„Eine Saison der Fehler aus denen die MHP RIESEN Ludwigsburg ihren Nutzen ziehen sollten“

Vor einer Woche beendeten die MHP RIESEN Ludwigsburg ihre Saison ohne Playoff-Teilnahme. Die Erleichterung war zu spüren. Ein Jahr nach der vielleicht erfolgreichsten Spielzeit erlebte der Klub einen sportlichen Rückschritt und scheint mit diesem Kapitel schnell abschließen zu wollen. Aufarbeitung wurde angekündigt. Wie weit wird sie gehen?

Am vorletzten Spieltag der easyCredit Basketball Bundesliga gastiert Ludwigsburg an einem Freitagabend in Göttingen. Die Sparkassen-Arena ist gut gefüllt und die Fans gut gelaunt, da ihre Veilchen bereits den Klassenerhalt sicher haben. Für die MHP RIESEN sind indes die Playoffs trotz einer Saison mit vielen schwachen Spielen noch zu erreichen. Die vorigen Partien meinen es gut mit Ludwigsburg; wie auch die Konkurrenz im Kampf um den achten Platz in der Tabelle. Das Team von John Patrick gewinnt erst gegen Bamberg, dann gegen Vechta. Siege, die Selbstvertrauen schenken und das Gefühl geben, dass „da noch was drin ist“. Eine perfekte Situation, um sich gegen die BG in Feierlaune einen Sieg zu holen.

Zur Halbzeit liegt Ludwigsburg mit 50:32 zurück. Frustration breitet sich untereinander, miteinander aus. Ein ständiger Begleiter der MHP RIESEN in dieser Spielzeit. Coach John Patrick steht an der Seitenlinie, die Arme vor dem Körper verschränkt. Er wirkt für einen Moment konsterniert. Sein Blick geht ins Leere, während seine Spieler sich an ihm vorbei in Richtung Kabine schieben. Manche tuscheln miteinander, andere gestikulieren wild und zeigen sich enttäuscht von der Leistung der Kollegen. Ein kleiner Moment, der einfängt, was in Ludwigsburg in dieser Saison nicht geklappt hat und dazu führt, dass der Klub an diesem Abend in Göttingen die Playoffs verspielt.

Wir sind im vergangenen Jahr sehr spät ins Recruiting gegangen,“ beginnt John Patrick seine Aufarbeitung in einem Telefonat. „Unsere Saison war lang und ging bis Juni. Schwerer wog aber, dass wir von einigen Spielern, die wir halten wollten, kein Signal bekamen. Es gab auch Fälle, in denen Spieler bereits Verträge mit anderen Klubs abgeschlossen hatten, von denen wir nichts wussten. Mit diesem Handicap sind wir in die Vorbereitung gegangen.“

Fortan wurden Spieler für Trainings eingeladen. Viele Spieler, da Patrick, wie er selbst zugibt, „nicht überzeugt war von dem, was ich sah“.

Aus finanziellen Gründen konnten wir weder unsere erste, noch unsere zweite Wahl verpflichten. “Schlussendlich war ich besorgt, ob wir mit der Qualität im Team die Klasse halten können“, beschreibt der Coach sein Team. Ein erschütterndes Zeugnis, das unterstreichen soll, warum der Coach trotz des Ausgangs zufrieden mit der Spielzeit ist.

Patrick wirkt am Telefon gefasst, beinahe gelöst, als er die Saison Revue passieren lässt. Alles scheint nur halb so wild. Pech bei der Vorbereitung, nicht die Wunschspieler erhalten, schlimmes befürchtet und dann fast doch noch Playoffs. Klingt nach Neustart und einfach alles von vorne. Und in der Tat kann den MHP RIESEN kein größeres Problem angedichtet werden. Unter dem 51-jährigen Amerikaner ist Ludwigsburg Dauergast in der Post-Season geworden. Sein Spielstil wird als „40 Minuten Hölle für den Gegner“ beschrieben. Patricks Teams pressen in der Verteidigung unermüdlich, die ganze Zeit. Außer diese Saison. „Unser Talent war klar unter den Top-Teams. Mit Engagement haben wir uns noch die Tür offen gehalten. Am Ende haben wir es dann aber selbst aus der Hand gegeben“, so Patrick.

In seiner Auswertung wird auch schnell deutlich, dass nicht nur das Talent am Ausgang Schuld ist: „Wir hatten Probleme mit der Hierarchie. Gar nicht so sehr, als wir verletzungsbedingt mit weniger Spielern auskommen mussten. Da haben wir komischerweise unseren besten Basketball gespielt. Weniger ist manchmal mehr.“ Zwischenmenschliche Probleme, die sich auf dem Weg in die Kabine zur Halbzeit in Göttingen zeigen. Die Spieler agierten nie als Team. Das Problem ist hausgemacht. Der Verein und der Trainerstab sind jedes Jahr auf’s neue in einer schwierigen Lage. Der Klub aus Baden-Württemberg operiert finanziell jedes Jahr am Limit und liegt ein Niveau unter München, Berlin, Bamberg und Ulm.

Nach einer überaus guten Saison 17/18 auch mal eine schwächere zu erleben, liegt in der Natur der Sache und beugt sich den Umständen des Marktes.

Die personelle Fluktuation im Kader ist gang und gäbe. Für etwas weniger Salär und kurze Laufzeiten wird viel Spielzeit angeboten. Dazu gehört aber, dass jeden Sommer bei Null angefangen wird, da Spieler wie Johannes Thiemann den Verein verlassen. Eine Struktur, die auch der Vorsitzende, Alexander Reil, jüngst in einem Interview in der Stuttgarter Zeitung auf den Prüfstand stellt. Anstatt zehn Mal die gleiche Summe für Spieler eher fünf Mal mehr und fünf Mal weniger.

Die komplette Schuld sieht John Patrick indes nicht bei den Spielern: „Ich habe einen schlechten Job beim Recruiting gemacht und einige Spieler falsch eingeschätzt,“ so der Coach, der für die Zusammensetzung des Kaders hauptverantwortlich ist. Einen Sportdirektor existiert in Ludwigsburg nicht. Ein Modell, das andernorts sportlichen Erfolg erntet. Dagegen sprach sich Reil aus. Aus seiner Sicht sollte der Trainer den Kader zusammenstellen, „da er ja auch den Kopf hinhalten muss, wenn es nicht läuft.“

Es lief nicht und Patrick erkennt Fehler bei sich selbst, sagt aber auch, dass die Charaktere nicht ins Konzept gepasst haben: „Manche Spieler verstanden prinzipielle Dinge einfach nicht. Im Interview und bei den Vertragsverhandlungen gaben sich einige Spieler anders, als sie am Ende waren.“

Der Coach ist während des Telefonats auf dem Weg zu einem NBBL-Tryout und stürzt sich bereits wieder ins Getümmel. In diesem Jahr gibt es mehr Zeit für den Aufbau eines neuen Teams. Und ein neues soll es werden. Von Vereinsseite wurde signalisiert, einen Strich unter die Saison und diesen Kader zu ziehen. Nur zwei Spieler besitzen einen Vertrag für die kommende Saison – etwaige Optionen nicht mit eingeschlossen. Nichts spricht dagegen, dass die MHP RIESEN in der kommenden Spielzeit wieder zu alter Stärke zurückfinden. Die Galionsfiguren bleiben an Bord – primär der Trainer, der den Stil und die Philosophie des Vereins geformt hat.

Wenn diese Saison aber für eines gut war, dann für die Erkenntnis, dass diese Philosophie nicht immer funktionieren wird. Der Spielraum für Fehler ist gering. Alles muss klappen, damit ein Platz unter den besten acht in der Bundesliga möglich ist. In diesem Jahr klappte nicht alles. „Mit all dem Nonsens hatten wir eine gute Saison“, attestiert der Coach, zeigt damit aber auch, dass die Umstände dafür als Ausrutscher betrachtet werden.

John Patrick ist zu einem erfolgreichen Trainer geworden, weil er ein System etabliert und Dagewesenes aufgebrochen hat. Er hat Neuerungen geschaffen und war mutig, sie gegen Widerstände durchzusetzen. Diese Attitüde sollte er wiederfinden. Der Klub hat die Chance, sich neu zu aufzustellen. Nicht komplett – Patricks Spielphilosophie ist ein Anker. Dieser hat den MHP RIESEN stellenweise gefehlt, da Fluktuation und Umbrüche keine Konstanz ermöglichten. Neben dem Trainer müssen auch die Spieler eine Konstante des Klubs werden. Nach außen hin für die Fans, nach innen für die Umsetzung der Philosophie. Ziehen die MHP RIESEN Ludwigsburg aus dieser Saison strukturell und menschlich die richtigen Schlüsse, können sie vielleicht noch mehr erreichen als das, was hinter ihnen liegt.

Robert Jerzy

Basketball Champions League: Ludwigsburg verliert zu Hause gegen Bandirma

Die MHP RIESEN Ludwigsburg haben zum Rückrunden-Auftakt der Basketball Champions League ihr Heimspiel gegen Banvit BK 76:88 verloren. Trotz der Niederlage gab´s bei den Schwaben auch eine positive Nachricht: Ariel Hukporti feierte in der Schlussphase der Partie sein Profi-Debüt.

Zum Start der Begegnung konnte man den MHP RIESEN Ludwigsburg die Wichtigkeit und Nervosität der Partie regelrecht anmerken. Die Schwaben starteten verhalten – und kamen in ihren ersten vier Aktionen nicht zum Korberfolg (0:5, 3. Spielminute). Wenige Sekunden nach seiner Einwechslung war es dann ausgerechnet Neuzugang Clint Chapman, der von jenseits der 6,75-Meter-Linie den Bann brach. Der US-Amerikaner blieb in den folgenden Minuten einer der Aktivposten im schwäbischen Spiel – und zwang Gästecoach Ahmet Gürgen zur Neujustierung seines Teams (16:12, 6.). Auch in der Folge an die erste Auszeit der Türken blieb Ludwigsburg weiter am Drücker. Grundlage hierfür war, wie so oft in dieser Spielzeit, keinesfalls die Defensive, sondern eine griffige Vorstellung am offensiven Ende des Parketts (25:20, 10.).

Nach einem weitestgehend akzeptablen ersten Spielabschnitt erwischten die Ludwigsburger im zweiten Viertel einen schwachen Start. Bandirma nutzte die sich bietenden Gelegenheiten, übernahm alsbald wieder die Führung (27:31, 13.) und festigte diese zum Leidwesen der Hausherren. Zum richtigen Zeitpunkt kämpften sich die MHP RIESEN, angeführt durch Owen Klassen, dann aber wieder ins Spiel. Der kanadische Big Man machte all seine Punkte in dieser Phase der Partie. Seine Mannschaft agierte nun wieder auf Augenhöhe, verpasste aber zahlreiche Gelegenheiten, um das Heft des Handelns zu übernehmen – und lag zur Halbzeitpause etwas im Hintertreffen (37:41, 20.).

Offene Partie mit schlechterem Ende für Ludwigsburg

Während die Ludwigsburger bereits in Halbzeit eins nur äußerst schwer aus den Startblöcken kamen, taten sie sich auch nach dem Seitenwechsel schwer. Deshalb mussten die Schützlinge von Headcoach John Patrick erneut abreißen lassen und sich mühsam in die Partie zurück beißen. Als besonders aktiver „Beißer“ machte sich bei diesem Unterfangen Lamont Jones bemerkbar. Der US-amerikanische Guard übernahm in der Offensive gerne Verantwortung – und hielt seine Farben damit im Spiel. Wirklich mit Ruhm bekleckern konnten sich seine Teamkollegen aber auch im weiteren Viertelverlauf nicht. Die MHP RIESEN produzierten diverse Turnover und waren die etwas schlechtere von zwei schwachen Mannschaften (59:63, 30.).

Im genau richtigen Moment, nämlich zum Start des vierten Viertels, rissen sich die Hausherren dann endgültig zusammen, versammelten durch ihren Einsatz die Zuschauer hinter sich – und erspielten sich die Führung. Doch auch diese währte nicht lange. Bandirma ließ sich nicht irritieren und tat das, was an diesem Abend nötig war. Sie zwangen Ludwigsburg aus der Komfortzone und entschieden mit einem 22:2-Lauf die Partie. In der Schlussphase der Partie bekamen die MHP RIESEN kein Bein mehr aufs Parkett und verloren das Spiel verdientermaßen 76:88.

Trotz dessen, dass die letzten Minuten eher frustrierend verliefen, gab es auch zum Ende der Partie noch Grund zur Freude: Ariel Hukporti, mit 16 Jahren das jüngste (Center-)Juwel im Kader, feierte sein Pflichtspieldebüt und markierte 4 Punkte.

Statements und Stats

Ahmet Gurgen: „Wir wussten, dass wir heute auf einen starken und gut vorbereiteten Gegner treffen. Ludwigsburg hat die letzten beiden Spiele gewonnen und ist besonders am defensiven Ende immer gefährlich. Es war heute ein enges, knappes und spektakuläres Spiel. Die Führung wogte hin und her. Wir haben aber gut und konzentriert gespielt und uns deshalb den Sieg verdient.“

John Patrick: „Wir haben heute zwei Gesichter gezeigt… Aber erst einmal Glückwunsch an Bandirma. Sie haben heute besser zusammengespielt – und waren in der Crunchtime das deutlich bessere Team. Wir haben zeitweise gut zusammengespielt und sind defensiv sehr gutgestanden. Gleichzeitig haben wir viel zu oft den Ball verloren und zu soft agiert. Diese Phasen haben uns das Spiel gekostet.“

MHP Riesen

Für Ludwigsburg spielten: Lamont Jones 22 Punkte, Kelan Martin 14/10 Rebounds, Clint Chapman 12, Donatas Sabeckis 9, Jordon Crawford 5, Owen Klassen 4/9, Quirin Emanga Noupoue 4, Ariel Hukporti 4, Adam Waleskowski 2, Christian von Fintel, Karim Jallow und Lukas Herzog.

Für Bandirma spielten: Alex Perez 18 Punkte, Ismail Em Ulusoy 15, Sehmus Hazer 13, Devin Oliver 12, Jordan Morgan 11/10 Rebounds, Ridvan Oncel 9, D.J. Shelton Jr 8, Ragip Atar 2 und Ercan Osmani.

Deutsche Basketball Nationalmannschaft in Ludwigsburg

Am Montag, 3. Dezember 2018, empfängt die deutsche Basketball-Nationalmannschaft Estland zum zehnten Spieltag der WM-Qualifikation in Ludwigsburg (Spielbeginn 20.00 Uhr). Gespielt wird dann in der MHP Arena.

„Mit Ludwigsburg haben wir einen idealen Standort für die kommende Aufgabe gegen Estland gefunden. Ich bin mir sicher, dass die Ludwigsburger Fans uns ordentlich unterstützen und so der Partie eine großartige Kulisse geben werden“, erklärte DBB-Vizepräsident Armin Andres.

Auch Alexander Reil, erster Vorsitzender der MHP RIESEN Ludwigsburg, zeigt sich begeistert: „Eine erfolgreiche Nationalmannschaft ist ein wichtiger Treiber für die Weiterentwicklung des Basketballsports in Deutschland. Ludwigsburg ist ein Traditionsstandort des deutschen Basketballs. Deshalb freuen wir uns, dass ein WM-Qualifikationsspiel in Ludwigsburg stattfindet und damit auch einen würdigen Rahmen erhält.“

Die DBB-Herren waren bisher in allen acht Qualifikationsspielen siegreich und haben mit dem spektakulären 112:98-Erfolg gegen Israel vorzeitig die Qualifikation zum World Cup 2019 in China geschafft. Jetzt geht es darum, für die Setzliste eine möglichst gute Position in der Gruppe zu erreichen. Estland konnte bisher lediglich zwei Spiele gewinnen und hat keine Qualifikationschance mehr. Vor wenigen Tagen siegte die DBB-Auswahl in Estland mit 86:43.

Die DBB-Herren trafen bisher insgesamt zehn Mal auf Estland. Acht Spiele davon konnten die Deutschen für sich entscheiden. Eine Niederlage gegen das kleine Land vom Baltikum wird dem ein oder anderen jedoch sicherlich noch in Erinnerung sein. In der Vorrunde der EM 1993 bezwangen die Esten in einem spektakulären Spiel die Deutschen mit 113:103 in Berlin, damals übrigens noch mit Bundestrainer Henrik Rödl als Spieler. Dass Deutschland am Ende des Turniers überraschend den Europameistertitel gewinnen würde, war nach dieser Niederlage wirklich nicht abzusehen.

 

INFO: Bisher trugen die DBB-Herren zwischen 1976 und 1988 insgesamt fünf Länderspiele in Ludwigsburg aus. Dabei ging Deutschland zwei Mal als Sieger und drei Mal als Verlierer vom Parkett. Das bisher letzte Spiel (EM-Qualifikation) in Ludwigsburg am 24. November 1988 gegen Bulgarien ging verloren (96:105). Nach mehr als 30 Jahren kehrt der DBB nun nach Ludwigsburg zurück. Gespielt wird dann nicht mehr in der alten Rundsporthalle, sondern in der 2009 eröffneten MHP Arena. Die multifunktionale Arena mit 4.200 Sitz- und Stehplätzen ist die Heimat des Basketballbundesligisten MHP RIESEN Ludwigsburg. Johannes Thiemann ( 2016-2018 in Ludwigsburg) und Karim Jallow (seit 2018 in Ludwigsburg) dürften in Reihen der deutschen Mannschaft die Halle daher bereits bestens kennen.

Tickets für das Länderspiel in Ludwigsburg gibt es Online http://www.basketball-bund.de/tickets

Ticketpreise:
Courtside Seat = 89,00 €
PK 1 = 39,00 €
PK 2 = 32,00 €
PK 3 = 25,00 €, PK 3 ermäßigt = 21,00 €
PK 4 = 15,00 €, PK 4 ermäßigt = 13,00 €
Rollstuhlfahrer = 15,00 € (inkl. Begleitperson)

Spieltermine
Fr., 30. November 2018: Griechenland – Deutschland (World Cup Qualifier, Griechenland)
Mo., 3. Dezember 2018, 20.00 Uhr: Deutschland – Estland (World Cup Qualifier, Ludwigsburg)
Do., 21. Februar 2019: Israel – Deutschland (World Cup Qualifier, Israel)
So., 24. Februar 2019: Deutschland – Griechenland (World Cup Qualifier, Deutschland)

 

Deutscher Basketball Bund