„In der Politik menschelt es wie überall“ – Ludwigsburg24 trifft Eberhard Gienger

Für Eberhard Gienger wird das nächste Jahr ein besonderes: Der ehemalige Olympia-Turner feiert seinen 70. Geburtstag und scheidet nach19 Jahren aus dem Deutschen Bundestag aus. Im Gespräch mit Ludwigsburg24 blickt der CDU-Abgeordnete aus Bietigheim-Bissingen nicht nur auf seine politischen Jahre zurück, er spricht ebenfalls über die aktuellen Probleme mit sowie durch Corona und verrät seine Pläne für den neuen Lebensabschnitt.

Ein Interview von Patricia Leßnerkraus und Ayhan Güneş

Herr Gienger, Ihr letztes Jahr in Berlin ist angebrochen. Welches Gefühl überwiegt – Freude oder Wehmut?

Natürlich ist nach so einer langen Zeit ein bisschen Wehmut dabei, aber die Jugend scharrt und will zurecht auch mal ran. Aber ich habe es mir vorgenommen und auch meiner Frau versprochen, nach dieser Legislaturperiode aufzuhören. Das bedeutet aber nicht, dass ich zugleich aus der CDU ausscheide. Selbstverständlich bleibe ich interessiert an dem, was meine Partei zukünftig macht.

Fiel Ihnen die Entscheidung schwer?

Nein, die fiel mir überhaupt nicht schwer. Als ich vor knapp zwei Jahrzehnten für die Bundestagkandidatur angefragt wurde, dachte ich, ich wäre eine Übergangslösung, bis man einen erfahrenen Politiker gefunden hat. Nachdem ich tatsächlich nominiert und gewählt wurde, habe ich mich in die ganze Thematik eingearbeitet und viel Spaß an der Arbeit entwickelt. Freude hatte ich vor allem dann, wenn man anderen Menschen hat helfen und Dinge beeinflussen können. Mittlerweile hat sich die Stimmung in Berlin aber etwas verändert. Durch die AFD ist der Ton innerhalb des Parteienspektrums viel rauer, zum Teil sogar im negativen Sinne persönlich geworden. Und auch in der Bevölkerung stelle ich ein Auseinanderdriften fest. Meinungen prallen öfter unversöhnlich aufeinander, Argumente zählen weniger, die Ich-Gesellschaft wird stärker und größer. Dagegen arbeiten zu müssen, ist wirklich schwierig, weshalb ich meinen Nachfolger nicht beneide.

Blicken Sie aus heutiger Sicht mit Sorge in die Zukunft unserer Gesellschaft?

Sagen wir mal so: Ich habe mal den Blick weit in die Vergangenheit gewagt und versucht, herauszufinden, ob es vor 20, 50, 100 oder 500 Jahren besser. Nein, war es nicht. Ebenso habe ich mir die Frage nach der besten Staatsform gestellt. Ist eine Diktatur, in der eine Gesellschaft auch zusammenleben kann, aber in der die persönliche Freiheit eines jeden Menschen beschnitten ist, besser? Nein, für mich nicht. Wie sagte schon Churchill: „Demokratie ist eine schlechte Gesellschaftsform, aber die beste, die ich kenne.“ Auch ich möchte in dieser leben, sage dennoch, dass es schwierig geworden ist, sie am Leben zu erhalten, weil diese Staatsform viel Kraft erfordert von denjenigen, die sie leben wollen. Unter einer Demokratie verstehe ich nämlich, selbst wenn ich eine andere Meinung vertrete als die Mehrheit, dann muss ich mich weitestgehend der Mehrheit anschließen, um die Gesellschaft nicht zu spalten, so wie es momentan immer öfter geschieht.

Ist unser föderatives System momentan ein Bremsklotz, weil jeder Ministerpräsident im Kampf gegen Corona sein eigenes Ding durchziehen will?

In Frankreich gibt es die zentralistische Gesellschaftsform, da ist auch nicht immer alles Gold, was glänzt. Föderalismus hat tatsächlich seine Vorteile. In der Corona-Krise jedoch entstand in den letzten Wochen leider ein Flickenteppich, weil jeder Ministerpräsident aufgrund unterschiedlicher Ausgangslagen für sein Land anders entschieden hat. Da wünscht man sich natürlich eine klare Aussage, die für alle Bürger gleichermaßen gilt und auch nachvollziehbar ist.

Die Kanzlerin reibt sich auf in der Corona-Krise, wird sie am Ende zerrieben zwischen all den unterschiedlichen Meinungen und politischen Kräften?

Das möchte ich so nicht unterschreiben, denn sie ist ja nicht die Einzige, die gegen Corona kämpft, wir tun es ja alle. Denken Sie zurück an die Zeit März, April, und was die Kanzlerin oder Jens Spahn damals zum Thema Corona gesagt haben. Das ist diametral fast entgegengesetzt zu dem, was sie heute sagen. Das heißt, dass wir mit dem Coronavirus lernend vorangehen. Anfangs wussten wir doch gar nicht, wie schwerwiegend das Virus ist. Wenn man inzwischen die Entwicklung sieht, dann stellt man fest, dass das, was wir vor vierzehn Tagen entschieden haben, mit dem, was wir heute machen, schon nicht mehr so viel zu tun hat. Man entwickelt sich doch mit dem Problem weiter und sucht nach Lösungen, im besten Fall eben auch regional, um einen bundesweiten Lockdown möglichst zu vermeiden. Das Virus verändert sich, wir verändern uns, wir verändern die Maßnahmen im Umgang mit dem Virus. Das wird uns noch lange beschäftigen, weil ich nicht glaube, dass das Thema nur allein durch einen Impfstoff erledigt sein wird.

Für wie gefährlich halten Sie persönlich das Virus?

Diejenigen, die noch nichts damit zu tun hatten, halten das Virus für nicht so gefährlich, weil es ihnen gut geht. Wer aber daran erkrankt war, schätzt die Gefährlichkeit anders ein. Einer meiner Freunde steckte sich in Ischgl an und kam wegen deutlicher Symptome ins Krankenhaus. Er erzählte mir, dass es ihn so dermaßen erwischt hatte, dass er sich auf einer Skala von ein bis zehn auf elf befunden hätte. Er wurde zwar geheilt, aber er hat einen Finger verloren, weil die Durchblutung nicht mehr funktionierte. Das hatte zwar jetzt mit der Lunge nichts direkt zu tun, aber die Erkrankung hat auf Blut und Sauerstoff ausgestrahlt. Also ich habe durchaus Respekt vor dem Virus, halte es für gefährlich und nehme es nicht auf die leichte Schulter.

Der Kreis Ludwigsburg ist mittlerweile Risikogebiet. Was bedeutet das für die Menschen, die Unternehmen, wenn das hier so weitergeht?

Ich kann Ihnen nur so viel sagen: Es besteht durchaus die Möglichkeit, sich vor dem Virus zu schützen, wenn wir entsprechend mit den Regeln arbeiten, also mit Mundschutz, Abdeckungen, Plexiglas, Handschuhen, Desinfektionsmitteln. Diese Mittel müssen wir ausnutzen. Ich trage die Maske auch nicht gerne, aber ich weiß, sie tut mir und anderen gut. Sollten unsere bisherigen Maßnahmen nicht greifen, muss gegebenenfalls in bestimmten Regionen zu härteren Maßnahmen gegriffen werden, beispielsweise wie in Frankreich, wo in zwei Drittel des Landes Ausgangssperre verordnet wurde. Aber ich sage auch, dass unsere Vorgaben ausgewogen sein müssen und den Menschen geholfen werden muss, die in ihren Existenzen bedroht sind.

Die politischen Zeiten sind schwierig, ist da das Ausscheiden eines erfahrenen Mannes wirklich richtig?

Ein junger Politiker kann ebenso nach der besten Lösung suchen wie ein alteingesessener, erfahrener Politiker. Wenn mein Nachfolger einen Rat braucht, wird er den von mir jederzeit bekommen. Aber ich werde mich nicht von mir aus in seine Arbeit einmischen, habe aber kein Problem damit, auf Wunsch meine Meinung als MdB a.D. kund zu tun. Jetzt werde ich Fabian Gramling erstmal so unterstützen, dass er den Sprung in den Deutschen Bundestag schafft. Er ist durchaus ein erfahrener Landtagsabgeordneter, der zunächst keine Ratschläge von mir braucht, der seinen Weg gehen und eigene Fußstapfen hinterlassen wird.

Würden Sie mit den Erfahrungen von heute nochmals den Weg als Seiteneinsteiger in die Politik wagen?

Doch, ich würde es wohl wieder machen, allerdings mit der Erkenntnis, dass ich mich viel früher für Politik und die politische Arbeit hätte interessieren sollen. Als ich anfing, hatte ich ja quasi null Ahnung und musste mir das erst alles hart erarbeiten.

Was werden Sie denn künftig als Polit-Pensionär vermissen?

Vermissen werde ich sicherlich die Gespräche mit den Kollegen insbesondere in der Landesgruppe Baden-Württemberg, denn sie haben mir immer sehr viel Freude gemacht. Mir werden auch die abendlichen Termine fehlen, zu denen beispielsweise Unternehmen oder Verbände zu Informationsveranstaltungen eingeladen haben, wo man sehr interessante Gespräche führen konnte und einen Blick in die Entwicklung der Zukunft bekam, sei es in Energiefragen oder in den Bereichen Gesundheit, Forschung, Robotik, künstliche Intelligenz. Das war sehr spannend und faszinierend zu sehen, was sich da demnächst alles noch auftut. Allerdings macht es auch ein bisschen Angst, wenn ich so an 5G, Huawei, Wahlkampfbeeinflussung USA oder Überwachungsstaat denke. Da mache ich mir schon so meine Gedanken, dennoch lässt sich die Entwicklung nicht aufhalten.

Sie machen einen extrem nachdenklichen Eindruck…

Das stimmt und ist bedingt durch den Wahlkampf 2017 und das Erstarken der AFD. Wenn ich auf meinen Facebook-Account schaue und die Kommentare lese, in denen man anonym aufs Gröbste beschimpft wird, dann frage ich mich schon, wie man damit umgehen und wohin das noch führen soll. Deswegen muss es fürs Internet Regeln geben, die bei Nichteinhaltung nachverfolgt sowie bestraft werden müssen.

Was nehmen Sie aus Ihrer Zeit als Bundestagsabgeordneter persönlich mit?

Ich konnte unheimlich viel für mich selbst lernen, viel Wissen aufnehmen. Aber ich habe auch erkannt, dass die Politik nur ein Teil der Gesellschaft ist und es dort genauso menschelt wie überall. Deswegen finde ich die Ansprüche an Politiker sehr hoch und die Gefahr von Fehltritten sehr groß. Jeder Fehltritt wird sofort mit Rücktritt bestraft. Ich halte es für jeden Politiker für wichtig, Integrität für sich mit auf den Weg zu nehmen und seine Arbeit entsprechend zu verrichten. Das ist übrigens das, was Angela Merkel seit jeher ausgezeichnet hat und noch auszeichnet. Sie hat diese Integrität durch und durch und spielt sie auch aus. Wobei sie da durchaus auch mal diktatorische Töne an den Tag legen kann, die sie dann allerdings argumentativ gut untermauert.

Wie ist Ihr persönliches Verhältnis zur Kanzlerin?

Ich mag sie, denn sie ist eine beeindruckende Persönlichkeit. Allerdings bin ich seit der Flüchtlingskrise nicht mehr ganz ihrer Auffassung. Da hätte ich mir ein bisschen mehr und schneller eine klarere Position gewünscht in Fragen der Zuwanderung. Dennoch ist sie eine Politikerin, die ihre Sache beherrscht und gut macht. Wenn man in der Auseinandersetzung mit ihr keine guten Argumente hat, kann sie einen durchaus klein mit Hut werden lassen. Sich als Frau über diesen langen Zeitraum durchzusetzen gegen eine Korona von Männern, die ebenfalls an ihrer Position Interesse gehabt hätten, das ist schon eine große Leistung von ihr.

Wer kann Ihrer Meinung nach aus der CDU die Kanzlerin ersetzen?

Da sage ich sofort und eindeutig Friedrich Merz. Er hat eine große Wirtschaftskompetenz, sowohl aus seiner politischen Arbeit heraus als auch aus seinem beruflichen Wirken. Aus diesem Grund ist er der Mann, den wir für die Zukunft brauchen und dem ich es auch zutraue, diese Ich-Gesellschaft ein Stück weit wieder zu einem größeren Miteinander zu formen. Ich bin ein Anhänger von ihm und wünsche ihn mir als Parteivorsitzenden und als Kanzlerkandidaten, denn ich finde, beides gehört in eine Hand, da klare Regeln und Wege die richtige Richtung sind für die Zukunft.

Mit Friedrich Merz soll die CDU also wieder konservativer werden?

Konservativ heißt bewahrend. Das heißt aber nicht, dass wir nicht auch ein gewisses Maß an Liberalität mitschwingen lassen dürfen und es heißt vor allem auch nicht, dass wir die Zukunft deswegen verschlafen. Friedrich Merz ist offen für neue Wege und besitzt dazu diese hohe Wirtschaftskompetenz, deshalb ist er der richtige Mann.

Was war Ihr bewegendster Moment der letzten neunzehn Jahre?

So richtig bewegende Momente hatte ich in Berlin bei den Feierstunden, insbesondere im Zusammenhang mit der Pogromnacht oder mit dem Umgang der Nationalsozialisten mit den Juden. Jeden Januar gibt es eine Gedenkveranstaltung für die Opfer des Nationalsozialismus, auf der die Vertreter dieser Zeit in Reden über sich, ihre Familien und Freunde berichten. Das macht mir jedes Mal zu schaffen, wie eine Gesellschaft so in ein Fahrwasser geraten konnte, wo ein Menschenleben plötzlich nichts mehr wert ist, bloß weil er einen anderen Glauben oder ein anderes Aussehen hat.

Sie haben in Ihrem Leben viele Persönlichkeiten kennenlernen dürfen. Wer hat Sie am meisten beeindruckt?

Während meiner jungen Jahre im Sport war es für mich ein Erlebnis, mit meinen sportlichen Vorbildernzusammen zu treffen, deren Namen ich als junger Bursche mit Wasserfarben bei uns an die Hauswand gemalt hatte. Darunter waren die Fußballer Fritz Walter und Franz Beckenbauer oder die Turner und Olympia-Teilnehmer Willi Jaschek, der Held von Mexiko, oder Philipp Fürst. Letzterer war später sogar mal mein Bundesjugendtrainer. Sie waren meine Helden.

Auf der politischen Ebene möchte ich Wolfgang Schäuble, Helmut Kohl, Angela Merkel und auch Friedrich Merz nennen, allesamt großartige Persönlichkeiten, die nachhaltig beeindrucken. International hat mir der Dalai Lama sehr imponiert. Dieser Mann ist in einer sehr schwierigen politischen Situation, dennoch hat er eine tolle kämpferische Ausstrahlung, ist nicht bereit, sein Land und seine Ideale aufzugeben und ist trotzdem dabei eine lustige Natur geblieben.

Herr Gienger, am 3. November wählt Amerika einen neuen Präsidenten. Wen wollen Sie, Trump oder Biden?

Biden natürlich, denn ich halte Trump für keinen guten Präsidenten und für eine Gefahr, da er spaltet statt zu einen. Der ist für das wichtige Amt eines amerikanischen Präsidenten, das wichtigste der westlichen Welt, kein guter Vertreter. So lange wie dieser Mann im Amt ist, werde ich als persönliche Konsequenz nicht mehr nach Amerika reisen.

Nach der Bundestagswahl beginnt für Sie ein neuer Lebensabschnitt. Wird es der Ruhestand oder eher ein Unruhestand?

Es wird natürlich ein Unruhestand. Ich will ja nicht aufhören, sondern will mich weiter politisch interessieren und – wenn nötig – auch engagieren. Ich würde gerne hier im Kreisvorstand dabeibleiben, um auch die Region nicht ganz zu verlassen.

Heißt das, Sie ziehen um?

Ja, ich will wieder in meine eigentliche Heimat Künzelsau im Hohenloher Kreis zurück. Wir haben in Kocherstetten ein schönes Grundstück inmitten der Natur mit Blick ins Tal, wo einem das Herz aufgeht. Dort wollen wir unser erstes Haus von Grund auf selbst planen und bauen.

Wie stellen Sie sich Ihr neues Zuhause vor?

Wir stellen uns ein Haus mit schlichten, klaren Strukturen vor, eher modern und sachlich von der Bauweise, nichts Verwinkeltes. Wir wollen ein großes Wohnzimmer und eine große Wohnküche mit einem Kochblock in der Mitte und genügend Platz für eine Essecke. Ich bin ein Mensch, der gerne in der Küche isst.

Kochen sie auch gerne?

Nein, ich bin ein lausiger Koch, aber ein fantastischer Esser. Meine Frau kocht, ich bringe dafür den Müll weg, räume gerne die Küche auf, räume die Spülmaschine ein und bin ein begeisterter Staubsauger. Das Geräusch, wenn der Dreck das Rohr hochwandert, das ist sowas von toll. Wenn ich dann anfange, mit dem Handstaubsauger zwischendurch noch die Kleinigkeiten wegzumachen, sagt meine Frau oftmals: „Ich glaube, es ist therapierbar!“

Sind sie also pedantisch?

Ja, ich fürchte schon. Wenn ich am Tisch sitze und sehe Krümel auf dem Boden, sauge ich sie weg. Das Auge isst schließlich mit.

Was wollen Sie in Ihrem angekündigten Unruhestand so alles anstellen? Gibt es Wünsche, die Sie sich noch erfüllen wollen?

Nein, ich habe vieles, was ich in meinem Leben machen wollte, tatsächlich schon gemacht. Gerade beim Fallschirmspringen habe ich schon die verrücktesten Sachen umgesetzt. Ich habe sogar mal meine zwei Lieblingssportarten kombiniert, indem ich die Idee hatte, an den Kufen eines Hubschraubers ein Reck zu installieren, damit aufzusteigen und in 2.000 Metern Höhe Riesenfelgen zu turnen sowie einen zehnfachen Salto als Abgang. Ich will springen, turnen und fliegen solange es mir möglich ist und gemeinsam mit meiner Frau nach Corona die eine oder andere Reise unternehmen. Und vielleicht komme ich dann häufiger zu einer Runde Skat.

Wollen Sie beruflich noch aktiv sein?

Ja klar, ich unterstütze auch künftig die seit der Wiedervereinigung in Cottbus jährlich stattfindende Turn-Veranstaltung ‚Turnier der Meister‘. Dafür suche ich Sponsoren und sonstige finanzielle Unterstützung. Die Veranstaltungen und Incentive-Aktionen mit meiner Firma mache ich natürlich ebenfalls weiter.

Sie sind über vierzig Jahre verheiratet, wie lautet Ihr Rezept für eine glückliche Ehe?

Jeder von uns beiden hatte immer seine eigenen, erfüllenden Aufgaben und Arbeitsbereiche. Wie das jetzt im Ruhestand wird, muss sich noch zeigen. Wir sind durchaus unterschiedlich und auch nicht immer einer Meinung. Deswegen ist es wichtig, dass wir uns auch künftig beide neue Aufgaben suchen. Meine Frau beschäftigt sich mit Psycho-Onkologie, ich mich mit meinen Aufgaben. Wenn man sich nicht anödet auf dem Sofa, sondern sich immer noch etwas zu sagen hat, dann funktioniert das wunderbar.

Sie sind dreifacher Vater…

… und dreifacher Großvater. Mein letztes Enkelchen kam vor gut einem Monat auf die Welt. Ich bin zwar nicht der klassische Opa, der seine Enkel auf den Schoß setzt und abküsst, aber ich bin trotzdem total begeistert von den dreien. Wenn sie mich brauchen, bin ich für sie da.

Weder Söhne noch Enkel sind in Ihre Turnerfußstapfen getreten?

Nein, sind sie nicht und das ist auch gut so. Sie wären sonst immer mit mir verglichen worden. Aber alle meine drei Söhne beherrschen den Salto rückwärts vom Reck, mein Jüngster mit 36 Jahren kann sogar Riesenfelgen. Meine Enkelin ist 14 Jahre alt und schon mehrfache Bayerische Jugendmeisterin im Eiskunstlauf. Sie trainiert fleißig und muss jetzt vielleicht von Regensburg wegziehen in ein Leistungszentrum, was meinem Sohn natürlich bei so einem jungen Mädchen nicht leichtfällt.

Wie oft treiben Sie selbst noch Sport?

Sportlich betätige ich mich fast täglich. In meinem Büro steht mein Fahrradergometer, auf dem ich jeweils eine Stunde strampele, sowie eine Kraftbank. Ich habe eine Turnmatte ausgelegt, Handstandklötze und Gewichte sind auch vorhanden. Genau gesagt, habe ich mein Büro zu einem „Leistungszentrum“ ausgebaut. Wenn ich ab Frankfurt nach Berlin fahre oder fliege, gehe ich auch gern in die Halle beim Deutschen Turner-Bund und turne Riesenfelgen und Doppelsalti vom Reck. Das macht mir alles große Freude.

Herr Gienger, wir danken Ihnen für das Gespräch!