Mobile Blitzer der Stadt Ludwigsburg erfassen in einem halben Jahr knapp 17500 Fahrzeuge

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Von Uwe Roth

Ein Unbekannter beschädigt einen mobilen Blitzer auf der Solitudeallee. Das Glas vor der Kamera ist mit roter Farbe besprüht. Die Nachricht von Ludwigsburg24 hat einige Reaktionen ausgelöst. Wie immer, wenn über Geschwindigkeitsüberwachung berichtet wird, gibt es Leserkommentare, die die Bußgelder für Tempo-Verstöße als Abzocke bewerten. Ein Leser entschuldigt auf der Facebook-Seite des Onlineportals die Sachbeschädigung an dem über 150.000 Euro teuren städtischen Eigentum mit dieser verqueren Ansicht: „Genau genommen ist das Ding nicht fremdes Eigentum, sondern gehört Jedem!“ Ein anderer Leser bedankt sich frech über Facebook bei dem Täter: „Hätte von mir sein können! Danke dem Farbenspender.“

Schneller fahren, als erlaubt – das scheint auch diesem Leser kein schlechtes Gewissen zu bereiten. Zwar stellt er einerseits fest: „Im Normalfall bin ich als Steuerzahler dieses Landes sauer, wenn ich sehe, wie Eigentum des Staates beschädigt wird.“ Aber letztlich bewertet er den Blitzer im Einsatz als das schlimmere Übel: „Doch die Häufigkeit der Blitzgeräte und sehr viele Geschwindigkeitsbegrenzungen weisen deutlich auf Abzocke des Bürgers hin! Deshalb freue ich mich über dieses Bild!“ Eine Leserin hält dagegen: „Wenn ich mich nicht an die Geschwindigkeit halte, habe ich den Fehler gemacht und nicht das Gerät, welches mich dann blitzt“, kommentiert sie. Sie sei „auch nicht begeistert von den Dingern. Aber das ist Sachbeschädigung und zeigt, wie die Menschen mit fremdem Eigentum umgehen.“ Diejenigen, die sich darüber noch freuen, sind aus ihrer Sicht „nicht besser“.

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Die Solitudeallee wird von vielen Radfahrern genutzt, auch von solchen, die darauf wochentags umweltfreundlich Richtung Stuttgart fahren. Bis die Straße in den schnurgraden Feldweg übergeht, gibt es nur abschnittsweise einen Radweg. Aber weil die Fahrbahn eng ist und viele Lkws unterwegs sind, ist die Fahrt für Radfahrer dort ziemlich gefährlich. Viele Auto- und Lkw-Fahrer halten den vorgeschriebenen Mindestabstand zu den Zweirädern nicht ein. Raser sind eine zusätzliche Gefahr. Daher überwachen die Städte Kornwestheim und Ludwigsburg die Einhaltung von Tempo 30 und 50 hier regelmäßig.

Der mobile Blitzer ist ein sogenannter Enforcement Trailer. Davon hat sich die Stadt Ludwigsburg zwei Stück angeschafft. Die Investition von 305.000 Euro hat sich bereits nach etwas mehr als einem halben Jahr gelohnt: Nach Mitteilung der Stadt erfassten die beiden elektronischen Messgeräte von Februar bis September 2020 insgesamt 17.436 Fahrzeuge, deren Fahrer die Höchstgeschwindigkeit missachteten. Die Summe der Einnahmen beträgt 376.985 Euro.

Seit 2017 ist in Deutschland Rasen Straftatbestand. Seitdem steigen die bundesweiten Fallzahlen. Dass mehr gerast wird, kann die Stadt jedoch nicht feststellen. „Eine solche Tendenz gibt es nicht“, teilt eine Rathaussprecherin mit. Allerdings seien die Fallzahlen aufgrund der neuen Enforcement Trailer, einer Geschwindigkeitsmessanlage und einer Kombianlage gestiegen. Seit auf der Friedrichstraße sowie der Schloss-/Stuttgarter Straße Tempo 40 gilt und in der Nacht in der Frankfurter Straße Tempo 30, sind dort die Fallzahlen ebenfalls gestiegen. Die Stadt begründet die Herabsetzung der Höchstgeschwindigkeit nicht allein mit der Luftreinhaltung. Sie dient zudem dem Lärmschutz. In der Stadt waren in der Vergangenheit neben den NOx-Werten auch die gemessenen Lärmwerte zu hoch. Während die Luft etwas sauberer geworden ist, wurde seitens der Stadt für den Lärmschutz wenig getan. Das soll sich nun ändern: Die Verwaltung plant weitere strengere Geschwindigkeitsbegrenzungen (Tempo 40 oder 30) auf besonders stark befahrenen Straßen, um Anwohner vom Fahrzeugkrach zu entlasten.

Dass muss nicht automatisch bedeuten, dass die Geschwindigkeitsverstöße dauerhaft zunehmen. Die Sprecherin sagt: „Dazu können wir feststellen, dass die Fallzahlen zunächst ansteigen, sich jedoch im Lauf der Zeit bei einem Wert einpendeln.“ Soll heißen: Nach einer gewissen Gewöhnungszeit tappen die Autofahrer seltener in die Messfalle. Die Die Zahlen sind während des Lockdowns nach städtischen Angaben im Übrigen „annähernd gleichgeblieben und nicht merklich zurück gegangen“. Zwischen dem Lockdown und dem Fahrverhalten der Verkehrsteilnehmer sei somit „kein Zusammenhang festzustellen“.

Der beschädigte mobile Blitzer ist inzwischen wieder in Betrieb. Den Schaden von knapp 200 Euro hat die Versicherung übernommen. Die Stadt hat bei der Polizei Anzeige wegen Sachbeschädigung erstattet. Der Enforcement Trailer ist mit einem Alarm-Meldesystem ausgerüstet. „Über genaue Details unserer Sicherungen möchten wir verständlicherweise keine Auskunft geben“, heißt es aus dem Rathaus.