
Von Ayhan Güneş
Das Stadtbahnprojekt „LUCIE“ galt lange als Leuchtturm moderner Mobilität im Landkreis Ludwigsburg, Mit einer Streckenführung durch die Innenstadt bis nach Pattonville. Doch inzwischen ist von der großen Vision nicht mehr viel übrig. Angesichts knapper Kassen, wachsender Zweifel und zunehmendem Widerstand in der Bevölkerung liegt nun ein neuer Beschlussvorschlag auf dem Tisch: Der Großteil des Projekts wird gestoppt, nur die Reaktivierung der alten Bahnstrecke zwischen Markgröningen und dem Ludwigsburger Bahnhof soll umgesetzt werden. Alles andere wird auf Eis gelegt – vorerst.
Ludwigsburg – Sie war als Jahrhundertprojekt gestartet, nun bleibt von der großen Vision einer Stadtbahn durch Ludwigsburg wohl nur ein Bruchstück übrig. Die Stadtverwaltung hat dem Gemeinderat eine neue Beschlussvorlage vorgelegt, die den radikalen Kurswechsel dokumentiert: Vom geplanten Netz mit Innenstadtanbindung und Verbindungen bis nach Pattonville und Oßweil bleibt vorerst nur der Abschnitt Markgröningen–Ludwigsburg. Der Rest: eingefroren.
Kurswechsel in Zeiten knapper Kassen
Die Entscheidung kommt nicht überraschend, aber sie ist deutlich. In Zeiten angespannter Haushalte und wachsender Investitionsbedarfe – etwa in Bildung, Gesundheit, Wirtschaft und Sicherheit – will die Stadt nur noch das realisieren, was finanziell und technisch machbar ist. Die Innenstadttrasse, einst politisch ambitioniert, wird nicht weiterverfolgt. Stattdessen setzt Ludwigsburg auf eine Kombination aus Schienenreaktivierung und Busverkehr.
Konkret bedeutet das: Die Bahnstrecke zwischen Markgröningen, Möglingen und dem Bahnhof Ludwigsburg soll reaktiviert werden. Eine zweite Achse soll langfristig durch die Stuttgarter Straßenbahnen (SSB) über Aldingen nach Pattonville betrieben werden. Alle weiteren Streckenäste, darunter die Innenstadtquerung, sollen „bis auf Weiteres ruhend gestellt“ werden.
Kein Ausstieg, aber ein klarer Schnitt
Ein vollständiger Ausstieg aus dem Zweckverband Stadtbahn ist rechtlich nicht möglich – dafür wäre ein einstimmiger Beschluss aller Partnerkommunen nötig. Ludwigsburg wählt deshalb einen anderen Weg: die Reduktion auf das Wesentliche. Statt sich an visionären Gesamtplanungen festzuhalten, wird der Fokus auf realistische Teilprojekte gelegt.
Ein Pilotprojekt soll dabei modellhaft für Innovation stehen: Ein autonomer Expressbus soll künftig den Bahnhof mit dem Blühenden Barock verbinden. Die Stadtwerke Ludwigsburg-Kornwestheim (SWLB) und die LVL Jäger GmbH sollen gemeinsam ein entsprechendes Pilotprojekt realisieren. Der Bus soll dort fahren, wo einst die Stadtbahn durch die Innenstadt rollen sollte, nur schneller, flexibler und eben auch kostengünstiger.
Die Frage nach dem Bahnhof
Ein zentraler Streitpunkt war lange die Frage: Soll die Stadtbahn direkt in den Bahnhof Ludwigsburg einfahren oder außenrum geführt werden? Die Verwaltung hat nun klargestellt: Sie hält an der Bahnhofseinfahrt fest, und zwar auf Gleis 6, mit Zweisystemfahrzeugen im 30-Minuten-Takt. Diese Lösung sei – trotz begrenzter Kapazitäten – wirtschaftlich sinnvoll, förderfähig und am schnellsten umsetzbar. Ein Verzicht auf den Bahnhof würde nicht nur neue Baustellen erfordern, sondern auch massive Eingriffe in den Verkehr, heisst es in der Beschlussvorlage weiter.
Finanzierung weiter unklar
Obwohl die Reaktivierungsstrecke als förderfähig gilt, mit bis zu 95 Prozent Zuschuss, bleiben viele Fragen offen. Wie hoch die tatsächlichen Investitions- und Betriebskosten ausfallen, ist ebenso unklar wie die langfristige Tragfähigkeit des Projekts angesichts steigender Baupreise und personeller Engpässe im öffentlichen Verkehr. Allein bis 2030 rechnet die Stadtverwaltung grob mit einem Eigenanteil in zweistelliger Millionenhöhe – ohne Berücksichtigung möglicher Kostensteigerungen.
Politisch brisant – und richtungsweisend
Mit der neuen Beschlussvorlage liefert die Stadtverwaltung, was Oberbürgermeister Matthias Knecht seit Monaten angekündigt hatte: Klarheit. Jetzt ist der Gemeinderat gefragt. Die Entscheidung dürfte nicht nur darüber bestimmen, welche Trassen gebaut werden – sondern auch, wie Ludwigsburg seine Rolle in der Region versteht: als Taktgeber für Innovation und ÖPNV-Zukunft – oder als Stadt, die sich auf das Machbare besinnt.


