
Die Zahl der Straftaten im Zuständigkeitsbereich des Polizeipräsidiums Ludwigsburg, das die Landkreise Ludwigsburg und Böblingen umfasst, ist im Jahr 2024 sprunghaft angestiegen. Besonders betroffen war der Landkreis Ludwigsburg mit einem Zuwachs von 19,3 Prozent. Auch die Zahl der Tatverdächtigen nahm deutlich zu – vor allem bei Kindern und Jugendlichen.
Besorgniserregend: Die Gewaltkriminalität ist auf den höchsten Stand seit zehn Jahren gestiegen – darunter Schulgewalt, Messerangriffe und Übergriffe auf Polizeibeamte. Auch Straftaten im öffentlichen Raum und durch nichtdeutsche Tatverdächtige nahmen spürbar zu. Trotz dieser Entwicklungen verzeichnete die Polizei eine Aufklärungsquote von 65,2 Prozent – ein Spitzenwert im landesweiten Vergleich.
Ludwigsburg (ag) – Nach Jahren rückläufiger Fallzahlen meldet das Polizeipräsidium Ludwigsburg für 2024 einen deutlichen Anstieg bei den registrierten Straftaten: Insgesamt 42.518 Delikte wurden erfasst – ein Plus von über 17 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Besonders betroffen war der Landkreis Ludwigsburg mit 24.816 Straftaten bzw. einem Anstieg um 19,3 Prozent, während im Landkreis Böblingen ein Zuwachs von 14,1 Prozent verzeichnet wurde.
Trotz der Zunahme zeigt sich Polizeipräsident Thomas Wild zufrieden mit der Arbeit der Einsatzkräfte: „So konnten 65,2 Prozent aller Fälle auch aufgeklärt werden. Das ist das zweitbeste Ergebnis der letzten zehn Jahre, liegt gut zweieinhalb Prozentpunkte über der durchschnittlichen Aufklärungsquote im Land und belegt, dass unsere Einsatzkräfte allen Belastungen zum Trotz hervorragende Arbeit geleistet haben.“
Die Kriminalitätsbelastung – also die Zahl der Straftaten pro 100.000 Einwohner – lag mit 4.452 weiterhin unter dem Landesdurchschnitt von 5.180.
Mehr Gewalt, weniger Diebstahl
Die Analyse der Delikte zeigt: Diebstahl bleibt mit 24,8 Prozent der häufigste Straftatbereich, ist aber rückläufig. Im Gegenzug nahmen die sogenannten Rohheitsdelikte – dazu zählen etwa Körperverletzungen, Bedrohungen oder Raub – deutlich zu und machen mittlerweile 22,3 Prozent aller Straftaten aus. Polizeipräsident Wild sieht darin eine bedenkliche Entwicklung: “Die Tendenz aus 2023 setzt sich durch die Bank fort. Ob Körperverletzungen oder Bedrohungen, ob Gewalt gegen Polizeibeamte, innerfamiliäre Gewalt oder Schulgewalt: Überall nehmen die Fallzahlen sowie die Zahl der Tatverdächtigen zu. Das ist eine Herausforderung, der wir uns auch zukünftig vermehrt stellen müssen. Der Ton wird leider insgesamt rauer“.
Zahl der Tatverdächtigen steigt – Männer dominieren
Auch die Zahl der Tatverdächtigen ist deutlich gestiegen – um 3.122 Personen, das entspricht einem Anstieg von 17,3 Prozent. Deutsche Tatverdächtige machen 53,8 Prozent aus, 46,2 Prozent haben eine ausländische Staatsangehörigkeit. Unter ihnen ist knapp ein Drittel (28,9 Prozent) als asylsuchend oder flüchtend registriert.
Ein weiteres klares Muster zeigt sich bei der Geschlechterverteilung: Männer sind mit 76 Prozent deutlich überrepräsentiert. Bei ausländischen Tatverdächtigen liegt der Männeranteil bei 78,8 Prozent, bei Asylsuchenden und Flüchtlingen sogar bei 81,5 Prozent.
Herausforderungen nehmen zu
Die Polizei sieht sich angesichts dieser Entwicklung vor neue Herausforderungen gestellt – nicht nur in der Strafverfolgung, sondern auch in der Prävention. Besonders der Anstieg bei Gewaltdelikten und die Zunahme von jungen Tatverdächtigen beschäftigen die Ermittlungsbehörden.
Trotzdem betont das Präsidium: Die Region gehört weiterhin zu den vergleichsweise sichereren Landesteilen – und die hohe Aufklärungsquote sei ein Zeichen für die engagierte Polizeiarbeit in beiden Landkreisen.
Auffällige Entwicklung bei Jugendkriminalität und Gewalt
Besorgniserregend ist der deutliche Anstieg im Bereich der Jugendkriminalität. Während Erwachsene nach wie vor den größten Anteil an Tatverdächtigen ausmachen (78,5 Prozent), verzeichnete 2024 insbesondere die Altersgruppe der Kinder einen starken Zuwachs. Mit 1.226 tatverdächtigen Kindern stieg die Zahl im Vergleich zum Vorjahr um über 23 Prozent. Damit liegt sie fast gleichauf mit der Gruppe der Heranwachsenden (1.247 Personen). Auch bei Jugendlichen gab es mit 2.067 Tatverdächtigen ein Plus von 13 Prozent.
Insgesamt stieg die Jugendkriminalität um 9,5 Prozent auf 5.457 Fälle. Der auffälligste Anstieg betrifft auch hier die Kinder: plus 20,2 Prozent. Polizeipräsident Thomas Wild erklärt: „Die zunehmende Jugendkriminalität sowie die immer größer werdende Zahl delinquenter Kinder und Jugendlicher ist ein Problem, das uns weiterhin beschäftigt.“ Gleichzeitig verweist er auf die umfangreichen Kontrollmaßnahmen in Ditzingen und Herrenberg, durch die lokale Jugendgruppen gestoppt worden seien.
Parallel dazu nahm auch die Zahl der Opfer zu – um rund 34 Prozent auf 13.157 Personen. Besonders deutlich war der Anstieg bei Rohheitsdelikten und Delikten gegen die persönliche Freiheit. Mit 9.476 Fällen wurde hier der höchste Wert der vergangenen zehn Jahre erreicht. Die größten Zuwächse verzeichneten Bedrohung, Nötigung und Körperverletzung. Die Aufklärungsquote lag dabei bei beachtlichen 91,9 Prozent.
Gewalt an Schulen auf Rekordniveau
Auch Gewalt an Schulen nimmt zu. Mit 281 Fällen wurde ein 10-Jahres-Höchststand erreicht – vor allem Körperverletzung und Bedrohung dominieren das Bild. Die Polizei reagierte mit Präventionsprogrammen: In 767 Veranstaltungen wurden über 17.000 Schülerinnen und Schüler erreicht – ein Spitzenwert landesweit.
Alarmierend ist zudem die Gewalt gegen Einsatzkräfte. 524 Übergriffe auf Polizeibeamte wurden registriert – fast 38 Prozent mehr als im Vorjahr. Dabei wurden 215 Beamte leicht, einer schwer verletzt. Die Zahl der Angriffe auf Rettungskräfte sank hingegen leicht auf 21 Fälle.
Messerangriffe stiegen um 21 Prozent auf 222 Fälle. Besonders stark fiel der Anstieg bei tatverdächtigen Kindern aus, deren Zahl sich mit 19 Fällen mehr als verdoppelte.
Straftaten im öffentlichen Raum stark gestiegen
Auch die Delikte im öffentlichen Raum nahmen stark zu: 17.192 registrierte Fälle bedeuteten eine Zunahme um 19 Prozent – damit entfielen rund 40 Prozent aller Straftaten auf diesen Bereich. Besonders betroffen: Sachbeschädigung, Bedrohung und Körperverletzung.
Ein weiterer Aspekt: Die Zahl der durch nichtdeutsche Tatverdächtige begangenen Straftaten stieg um 22 Prozent auf 13.333 Fälle. Davon entfielen nur fünf Prozent auf ausländerrechtliche Verstöße. Besonders auffällig ist der Anstieg bei tatverdächtigen Kindern und Jugendlichen unter den nichtdeutschen Tatverdächtigen – hier lagen die Zuwachsraten bei rund 38 und 23 Prozent. Auch bei Asylbewerbern und Flüchtlingen stiegen die Fallzahlen – mit ebenfalls auffälligen Anstiegen bei jungen Altersgruppen.