze einer neuen Mobilitätsbewegung. Hermann setzte sich vehement für den Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs, Radschnellwege und die Förderung der Elektromobilität ein. Unter seiner Führung wurde Baden-Württemberg zu einem Vorreiter der nachhaltigen Verkehrspolitik in Deutschland.
In einem Interview, das er im Juni 2024 mit Ludwigsburg24 führte, sagte Hermann: „Baden-Württemberg nimmt heute eine Vorreiterrolle bei der Verkehrswende ein.“ Diese Vorreiterrolle verdankt das Land in großem Maße seinen Visionen und der Umsetzung konkreter Projekte. Hermann war überzeugt, dass die Mobilitätswende nicht nur notwendig sei, sondern auch eine enorme Chance biete, das Land zukunftsfähig zu machen.
Von Ludwigsburg bis Stuttgart 21: Verkehrsminister Hermann im Exklusiv-Interview mit Ludwigsburg24
Sein erklärtes Ziel war eine Mobilitätsgarantie für alle, die den Menschen sowohl in städtischen als auch in ländlichen Gebieten jederzeit Zugang zu nachhaltigen Verkehrsmitteln bieten sollte. „Mobilität ist vernetzt,“ betonte er oft – ein Hinweis darauf, dass er den Verkehr in all seinen Facetten stets ganzheitlich betrachtete.
Stuttgart 21: Ein schwieriges Erbe
So viel Hermann für seine Verdienste um die Verkehrswende auch gelobt wurde, so sehr war er gleichzeitig mit dem umstrittenen Großprojekt Stuttgart 21 verbunden. Das Milliardenprojekt, das ursprünglich mit deutlich niedrigeren Kosten geplant war, hat sich zu einem der größten Infrastrukturprojekte Deutschlands entwickelt – allerdings mit erheblichen Kostensteigerungen und Verzögerungen.
„Wir wussten, dass es teuer wird, aber dass es bis 2025 nicht fertig wird und 10 Milliarden Euro nicht reichen, hätte ich nicht gedacht,“ gab Hermann im Interview zu. Trotz seiner Kritik begleitete er das Projekt konstruktiv und pragmatisch. Stuttgart 21 bleibt ein Symbol für die Herausforderungen, die Großprojekte mit sich bringen, und auch ein Teil von Hermanns Vermächtnis.
Lokale Impulse in Ludwigsburg
Neben den großen Projekten hatte Hermann auch ein Auge für die lokalen Herausforderungen. Bei einem Besuch in Ludwigsburg im Sommer 2024 betonte er die Bedeutung von klimafreundlichen Initiativen auf kommunaler Ebene. „Ludwigsburg hat innovative Stadtwerke,“ sagte er und verwies auf die Vorzeigeprojekte der Stadt im Bereich der nachhaltigen Energie- und Verkehrspolitik. Er setzte sich stark für den Ausbau des Radverkehrs und die geplante Stadtbahn ein, die er als „wichtigen Schritt hin zu einer vernetzten und nachhaltigen Mobilität“ bezeichnete.
Ein Feuer, das nicht erlischt
Trotz seiner Entscheidung bleibt eines klar: Winfried Hermanns Engagement für die Mobilität und den Klimaschutz wird nicht so einfach enden. „Wer sich über Jahre für politische Ziele einsetzt, schaltet nicht einfach ab,“ sagte er. Auch nach 2026 wird Hermann in der politischen Landschaft präsent bleiben, wenn auch vielleicht nicht mehr in vorderster Reihe.