Kein Anspruch auf absolute Stille

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 Lärm ist nicht nur nervig, er kann auch krank machen. Um für dieseProblematik zu sensibilisieren, findet in Deutschland seit Jahrzehnten am 28. April der “Tag gegen Lärm” statt. Doch wie schaut es mit der häufigsten Konfliktursache beim Nachbarschaftsstreit aus, der Ruhestörung?

Was Lärmbelästigung oder Ruhestörung ist, wird unter anderem im Ordnungswidrigkeitsgesetz (OWiG) geregelt. Das gilt für die Lautstärke, aber auch für die Uhrzeit. Natürlich spielt auch das Umfeld eine Rolle, so die ARAG Experten. Ist die Umgebung besonders hellhörig, müssen Nachbarn darauf Rücksicht nehmen und leiser sein.

Als Maßstab gilt, dass tagsüber nicht mehr als 40 Dezibel und nachts nicht mehr als 30 Dezibel erlaubt sind. Entscheidend ist dabei nicht der Lärmpegel in den Räumen des Lärmverursachers, sondern in der Wohnung, in der er als störend empfunden wird. Selbst eine leise Unterhaltung ist bereits 45 Dezibel laut.

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Aber auch die Verursacher der Geräusche werden unterschiedlich gewertet. Laut spielende Kinder muss man zu üblichen Spielzeiten ertragen. Das Geschrei von Säuglingen übrigens auch, anhaltendes Hundegebell hingegen nicht, wobei Gerichte durchaus unterschiedlich entscheiden. In der Regel muss man kein Gebell länger als 30 Minuten täglich und nicht länger als zehn Minuten am Stück tolerieren. Und während der örtlich geltenden Ruhezeiten (meist 13 bis 15 Uhr und 22 bis 7 Uhr) dürfen Hunde auch im Freien nicht bellen. Sonst müssen sie ins Haus (OLG Hamm, Az.: 22 U 265/87).

Missverständnisse bei der Einschätzung einer “normalen” Lärmkulisse drohen vor allem beim Umzug von der Stadt aufs Land. “In Dorfrandlage ist es nicht still, sondern anders laut”, konstatiert die ARAG. Bellende Hofhunde, muhende Kühe und krähende Hähne in den frühen Morgenstunden, landwirtschaftliche Tätigkeiten mit Lärm, Staub und Geruchsbelästigung gehören vor allem im Sommer einfach dazu, ebenso wie das Ausbringen von Gülle im Winter.

Ruhezeiten sind meistens kommunal geregelt. Letztlich entscheidend ist aber das Privatrecht. So gibt es etwa in Berlin keine Mittagsruhe per Gesetz. Trotzdem kann der Eigentümer eines Mietshauses in der Hausordnung auf privatrechtlicher Grundlage eine Mittagsruhe durchsetzen. Während der Morgen- und Abendruhe sollen störende Tätigkeiten unterbleiben. Typisches Beispiel: das Teppichklopfen. Lärmende Arbeiten, die von öffentlichem Interesse sind, sind davon nicht betroffen. Renovieren, inklusive Einsatz von Werkzeug, darf man bis 22 Uhr und wieder ab 7 Uhr.

Die Nachtruhe beginnt in der Regel um 22 Uhr und endet um 7 Uhr morgens. In Gegenden mit besonders schutzbedürftigen Bewohnern sind die Regelungen strenger, etwa in der Nähe von Seniorenwohnheimen, Krankenhäusern oder in Kurgegenden. Klar ist: Einen Anspruch auf absolute Stille gibt es nicht.