Kliniken-Chef Martin: „Wir brauchen einen freiwilligen Lockdown der Vernünftigen“ – Situation spitzt sich zu

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Von Uwe Roth

„Die Lage spitzt sich zunehmend zu“, sagte Professor Dr. Jörg Martin an diesem Donnerstag (25.11.) angesichts einer vermehrten Einlieferung insbesondere jüngerer Patienten mit Covid 19-Symptomen in die Kliniken der Regionalen Klinik Holding (RKH). Zu diesem Verbund gehören die Krankenhäuser im Landkreis Ludwigsburg. In Ludwigsburg sind auf der Intensivstation zum Zeitpunkt des Pressegesprächs noch drei Betten frei, in Bietigheim keines mehr. Im gesamten Klinikverbund gibt es noch acht freie Intensivbetten. „Bei der Impfkurve tut sich nicht viel“, so die Begründung, warum man nicht mit einer Wende in der vierten Pandemie-Welle rechnet. Da mit einer solchen bis Ende des Jahres nicht zu erwarten sei, würden diese Betten sicher noch gebraucht, so die Klinikleitung.

„Der Covid-Anteil wird weiter steigen“, lautete die Prognose. Da nach seinen Worten kein Licht am Ende des Tunnels zu erkennen sei, falle es zunehmend schwer, die Pflegekräfte zu motivieren. Urlaubsansprüche müssten eingelöst werden. Um dem Personalmangel zu begegnen und erschöpfte Pflegekräfte zu entlasten, wird Klinik-Personal geschult, das normalerwiese nicht direkt am Patienten arbeitet. So zum Beispiel Mitarbeitende aus der Verwaltung.

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Und dennoch: „Wir kommen in eine Situation, in die wir gehofft hatten, nie hineinzukommen“, stellte der RKH-Chef in einem Online-Pressegespräch fest, das nun einmal die Woche stattfinden wird. Die Intensivstationen seien annähernd voll. Auf den Normalstationen sei nur noch wenig Platz. „Der Priorisierungsbedarf wächst.“ Nicht akute Operationen wie beispielsweise die Implantierung eines künstlichen Hüftgelenks würden zeitlich verschoben. Trotzdem „kann bald auch die Notfallversorgung nicht mehr in dem Umfang sichergestellt werden wie bisher“.

Die Klinik-Leitung bekräftigte ihre Feststellung, dass dies „eine Pandemie der Ungeimpften ist“. Die Statistiken zeigten dies eindeutig. Schwere Verläufe gäbe es nur bei Personen ohne ausreichende Impfung. Eine Ausnahme sei ein Covid-Patient, der mit einem chinesischen Impfstoff behandelt worden war. „Aber alle anderen sind ungeimpft“, betonte Intensivmediziner Professor Dr. Götz Geldner.

Professor Martin rief zu einem „freiwilligen Lockdown der Vernünftigen“ auf, da die Politik aus seiner Sicht „keine mutigen Entscheidungen mehr trifft“. Er selbst halte sich selbst bei privaten Treffen an die 2 G-Regel. „So kann man zumindest etwas erreichen.“ Vorschlägen, ungeimpfte Patienten an den Behandlungskosten zu beteiligen, teilt er jedoch eine Absage. In den Kliniken gilt weiterhin ein Besucherstopp – aber mit Ausnahmen. So dürfen sterbende Patienten weiter von nahen Angehörigen besucht werden. Dr. Martin ist weiterhin für eine Impflicht für Kräfte in medizinischen und pflegenden Bereichen. Ungeimpfte Mitarbeitenden müssen sich täglich, geimpfte dreimal in der Woche testen lassen. Patienten durchlaufen nach der Aufnahme einen PCR-Test, danach zweimal wöchentlich einen Schnelltest.