Die geplante Geflüchtetenunterkunft in der Hackstraße sorgt in Ludwigsburg für kontroverse Diskussionen. Oberbürgermeister Dr. Matthias Knecht wendet sich in einem ausführlichen Schreiben an Bürger und politische Gremien, appelliert an Solidarität und betont, die Sorgen der Anwohner ernst zu nehmen. Die Stadt steht vor der Aufgabe, humanitäre Verpflichtungen und lokale Interessen miteinander zu vereinen.
Von Ayhan Güneş
Ein sensibler Schritt für Ludwigsburg
Ludwigsburg – Die Hackstraße in Hoheneck wird bald zu einem neuen Zufluchtsort: Wie Oberbürgermeister Dr. Matthias Knecht in einem Schreiben vom 18. November erklärt, plant die Stadt Ludwigsburg, die Räumlichkeiten als vorläufige Unterkunft für Geflüchtete zu nutzen. Angesichts der steigenden Zahlen Geflüchteter steht die Stadt unter Druck, ihrer gesetzlichen Verpflichtung nachzukommen, ausreichend Unterbringungsmöglichkeiten zu schaffen.
„In aller Offenheit und Ehrlichkeit möchte ich darlegen, was die Verhandlungen im Nachgang ergeben haben – ohne Schönfärberei und falsche Erwartungen zu wecken“, so Knecht in seinem Schreiben. Diese Transparenz ist ein zentraler Punkt seiner Strategie, um Akzeptanz für eine Maßnahme zu schaffen, die nicht unumstritten ist.
Warum die Hackstraße?
Die Entscheidung für die Hackstraße ist das Ergebnis einer intensiven Prüfung verschiedener Optionen. Laut Knecht erfüllt die Immobilie die notwendigen Voraussetzungen, um kurzfristig als Unterkunft zu dienen. Zudem bietet die zentrale Lage den Geflüchteten wichtige Vorteile, wie den Zugang zu Beratungs- und Versorgungsangeboten in der Stadt.
Doch warum scheiden andere Standorte aus? Ein Beispiel ist der Krauthof, dessen Nutzung mehrfach diskutiert wurde. Die Regio-Bau Herrmann GmbH als Eigentümer strebt jedoch eine langfristige Projektentwicklung an, die mit einer mehrjährigen Anmietung durch den Landkreis kollidiert. Knecht macht deutlich, dass diese Option deshalb nicht weiter verfolgt wird.
„Das Projekt darf die Belastungsgrenzen des Standorts nicht überschreiten“, betont Knecht und verweist auf die Verantwortung der Stadt, sowohl den Geflüchteten als auch den Bürgern gerecht zu werden.
Diskussionen und Alternativen
Die Informationsveranstaltung vom 21. Oktober in der Hackstraße zeigte, wie emotional das Thema aufgenommen wird. Eine vorgeschlagene Alternative war die sogenannte „60-60-Variante“: Zwei kleinere Unterkünfte mit jeweils 60 Personen sollten auf zwei Standorte verteilt werden. Diese Lösung wurde jedoch vom Landkreis als unwirtschaftlich und organisatorisch schwer umsetzbar abgelehnt.
Auch die Frage nach der Kapazität der Unterkunft war ein zentrales Thema. Die ursprünglich angedachten 114 Plätze sorgten bei vielen Anwohnern für Unbehagen. Knecht reagiert darauf, indem er ankündigt, die maximale Belegung auf 90 Personen zu reduzieren. „Es ist wichtig, realistische Erwartungen zu schaffen“, schreibt der Oberbürgermeister und weist darauf hin, dass durch die temporäre Natur der Unterkunft Fluktuationen unvermeidbar seien.
Der Appell an die Solidarität
Neben den organisatorischen und rechtlichen Aspekten richtet Knecht einen emotionalen Appell an die Bürgerinnen und Bürger. Er betont die moralische Verpflichtung der Stadt, Menschen in Not zu helfen. „Gemeinsam Lösungen zu finden, die Solidarität und Verantwortungsbewusstsein widerspiegeln, ist entscheidend“, erklärt er und ruft zur Unterstützung der Maßnahme auf.
Besonderen Dank spricht er dem Stadtteil Hoheneck aus, der sich in vielen Bereichen engagiert zeigt – sei es durch Vereine, Kirchen oder den Stadtteilausschuss. „Das Engagement zeigt, dass wir als Stadtgesellschaft in schwierigen Zeiten zusammenstehen können.“
Herausforderungen und Perspektiven
Trotz des von OB Knecht betonten Appells zur Solidarität bleibt die geplante Unterkunft in der Hackstraße ein emotional aufgeladenes Thema. Viele Bewohner äußern Bedenken – insbesondere in Bezug auf mögliche Lärmbelastungen, Sicherheitsfragen und die zusätzliche Beanspruchung der Infrastruktur. Knecht zeigt Verständnis für diese Sorgen und signalisiert Dialogbereitschaft. Er verspricht, die Anwohner weiterhin transparent zu informieren und ihre Anliegen in den Entscheidungsprozess einzubeziehen, um eine tragfähige Lösung zu finden.
Gleichzeitig weist der Oberbürgermeister darauf hin, dass die Maßnahme nur eine Übergangslösung sei. Die Stadt arbeite weiterhin an langfristigen Konzepten, um der steigenden Zahl an Geflüchteten gerecht zu werden, ohne die Anwohner dauerhaft zu belasten. „Wir haben eine Verantwortung, die über das Hier und Jetzt hinausgeht“, so Knecht.
Fazit:
Die geplante Unterbringung von Geflüchteten in der Hackstraße zeigt die Gratwanderung, der Städte wie Ludwigsburg derzeit ausgesetzt sind: Zwischen humanitären Verpflichtungen, gesetzlichen Vorgaben und den berechtigten Sorgen der Anwohner. Oberbürgermeister Knecht setzt auf Transparenz und Dialog, um eine Balance zwischen diesen Ansprüchen zu finden. Ob dies gelingt, wird von der weiteren Kommunikation und der konkreten Umsetzung abhängen.