Selbstständige beim Krankengeld benachteiligt

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Auch hauptberuflich Selbstständige in der gesetzlichen Krankenversicherung können sich einen Anspruch auf Krankengeld sichern – der Anspruch gilt dann ab der siebten Woche der Arbeitsunfähigkeit. Doch wenn erkrankte Selbstständige versuchen, ihre Arbeit wieder aufzunehmen und das ihrer Krankenkasse melden, unterbrechen sie damit den Krankengeldbezug. Das kann für Betroffene mitunter schwerwiegende Konsequenzen haben, warnt die Unabhängigen Patientenberatung Deutschland (UPD).

Müssen sie ihre Arbeit wegen weiter andauernder Krankheit kurze Zeit später erneut unterbrechen, werden sie für sechs Wochen vom Krankengeldbezug ausgeschlossen. Trotz langer Erkrankung bekommen sie vielfach so kaum Unterstützung.

“Die gesetzlichen Krankenkassen stellen Selbstständige schlechter als Angestellte und ignorieren die geltende Rechtsprechung”, sagt Thorben Krumwiede, Geschäftsführer der UPD. “Der ehrliche Selbstständige, der die vorübergehende Wiederaufnahme seiner Arbeit ordnungsgemäß bei der Krankenkasse meldet, wird durch die Regelung bestraft.”

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Anders als bei Angestellten werden bei hauptberuflich selbstständigen Versicherten Krankheitszeiten in der Regel nicht zusammengezählt. Somit ist für sie ein Bezug von Krankengeld erst wieder nach weiteren sechs Wochen ununterbrochener Arbeitsunfähigkeit möglich.

“Wenn Betroffene versuchen ihre Arbeit wieder aufzunehmen und dann diesen Versuch abbrechen müssen, droht ihnen – oft gänzlich unerwartet – eine Wartezeit von eineinhalb Monaten ohne jedes Einkommen”, sagt Thorben Krumwiede, und erläutert: “Denn das Formular der Wahlerklärung, das sie zur Sicherung des Krankengeldanspruchs abgegeben haben, enthält dazu keinerlei Hinweise. Die überraschten Betroffenen geraten dadurch oft in eine schwierige Situation und melden sich daraufhin in unserer Beratung.”

Diese Praxis der Krankenkassen ignoriere die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) vom März 2019: Die Gleichbehandlung von Selbstständigen und Arbeitnehmern habe in der Urteilsbegründung eine zentrale Rolle gespielt. Für beide Gruppen soll das Krankengeld ab der siebten Woche beginnen, die für den Anspruch relevanten Zeiten der Arbeitsunfähigkeit sollen nicht zusammenhängend verlaufen müssen.

“Wir empfehlen Betroffenen daher, vorsorglich Widerspruch gegen Entscheidungen einzulegen, die den Bezug von Krankengeld von einer unterbrechungsfreien Arbeitsunfähigkeit abhängig machen”, sagt Thorben Krumwiede.

Gleichbehandlung sei dringend erforderlich.

Heike Morris, juristische Leiterin der UPD, ergänzt: “Das BSG hat seine Entscheidung maßgeblich damit begründet, dass Selbstständige und Angestellte in der gesetzlichen Krankenversicherung gleichbehandelt werden sollten. Für Angestellte gilt auch derzeit schon, dass eine temporäre Unterbrechung der Arbeitsunfähigkeit für den Anspruch auf Krankengeld keine Rolle spielt. Warum sollte das nicht auch für Selbstständige gelten?”

Rechtlicher Hintergrund: Anspruch auf Krankengeld für hauptberuflich Selbstständige in der Gesetzlichen Krankenversicherung durch Abgabe einer Wahlerklärung (Paragraph 46 Satz 4 SGB V) und BSG-Urteil vom 28. März 2019, Aktenzeichen B 3 KR 15/17 R.

Lars Wallerang / glp