Immer öfter fragen Behörden Kontodaten ab – Zahl steigt auf über 1,1 Millionen

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Behörden haben im vergangenen Jahr häufiger Daten zu Konten, Depots und Schließfächern bei Banken abgefragt als je zuvor. Das berichtet die “Welt” (Freitagausgabe) unter Berufung auf das Bundesfinanzministerium. Demnach waren es 2021 mit 1,14 Millionen Abrufen zwölf Prozent mehr als 2020, als mit 1,01 Millionen Abrufen erstmals die Millionen-Marke geknackt wurde.

Die meisten Abrufe kamen 2021 erneut von Gerichtsvollziehern. Sie initiierten 685.000 Abfragen, ein Plus von drei Prozent gegenüber dem Vorjahr. Deutlich größer war der Zuwachs bei der Zahl der Abfragen von Finanzbehörden.

286.000 Abfragen bedeuten ein Plus von 27 Prozent gegenüber 2020. Die übrigen kamen von Sozialbehörden und sonstigen Bedarfsträgern. 2015 gab es insgesamt nur 302.000 Abrufe. Kritik an den seit Jahren steigenden Zahlen kommt aus den Reihen von CDU und CSU.

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Dort fordert man eine Evaluierung des Verfahrens. “Gerade im Bereich der Finanzverwaltung werden wir hinterfragen, in wie vielen Fällen aufgrund der Informationen aus dem Kontenabruf Bußgeld- oder Strafverfahren eingeleitet wurden”, sagte Antje Tillmann, finanzpolitische Sprecherin der Unionsfraktion, der “Welt”. Sie sehe zwar die Bedeutung für den Kampf gegen Steuerhinterziehung, Sozialbetrug, Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung, Behörden müssten das Instrument aber immer angemessen einsetzen.

Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit, Ulrich Kelber, hatte bereits im Vorjahr eine Evaluierung der Kontenabfrage gefordert. Bis heute habe sich der Gesetzgeber dazu allerdings nicht geäußert, teilte die Datenschutzbehörde der “Welt” mit. Bei der SPD begrüßt man dagegen die Entwicklung.

“Die von den Finanz- und Sozialämtern durchgeführten Kontenabrufe zeigen, dass Steuerhinterziehung, Geldwäsche und Sozialleistungsbetrug mit mehr Nachdruck verfolgt werden. Das ist gut so”, sagte Michael Schrodi, finanzpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion im Bundestag, der “Welt”. Der Datenschutz stehe den Kontenabrufen nicht entgegen.

Das Bundesverfassungsgericht habe festgestellt, dass der Kontenabruf für eine gleichmäßige Besteuerung erforderlich sei und nicht gegen das Recht der informationellen Selbstbestimmung verstoße. Ursprünglich wurde das Kontenabrufverfahren zum Zwecke der Geldwäschebekämpfung und der Terrorismusabwehr eingeführt. Mit der Zeit bekamen immer mehr Stellen die Möglichkeit, Konten von Bürgern zu ermitteln: 2005 die Finanzämter und Sozialbehörden, um Steuerbetrüger und andere säumige Zahler zu ermitteln, 2013 die Gerichtsvollzieher, um private Forderungen von Gläubigern einzutreiben.

Den Stellen wird die Existenz von Konten, Depots und Schließfächern mitgeteilt, wann sie eingerichtet und gegebenenfalls aufgelöst wurden. Sie bekommen aber keine Informationen zu Kontoständen und Kontobewegungen.

red / dts