Landkreis Ludwigsburg: Müllgebühren steigen wegen hoher Kosten der Entsorgung und Deponien

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Von Uwe Roth

Die Müllgebühren im Landkreis Ludwigsburg steigen um 13,7 Prozent. Ein Vier-Personenhaushalt zahlte im vergangenen Jahr im Schnitt 190 Euro für die regelmäßige Abholung des Haus-, Bio- und Sperrmülls. Im laufenden Jahr 2021 werden es 216 Euro sein, also 26 Euro mehr. Ein Zwei-Personenhaushalt zahlt rund zehn Euro mehr. Das hat der Kreistag am Freitag nach einem langwierigen Entscheidungsprozess fast einstimmig beschlossen. Der Betrag, den ein Haushalt am Jahresende für den Abtransport des Mülls zu bezahlen hat, besteht aus drei Komponenten: einer Jahresgebühr, die nach der Zahl der Personen in einem Haushalt gestaffelt ist, der Größe des Restmüllbehälters sowie der Zahl der Leerungen. Die Jahresgebühren werden um zwölf und die Kosten der Leerungen um acht Prozent erhöht. Auch die Abholung des Biomülls wird zwischen 50 Cent und einem Euro teurer.

Für die zweite spürbare Preiserhöhung in Folge gibt es vor allem zwei Gründe: Restmüll wird verbrannt. Er darf nicht auf die Deponie. Doch die wenigen Anlagen zur thermischen Entsorgung sind beinahe ausgelastet. Es wird nach wie vor viel Müll produziert. Daher ist die Nachfrage groß, das Angebot zur Abnahme des Restmülls hingegen klein. Folglich können die Entsorger mangels Wettbewerbs hohe Preise durchsetzen.

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Die Abfallwirtschaft des Landkreises (AVL) musste ein teures Angebot akzeptieren, weil es trotz zweimaliger Ausschreibung keinen zweiten Anbieter mit günstigeren Konditionen gegeben hatte. So steigt laut dem Wirtschafts- und Finanzplan der AVL der Aufwand für die Entsorgung von insgesamt 23,7 Millionen Euro im Jahr 2020 auf 25,3 Millionen laufenden Jahr 2021. Das ist ein Mehrbetrag von 1,5 Millionen Euro innerhalb eines Jahres. Zum Vergleich: 2017 lag die Summe noch bei 21,8 Millionen Euro.

Weiterer Kostentreiber bei den Müllgebühren sind die Deponien des Landkreises: Für die Stilllegung und Nachsorge waren bislang 33 Millionen Euro kalkuliert worden. Diesem Betrag entsprechend wurden Rücklagen gebildet. Ein neues Gutachten ergab jedoch, dass die tatsächlichen Kosten bei 125 Millionen Euro liegen werden. Es fehlen 92 Millionen Euro, um Entsorgungssünden aus der Vergangenheit zu begleichen. Noch bis in die 1980er Jahre hinein landete fast jeglicher Abfall auf der Deponie. Nun drohen flüssige Giftreste ins Grundwasser zu geraten. Ohne eine aufwendige Abdichtung wären die Müllhalden von früher eine tickende Zeitbombe, die keiner haben will.

Im Kreistag bestand folglich Einigung, dass die Millionenbeträge für die Nachsorge notwendig seien. Die Kreispolitiker*innen waren sich anfänglich hingegen uneinig, wer für die Kosten aufzukommen habe: die Gebührenzahlenden oder die Kreiskasse. Gleich zwei juristische Gutachten kamen zu der Auffassung, dass die Nachsorge aus den Gebühreneinnahmen finanziert werden müsse und nicht dem Kreishaushalt angelastet werden dürfe. So wurde es im Kreistag am Freitag mehrheitlich beschlossen. Statt 2,5 Millionen Euro werden nun jährlich 3,5 Millionen auf die hohe Kante gelegt, um späte die Nachfolgekosten aufzufangen.

Das Aufkommen an Restmüll sinkt seit einigen Jahren leicht, weil diesem mehr Wertstoffe entnommen und recycelt werden. Manche Verbraucher sparen zudem Müll ein. Dennoch produziert jeder der rund 545800 Kreisbürger im Jahr etwa 140 Kilogramm Abfall. Das sind zusammen fast 76000 Tonnen. Dazu kommen der Verpackungsmüll, Papier, Kartonagen und Altglas. Das zusammen wird in den grünen Tonnen unabhängig vom Landkreis gesondert abtransportiert. Die Entsorgung des Verpackungsmüll ist für die Bürger gebührenfrei, doch nicht kostenlos. Sie ist bereits beim Einkauf mitbezahlt worden.

Christian Sußner ist im Landratsamt für die Abfallwirtschaft verantwortlich. Der Dezernatsleiter musste sich gegen den Vorwurf wehren, mit der Gebührentabelle stünde der Landkreis an der Spitze in der Region Stuttgart. Sußner verteidigte das Ludwigsburger Gebührenmodell. Auf den ersten Blick seien die Grundgebühren in den benachbarten Landkreisen günstiger. Doch die AVL biete für die höhere Grundgebühr mehr Serviceleistungen an. So würden Elektroschrott und Sperrmüll kostenlos abgeholt und entsorgt werden. In anderem Landkreisen würde dafür Extragebühren fällig. „Wir sind mitnichten teurer als andere Landkreise“, versicherte er den Kreistagsmitgliedern. Auch mit der jetzt beschlossenen Erhöhung der Gebühren werde dies weiterhin so bleiben.