Dicke Luft nach Absage des Weihnachtsmarkts – Stadt Ludwigsburg denkt über Entschädigung nach

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Von Uwe Roth

Dienstag elf Uhr: Eigentlich wäre um diese Uhrzeit der Ludwigsburger Weihnachtmarkt offiziell eröffnet worden. Blauer Himmel und kalte Temperaturen. Bestes Glühwein-Wetter. Tatsächlich haben einige Marktstände geöffnet – als hätte die Stadtverwaltung nicht 20 Stunden zuvor das weihnachtliche Markttreiben wegen der Corona-Lage kurzfristig abgesagt. Städtische Mitarbeiter sind nicht präsent, um vor Ort Händlern die konfuse Lage zu erklären und um auch den Frust abzubekommen. Man habe zu diesem Zeitpunkt intern beraten, wie man den Händlern finanziell entgegenkommen könne, entschuldigt ein Mitarbeiter später am Telefon die Abwesenheit, als das Chaos am größten ist.

Nicht alle setzen die städtische Absage sofort um: In einigen Auslagen liegen hübsch dekoriert die Geschenkartikel und der Weihnachtsschmuck. Die Marktbeschicker haben sich am frühen Morgen die Mühe gemacht, ihre Waren den Umständen zum Trotz bestmöglich zu präsentieren. Gleichzeitig war ihnen bewusst, dass der Spuk gleich wieder vorbei ist. Es gibt Passanten, die trotz der Absage auf den Marktplatz gekommen sind und sich für die Waren interessieren. Manche haben von der Absage nichts mitbekommen und freuen sich, unter den ersten Besuchern des barocken Weihnachtsmarkts zu sein. Sie zücken ihren Geldbeutel, wie es auch die Händler, ohne zu zögern, tun. Erste Geschäfte werden gemacht. Sie wollen ein paar Euro mitnehmen, bevor sie ihren Stand wieder abbauen müssen. Wer kann es ihnen verdenken. Viele tragen keine Masken. Vielleicht denken sie, mit der Absage seien auch die Hygiene-Regeln außer Kraft gesetzt.

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Die meisten Standbetreiber lassen ihr Personal zu dieser Uhrzeit die Dekoration schon abbauen. Sie haben keinen Versuch gestartet, noch etwas verkaufen zu können. Hilfskräfte packen die Waren in die Transporter und schippen mit Schaufeln die Sägespäne, die für ein besonderes Flair hätten sorgen sollen, auf die offenen Anhänger. In den Gängen zwischen den Buden herrscht ein Verkehrschaos. Die meisten bauen anstandslos ihre Holzhütten ab. Doch könnte man Wut und Enttäuschung mit der Hand greifen, man bliebe darin stecken. Es herrscht sprichwörtlich dicke Luft.

Es wird auf Corona, die Bundesregierung, die Landesregierung und vor allem auf die Stadtverwaltung geschimpft. Ihr wird vorgeworfen, viel zu spät gehandelt zu haben. Offen und mit Namen äußern, möchten sie ihre Kritik aber auf keinen Fall. Es kreisen üble Gerüchte: Die Veranstalter der Stadt hätten im Vorfeld Händler unter Druck gesetzt, damit diese ihre Teilnahme am Weihnachtsmarkt aufrechterhalten. Sollten sie ihre Beteiligung an diesem Weihnachtsmarkt absagen, so die Drohung, hätten sie keine Chance, im kommenden Jahr einen der begehrten Standplätze zugesprochen zu bekommen. Einen Beweis dafür haben sie nicht. Tatsächlich gab es rund 30 Absagen. Statt 180 haben nur 150 Marktbeschicker ihre Zusage aufrechterhalten. Einige Händler haben es so kommen sehen, wie es nun gekommen ist, und rechtzeitig die Reißleine gezogen.

Eine Händlerin berichtet, sie habe am Montag um 16.45 Uhr im Eingang ihres E-Mail-Postfachs die Pressemitteilung gefunden, in der Stadt die Absage mitgeteilt habe (Ludwigsburg24 berichtete). „Niemand ist vorbeigekommen, um es uns persönlich mitzuteilen“, schimpft sie und spricht von „ein paar Tausend Euro“, die sie nun Verlust habe. Auch sie hat ihren Stand noch für eine Stunde aufgemacht, um noch etwas Ware loszuwerden.

Andreas Zaiß, vom städtischen Eigenbetrieb Tourismus & Events, widerspricht am Telefon heftig. Selbstverständlich habe niemand die Händler unter Druck gesetzt, versichert er. Auch hätten er und sein Team nicht nur die Absage per Mail verschickt. „Wir waren am Montag vor Ort auf dem Marktplatz und haben mit zahlreichen Händlern über unsere Entscheidung gesprochen“, sagt er. Einige hätten angesichts der rapide steigenden Infektionszahlen Verständnis für die Entscheidung gezeigt. Man denke nun darüber nach, wie man den Händler zumindest einen Teil ihrer Auslagen ersetzen könne. Genaue Angaben kann er dazu am Dienstag um die Mittagszeit nicht machen.