Soziale Ungleichheit, Krisen und ein schwindendes Aufstiegsversprechen: In Marbach diskutierten Tayfun Tok, Landtagsabgeordneter der Grünen, und Baden-Württembergs Sozialminister Manne Lucha über Wege zu mehr Chancengleichheit und gesellschaftlichem Zusammenhalt.
Von Ayhan Güneş
Marbach am Neckar – Am Dienstagabend (19. November) trafen sich der Grüne Landtagsabgeordnete für Wahlkreis Bietigheim-Bissingen Tayfun Tok und Landessozialminister Manne Lucha im Marbacher Jugend-Kultur-Haus planet-x zu einer Diskussionsrunde mit dem Titel „Braucht es einen German Dream?“. Die beiden Politiker stellten sich der Frage, wie das gesellschaftliche Aufstiegsversprechen in Zeiten von Unsicherheit, Krisen und wachsender sozialer Ungleichheit wiederbelebt werden kann.
Eine persönliche Geschichte des Aufstiegs
Für Tok ist das Thema mehr als ein politisches Anliegen – es ist persönlich. Der heute 38-Jährige wuchs als Kind einer alleinerziehenden Mutter mit Existenzängsten auf. „Ich erkannte früh, dass ich mich anstrengen muss, um es einmal besser zu haben,“ berichtete Tok. Er betonte dabei die Rolle seiner Lehrer, die an ihn glaubten, und die Bedeutung von Bildung als Schlüssel zu einem besseren Leben.
Doch Tok sieht diese Chancen für die Jugend von heute zunehmend in Gefahr. „Obwohl wir heute so gut ausgebildete Generationen haben, blicken viele junge Menschen mit Sorge in die Zukunft. Der Krieg in Europa, die Coronapandemie und der Klimawandel haben Vertrauen zerstört,“ erklärte er.
Lucha: Vertrauen ist die Basis der Demokratie
Auch Sozialminister Manne Lucha teilte persönliche Einblicke in seine Jugend, die von Protestbewegungen und sozialem Engagement geprägt war. Lucha betonte, dass es ohne Grundvertrauen in die Gesellschaft keine funktionierende Demokratie geben könne. „Die Politik muss dafür sorgen, dass der Alltag funktioniert: sichere Jobs, qualitative Bildungseinrichtungen und Unterstützung für Familien sind essenziell,“ so Lucha.
Das soziale Ungleichgewicht als Gefahr
Tok und Lucha zeigten sich einig, dass das wachsende soziale Ungleichgewicht eine große Herausforderung darstellt. Die Chancen auf sozialen Aufstieg, einst ein Markenzeichen des „deutschen Versprechens“, hängen heute immer stärker von der sozialen Herkunft ab. Tok sieht hierin einen Grund für die wachsende Unterstützung populistischer Parteien. „Nicht Codes dürfen über das Leben bestimmen, sondern ein Kodex aus Respekt, Anstand, Vertrauen und Gerechtigkeit,“ forderte Tok.
Ein Appell an die Jugend und die Politik
Tok nutzte die Gelegenheit, um jungen Menschen Mut zu machen. „In der Demokratie bestimmt, wer sich einmischt,“erklärte er und rief dazu auf, politisch aktiv zu werden. Gleichzeitig forderte er von der Politik, Angebote zu schaffen, die Zusammenhalt fördern und den Menschen Perspektiven geben. „Gemeinwohl funktioniert nur gemeinsam,“ so Tok abschließend.