
Präsident Erdoğans mächtigster Gegner aus dem Rennen? Wenige Tage vor seiner möglichen Präsidentschaftskandidatur wurde Istanbuls Bürgermeister Ekrem Imamoglu festgenommen. Die Bundesregierung und Politiker äußern ernste Bedenken über die Demokratie in der Türkei.
Berlin/Istanbul/Ludwigsburg– Die Bundesregierung hat bestürzt auf die Festnahme des Istanbuler Oberbürgermeisters Ekrem Imamoglu reagiert. „Die Verhaftung des Istanbuler Oberbürgermeisters Ekrem Imamoglu und zahlreicher weiterer Personen in der Türkei ist ein schwerer Rückschlag für die Demokratie in dem Land am Bosporus“, erklärte ein Sprecher des Auswärtigen Amts am Mittwoch auf Anfrage der dts Nachrichtenagentur.
Die Festnahme sei Teil eines wachsenden juristischen Drucks gegen Imamoglu. „Und für uns ist die Achtung demokratischer und rechtsstaatlicher Prinzipien Grundbedingung für eine funktionierende Demokratie“, betonte der Sprecher. Die Bundesregierung stehe in engem Austausch mit der türkischen Seite, sowohl über die türkische Botschaft in Berlin als auch über die deutsche Botschaft in Ankara. „Ich bin sicher, dass auch dieses Vorgehen in angemessener Weise gegenüber unseren türkischen Ansprechpartnern adressiert werden wird.“
Vorwürfe und politische Hintergründe
Imamoglu wurde am Mittwochmorgen festgenommen. Ihm werden die Führung einer kriminellen Organisation, Bestechung und Manipulation von Ausschreibungen vorgeworfen. Zudem wird seiner Partei CHP eine angebliche Unterstützung der PKK unterstellt. Neben dem Bürgermeister wurden rund 100 weitere Personen festgenommen.
Imamoglu gilt als größter Rivale von Präsident Recep Tayyip Erdogan. Er hatte 2019 überraschend die Bürgermeisterwahl in Istanbul gewonnen und wird als möglicher Herausforderer für die Präsidentschaftswahl 2028 gehandelt.
Özdemir verurteilt Imamoglu-Verhaftung
Grünen-Politiker Cem Özdemir erhebt nach der Verhaftung des Istanbuler Bürgermeisters Ekrem Imamoglu schwere Vorwürfe gegen den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan. “Erdogan hat Angst vor Wahlen, selbst wenn es unfaire Wahlen sind”, sagte Özdemir dem “Spiegel”.
SPD-Abgeordneter Karaahmetoğlu kritisiert Festnahme scharf
Auch der Ludwigsburger SPD-Bundestagsabgeordnete Macit Karaahmetoğlu, stellvertretender Vorsitzender der Deutsch-Türkischen Parlamentariergruppe, äußerte sich besorgt. „Die Nachricht von der Festnahme von Istanbuls Oberbürgermeister Ekrem Imamoglu hat mich tief betroffen gemacht. Bereits gestern Abend wurde ihm offenbar sein Universitätsabschluss aberkannt – es drängt sich der Eindruck auf, dass hier gezielt verhindert werden soll, dass seine Partei ihn für die Wahl 2028 als Spitzenkandidaten nominiert.“
Karaahmetoğlu bezeichnete die Vorwürfe als „äußerst bedenklichen Vorgang und einen besorgniserregenden Moment für die politische Kultur der Türkei“. Die Entwicklungen würden das demokratische Fundament des Landes weiter schwächen.
red