Ludwigsburg lockert Sparbremse und verzichtet auf Erhöhung von Steuern und Gebühren

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Von Uwe Roth

Die Stadt Ludwigsburg plant trotz zurückliegender Corona-Lasten für das kommende Jahr keine Erhöhung der Steuer- und Gebühren. Kreditaufnahmen könnte es geben. Aber innerhalb des bereits vom Gemeinderat bewilligten Rahmen. Zusätzliche Schulden sollen so gut wie ausgeschlossen sein. Die Kredite werden für Bauinvestitionen verwendet und nicht zur Finanzierung laufender Geschäfte. Die Stadt sieht vor, zwischen den Jahren 2022 und 2025 über 150 Millionen Euro unter anderem für den Bau von Schulen (Bildungszentrum West) und den Zentralen Omnibusbahnhof (ZOB) auszugeben. Das zumindest hat sich die Rathaus-Spitze zum Ziel für 2022 gesetzt. Oberbürgermeister Matthias Knecht und sein Stadtkämmerer Harald Kistler präsentierten in dieser Woche dem Wirtschaftsausschuss die Eckdaten. Diese werden an diesem Mittwoch (28. Juli) im Gemeinderat weiter beraten.

Der eigentliche Entwurf des Haushaltsplans folgt noch. Dieser wird erst Ende des Jahres vom Gemeinderat verabschiedet. In den kommenden Monaten folgen einige Beratungsrunden der Gemeinderäte. Knecht und Kistler wollten nach eigener Aussage in der Sitzung am Dienstag frühzeitig die Reaktion der Fraktionen auf den Eckdaten-Plan testen und gegebenenfalls den Plan-Entwurf anpassen, um die eigentlichen Beratungen im Herbst zu beschleunigen. Tatsächlich haben die Gemeinderäte bereits einige Änderungswünsche angemeldet.

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Im ersten Corona-Jahr ist die Verwaltung hart auf die Sparbremse getreten: 15 Millionen Euro sollten auf einen Schlag eingespart werden. 13 Millionen Euro sind es am Ende geworden. Die Sparbremse ist nun laut dem Eckdaten-Papier merklich gelockert. Die Stadt hat sogar vor, bis einschließlich 2025 auf die Ausschüttung der Gewinne ihrer beider kommunalen Unternehmen komplett zu verzichten. Die Stadtwerke und die Wohnbau Ludwigsburg (WBL) sollen ihre Eigenkapitalquote verbessern, so die Begründung für den Geldverzicht. Beide Unternehmen hätten in den kommenden Jahren Großes vor: Die Stadtwerke bauen ihr Fernwärme- und Digitalnetz aus. Die WBL investiert kräftig in den Neubau von Wohnungen. Auch die Vereine haben die Sparbremse heftig zu spüren bekommen. Die Zuschüsse wurden pauschal um zehn Prozent gekürzt. Wie hoch ein Zuschuss der Stadt für einen Verein und seine Arbeit sinnvoll ist, will die Verwaltung künftig individuell prüfen. Vereine, die stark kommerzialisiert sind, müssten eventuell damit rechnen, dass die Kürzung nicht zurückgenommen wird, deutete ein Gemeinderat an.

Verzicht von Einnahmen auf der einen Seite – Mehrausgaben auf der anderen: Das Blühende Barock war wegen der Pandemie lange geschlossen und hatte keine Einnahmen. Zum Ausgleich muss die Stadtkasse mit 400 000 Euro einspringen. Ebenso viel Geld kommt vom Land, mit dem sich Ludwigsburg die Ein- und Ausgaben der immerwährenden Gartenschau teilt. Fehlende Einnahmen der städtischen Veranstaltungsstätten wie das Forum am Schlosspark oder die MHP-Halle belasten ebenso den Haushalt. Der Betrieb ist ein Zuschussgeschäft in Höhe von acht Millionen Euro im Jahr.

Die Stadt ist entgegen ihrer eigenen Erwartung bislang finanziell glimpflich durch die Pandemie gekommen. Statt des für 2020 prognostizierten Minus von 21 Millionen Euro waren es am Ende rund 2,9 Millionen Euro. Das ist nicht allein darauf zurückzuführen, dass wegen des Lockdowns die Bauinvestition schrumpfte oder die Unternehmen rund sieben Millionen Euro mehr Gewerbesteuer abgeliefert haben als kalkuliert. Das hat vor allem mit den Zuschüssen von Bund und dem Land von insgesamt rund 23 Millionen Euro zu tun. Hätte es dieses Geld von außen nicht gegeben, läge das kommunale Defizit im vergangenen Jahr bei etwa 26 Millionen Euro, so der Stadtkämmerer. Auf weiteres Geld darf die Stadt jedoch nicht hoffen, egal ob eine vierte Welle kommt oder noch weitere folgen. Die Landesregierung hat der Stadt schriftlich mitgeteilt, dass aus dem Landeshaushalt keinerlei Corona-Hilfen mehr zu erwarten seien.

Die Stadtverwaltung möchte sich trotz aller Zuversicht bezüglich weiterer Kreditaufnahmen eine Hintertüre offenhalten. So soll sich der Gemeinderat darauf verständigen, bis zum Jahr 2025 eine Pro-Kopf-Verschuldung von maximal 950 bis 1000 Euro zuzulassen. Das aufgenommene Geld dürfe ausschließlich für Vorhaben ausgegeben werden, die „von großer Bedeutung für die Stadtgesellschaft“ seien, heißt es in der Vorlage. Derzeit liegt die Verschuldung bei 250 Euro je Einwohner. Die CDU kündigte an, einer Vervierfachung auf keinen Fall zuzustimmen. 750 Euro pro Kopf seien das maximal Zuträgliche, so der Kompromissvorschalg. Am Ende vereinbarten die Ausschussmitglieder, keine Obergrenze setzen zu wollen, sondern sich auf „einen generationengerechten Haushalt“ zu verständigen. Der CDU ist diese Formulierung zu lasch und kündigte Änderungsanträge an beziehungsweise die Drohung, dem Haushalt nicht zustimmen zu wollen.