Von Ayhan Güneş
LUDWIGSBURG — Das Residenzschloss Ludwigsburg ist nicht nur ein beeindruckendes barockes Meisterwerk, sondern auch ein zentraler Schauplatz zahlreicher Großveranstaltungen. Musik- und Kunstfestivals locken jedes Jahr Tausende von Besuchern an. Doch mit dieser intensiven Nutzung kommt auch Verantwortung: Die Schlossverwaltung hat eine umfassende Untersuchung der Bodenbeschaffenheit veranlasst, um sicherzustellen, dass das historische Gelände auch weiterhin sicher und stabil bleibt.
Im Zuge dieser geophysikalischen Untersuchungen wurde jedoch eine unerwartete Entdeckung gemacht, die selbst die Experten überrascht: Ein kreisförmiges Muster, das an eine Sonne mit Strahlen erinnert, liegt verborgen unter den Pflastersteinen der Schlosshöfe.
Sicherheit als oberste Priorität
„Die Sicherheit unserer Gäste hat für uns höchste Priorität. Deshalb haben wir ein detailliertes Gutachten zur Bodenbeschaffenheit in den Schlosshöfen erstellen lassen“, betont Stephan Hurst, Leiter der Schlossverwaltung. Von November 2023 bis Januar 2024 wurden 21.700 Quadratmeter der Hofanlagen mit einem Georadar durchleuchtet, um die Tragfähigkeit des Bodens zu überprüfen.
„Bei Großveranstaltungen wird der Boden stark beansprucht. Der Transport und Aufbau von Bühnen üben großen Druck aus. Hohlräume im Untergrund hätten eine Gefahr darstellen können“, erklärt Volker Janzen, stellvertretender Abteilungsleiter im Amt für Vermögen und Bau in Ludwigsburg. Die Untersuchung bestätigte jedoch die Stabilität des Bodens und sicherte so den Fortbestand der Veranstaltungen.
Eine verborgene Sonne im Herzen Ludwigsburgs
Während die Untersuchungen primär der Sicherheit dienten, enthüllte das Georadar auch ein faszinierendes archäologisches Geheimnis. Dr. Meike Kirscht, Referentin für Historische Gärten bei den Staatlichen Schlössern und Gärten Baden-Württemberg, beschreibt den Fund begeistert: „Der ganze Hof wird im Grunde von einer Sonne mit ihren Strahlen eingenommen.“ Das kreisförmige Muster, das in einer Tiefe von etwa 30 Zentimetern entdeckt wurde, besteht aus zwei unterschiedlich großen Halbkreisen.
Die Ähnlichkeit zu einem Muster, das bereits bei Messungen im Schlossgarten der ehemaligen fürstbischöflichen Residenz Schloss Bruchsal entdeckt wurde, weckt großes Interesse. Während das Muster in Bruchsal tiefer unter der Oberfläche liegt, könnte dies auf bauliche Veränderungen im Laufe der Zeit zurückzuführen sein.
Historische Bedeutung und archäologische Fragen
„Die gewonnenen Daten liefern detaillierte Informationen zum archäologischen Inventar des Untergrundes und ermöglichen so wertvolle Einblicke in die historische Entwicklung des Schlossareals“, erklärt Dr. Alexander Hemmann von der GGU mbH, dem für die Untersuchung verantwortlichen Unternehmen. Die Wissenschaftler vermuten, dass es sich bei dem Sonnenmuster um Abdrücke früherer Bebauungen handelt. Doch genaue Schlüsse über das Alter oder die Bedeutung dieser Strukturen stehen noch aus.
Die Entdeckung wirft Fragen auf, die über die Sicherheit der Veranstaltungen hinausgehen. Könnte es sich bei dem Muster um ein architektonisches oder künstlerisches Symbol handeln, das tief in der Geschichte des Schlosses verankert ist? „Um was es sich dabei genau handelt, wissen wir bisher noch nicht“, sagt Dr. Meike Kirscht, und betont die Bedeutung weiterer Untersuchungen.
Ein Rätsel, das gelüftet werden will
Während die Untersuchungen zur Sicherheit des Bodens abgeschlossen sind, bleibt das Sonnenmuster ein faszinierendes Rätsel. Die Staatlichen Schlösser und Gärten Baden-Württemberg planen, die Erforschung dieser Strukturen fortzusetzen. „Mit Hilfe der Bodenuntersuchungen wird nun ein Lageplan erstellt, in dem die durch die Untersuchungen bekannt gewordenen sensiblen Untergründe eingezeichnet sind“, sagt Volker Janzen.
Eines ist jedoch klar: Das Residenzschloss Ludwigsburg birgt noch immer Geheimnisse, die darauf warten, entdeckt zu werden. Mit jeder neuen Erkenntnis wird seine Bedeutung als historisches Juwel und kultureller Mittelpunkt weiter gefestigt.