Landrat stellt Entwurf Haushalt 2022 vor: Allgaier will keine neuen Schulden – ab 2023 wird die Lage kompliziert

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Von Uwe Roth

Landrat Dietmar Allgaier (CDU) hat am Freitag dem Kreistag den Entwurf für den Haushaltsplan 2022 vorgestellt. Im nächsten Jahr sind Ausgaben von rund 766 Millionen Euro vorgesehen. Aufwendungen in Höhe von 460 Millionen Euro für die Bereiche Soziales und Jugend sind dabei wie jedes Jahr der größte Posten. Sie haben einen Budgetanteil von 64 Prozent. Darauf folgen mit 136 Millionen Euro Kosten für „die Gestaltung für die Umwelt“, wie es im Planentwurf bezeichnet wird. Der Ausgabenseite stehen erwartete Einnahmen des Landkreises von 757 Millionen Euro gegenüber. Es bleibt folglich ein Minus. Nach heutiger Schätzung der Finanzdezernentin Bettina Beck könnten es aufgerundet neun Millionen Euro werden. Die Kreisverantwortlichen bringt dieser Fehlbetrag nicht aus der Fassung.

Nach Darstellung von Allgaier in einem Gespräch mit Medienvertretern hat die Kreisverwaltung mit großer finanzieller Unterstützung des Landes und des Bundes die Corona-Zeit 2020/2021 bislang ohne Kreditaufnahme gut überstanden. Mit einer Kreditermächtigung des Kreistags wären im laufenden Jahr zusätzliche Schulden von 20 Millionen Euro möglich gewesen. „Sie wurde 2021 nicht in Anspruch genommen“, teilt der Landrat dem Kreistag mit. Dieses Polster auf Abruf steht 2022 zur Verfügung.

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Hebesatz der Kreisumlage bleibt gleich

Um zusätzliche Einnahmen zu generieren, könnte die Kreisverwaltung an der Schraube für den Hebesatz der Kreisumlage drehen. Darüber legt der Kreistag jährlich die Anteile der Einnahmen fest, die die 39 Kreiskommunen an den Kreishaushalt abführen müssen. Auf diese Weise sollen im nächsten Jahr rund 254 Millionen Euro zusammenkommen. Aber an dieser Schraube möchte der Landrat nicht drehen. Der Hebesatz von 27,5 Prozentpunkten soll weder erhöht noch gesenkt werden. Da im Kreistag einige Oberbürgermeister, Bürgermeister und Gemeinderäte ein Mandat haben, kommt gewöhnlich die Forderung, den Hebesatz niedrig zu halten oder am besten noch zu senken, damit möglichst viel Geld bei den Städten und Gemeinden bleibt.

Warum eine Senkung schädlich wäre, erklärt der Landrat so: Die Einnahme über die Kreisumlage wird nächstes Jahr voraussichtlich nur um 400000 Euro höher liegen als die im laufenden Jahr. „Zum Vergleich: Allein der Sozialetat im gleichen Zeitraum ist um 9,5 Millionen Euro angestiegen“, so Allgaier. Er sieht in der geplanten Nullrunde ein Signal an die Städte und Gemeinden, die Bürger ihrerseits von einer Anhebung der Steuern und Gebühren weitgehend zu verschonen.

Steuerkraftsumme schwächelt wegen Konjunkturdelle

Wie sich die finanzielle Situation des Landkreises nach der Konjunkturdelle durch Corona entwickeln wird, werde sich im Laufe des kommenden Jahres zeigen, begründet Allgaier die vagen Prognosen. Ein Hinweis, dass es schwierig werden könnte, zeigt die Entwicklung der Steuerkraftsumme. Sie soll im nächsten Jahr höchstes um 0,2 Prozent steigen. Vergleichbare Landkreise erwarten laut Allgaier Steigerungen von bis zu 14 Prozent. Er leitet daraus ab, „dass der wirtschaftliche Einbruch durch die Corona-Pandemie den Landkreis Ludwigsburg besonders hart trifft“. Ursache sei ein „großes Maß an der vorwiegenden Exportorientierung der Unternehmen im Kreis“. Ohne die Bundes- und Landeszuschüsse hätte es wohl ein Minus in der Steuerkraftsumme gegeben.

Sparen statt Schulden machen, ist die Devise. Der Landrat hat seine Verwaltung in die Pflicht genommen. 185 Sparvorschläge mit einem Volumen von knapp sechs Millionen Euro haben im Haushaltsplanentwurf ihren Niederschlag gefunden. So seien unter anderem Versicherungs- und Telefontarife unter die Lupe genommen worden. Außerdem erhöht die Verwaltung die Miete von kreiseigenen Sportstätten. Diese seien 30 Jahre unverändert geblieben.

Solche Einsparbeträge werden nicht reichen, um in Zukunft Kreditaufnahmen zu verhindern. Vor allem die kreiseigenen Kliniken brauchen Geld. Viel Geld. 2020 hat das Land ausgeholfen. Die Kliniken Ludwigsburg-Bietigheim gGmbH erwirtschafteten einen Gewinn von 2,4 Millionen Euro. Doch Finanzspritzen wegen Corona sind Vergangenheit. „Für die kommenden Jahre bis 2032 stehen Brutto-Investitionen im gesamten Klinikbereich von rund 360 Millionen Euro an“, rechnet der Landrat dem Kreistag vor. Das betrifft die Standorte Ludwigsburg, Bietigheim und Marbach. Allein das Krankenhaus Ludwigsburg verbraucht in den nächsten Jahren rund 160 Millionen Euro unter anderem für die Sanierung von Stationen, die Erweiterung des Parkhauses oder den Neubau eines Hubschrauberlandesplatzes. Für Neu- und Umbauten im Klinikum Bietigheim sind sogar 170 Millionen Euro vorgesehen.

Landrat schlägt Gründung Bürgergenossenschaft Wohnen vor

Der Landrat will sich im kommenden Jahr aber nicht allein mit Pflichtaufgaben beschäftigen, sondern auch kreativ sein: Um bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, hat er die Gründung einer Bürgergenossenschaft Wohnen vorgeschlagen. Die Städte und Gemeinden im Landkreis sollen Grundstücke als Genossenschaftsanteile einbringen. Die Vermarktung und Bebauung sollen in einem ersten Schritt die Wohnungsbau Ludwigsburg GmbH übernehmen. Die Kreissparkasse will 1,5 Millionen Euro einbringen. Vom Landkreis sollen 400000 Euro kommen. Nähere Details wird der Landrat mit dem Kreistag aushandeln. In der Vergangenheit hat dieser die Schaffung einer Kreisbaugesellschaft immer wieder abgelehnt.