Dieselskandal: Mercedes-Benz unterliegt teilweise vor OLG Stuttgart

Stuttgart – In einem Musterverfahren gegen Mercedes-Benz im Zusammenhang mit dem Dieselskandal hat das Oberlandesgericht Stuttgart den Klägern teilweise recht gegeben. Das teilte das Gericht am Donnerstag mit.

Demnach enthielten die streitgegenständlichen Euro-6- und Euro-5-Fahrzeuge jeweils “unzulässige Abschalteinrichtungen”. Zudem hätten Mitarbeiter des beklagten Fahrzeugherstellers in Bezug auf Euro-6-Fahrzeuge “bedingt vorsätzlich” gehandelt.

Konkret habe der zuständige Senat in Übereinstimmung mit den Rückrufbescheiden des KBA festgestellt, dass in den streitgegenständlichen Euro-6-Fahrzeugen zum Zeitpunkt der Inverkehrgabe der Fahrzeuge eine unzulässige Abschalteinrichtung in Gestalt einer sogenannten “Strategie A in vergleichbarer Ausprägung” enthalten sei, welche auch als “Bit 13” bezeichnet werde.

In den Fahrzeugen der Euro-5-Modelle sei zudem – so auch das KBA in seinen Rückrufbescheiden – zum Zeitpunkt deren Inverkehrgabe nach den Feststellungen des Senats eine unzulässige Abschalteinrichtung in Gestalt einer sogenannten Kühlmittel-Solltemperatur-Regelung (KSR) enthalten.

Der Senat habe außerdem festgestellt, dass Mitarbeiter des beklagten Fahrzeugherstellers es bis zum Zeitpunkt der Inverkehrgabe der streitgegenständlichen Euro-6-Fahrzeuge “zumindest billigend in Kauf genommen” hätten, dass es sich bei der “Strategie A in vergleichbarer Ausprägung” um eine “unzulässige Abschalteinrichtung” handele, so das OLG. Soweit die Klage darüber hinaus auf weitere Feststellungen zu einem vorsätzlichen Handeln der Musterbeklagten gerichtet war, wies der Senat die Klage ab.

Gleichfalls abgewiesen wurde die Klage, soweit der Musterkläger die Feststellung begehrte, Mitglieder des Vorstandes von Mercedes-Benz hätten den Einsatz der festgestellten unzulässigen Abschalteinrichtungen angeordnet oder gebilligt. Der klagende Verband habe “keine tatsächlichen Anhaltspunkte vorgetragen”, hieß es. Der Senat habe die Behauptung daher als “Vortrag ins Blaue hinein” nicht berücksichtigt.

Kläger in dem Verfahren war der Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV). Er begehrte im Rahmen der Musterfeststellungsklage Feststellungen im Zusammenhang mit dem Einsatz von ihm als unzulässig behaupteter Abschalteinrichtungen in einigen Fahrzeugen.

Eine Musterfeststellungsklage dient als erste Stufe der Durchsetzung von individuellen Ansprüchen von Verbrauchern, die sich einer solchen Klage anschließen. In dem Verfahren vor dem OLG, welches bereits im Juli 2022 begann, hatten sich bis Anfang Januar 2022 insgesamt 2.476 Verbraucher im Klageregister angemeldet. In dem Verfahren zum Abgasskandal ging es um tatsächliche oder rechtliche Voraussetzungen für Schadensersatzansprüche von Verbrauchern, die eines der betroffenen Fahrzeug-Modelle erworben haben. Das Musterfeststellungsurteil ist allerdings noch nicht rechtskräftig. Beiden Parteien steht das Rechtsmittel der Revision zum Bundesgerichtshof offen, die innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils einzulegen ist.

Sollte das Urteil rechtskräftig werden, müssten die betroffenen Verbraucher im nächsten Schritt ihr Recht auf Schadenersatz noch selbst durchsetzen.

red

Diesel-Rückruf bei Mercedes-Benz: Über 100.000 Fahrzeuge betroffen

Stuttgart – Mehr als acht Jahre nach Beginn des Diesel-Skandals muss Mercedes-Benz wieder Autos zurückrufen. Betroffen seien über 100.000 Fahrzeuge allein in Deutschland, die ein Softwareupdate aufgespielt bekommen müssen, berichtet der “Spiegel”. Nach Informationen des Nachrichtenmagazins und des Bayerischen Rundfunks hat das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) im Dezember einen entsprechenden Bescheid ausgestellt.

Der Stuttgarter Autokonzern schreibt die Halter der Modelle mit den Schadstoffklassen Euro 5 und 6b demnach derzeit an; wer nicht reagiert, dem droht die Stilllegung seines Fahrzeugs. Der Grund für den Rückruf liegt bei der Abgasreinigungsanlage der Diesel: Die betreffenden Autos reduzieren bei tieferen und höheren Temperaturen das Reinigungssystem, was zu deutlich erhöhten Stickoxid-Emissionen führt. In der Fachwelt wird das als sogenanntes Thermofenster bezeichnet.

Viele Autokonzerne haben ihre Abgasreinigung auf diese Weise angepasst. Mercedes-Benz rechtfertigt dies damit, dass sie bislang nicht von den Behörden beanstandet worden war: “Noch bis zu dem EuGH-Urteil haben die europäischen Typgenehmigungsbehörden entsprechende Temperatursteuerungen der Abgasrückführung generell für zulässig gehalten”, sagte eine Sprecherin des Autoherstellers auf Anfrage von “Spiegel” und BR. Man kooperiere vollumfänglich mit dem KBA. Kunden würden schriftlich darüber informiert, wenn ihr Fahrzeug Teil der KBA-Anordnung sei und noch ein Softwareupdate bei einem Service-Partner aufgespielt werden müsse, so die Sprecherin weiter. In Deutschland betreffe das voraussichtlich eine niedrige sechsstellige Anzahl von Fahrzeugen.

Auf einer Website des Konzerns erhalten die Halter zusätzliche Informationen. Sie können dort mit der Fahrgestellnummer nachprüfen, ob auch ihr Diesel betroffen ist. Die Rückruf-Aktion des KBA ist verpflichtend für die Fahrzeughalter.

Reagiert der Besitzer auf die Schreiben des Konzerns nicht, dann droht ihm die Stilllegung des Fahrzeugs. Dies erfolgt aber erst nach mehrmaliger Aufforderung des zuständigen Landratsamts frühestens eineinhalb Jahre nach Beginn der Maßnahme, teilte Mercedes-Benz mit.

red

Neue Chance für Autobesitzer: BGH senkt Hürden für Schadensersatzklagen im Diesel-Skandal

Karlsruhe – Im Zusammenhang mit dem Diesel-Abgasskandal hat der Bundesgerichtshof (BGH) die Hürden für Schadenersatzansprüche von betroffenen Autobesitzern deutlich gesenkt. Laut einem am Montag verkündeten Urteil der Karlsruher Richter reicht mit Blick auf sogenannte Thermofenster bereits ein fahrlässiges Handeln der Hersteller für eine Entschädigung aus. Geklagt hatten in dem Musterverfahren Autobesitzer gegen drei führende Autohersteller in Deutschland.

Das Grundsatzurteil könnte dem Vernehmen nach eine neue Klagewelle auslösen. Der BGH vollzog mit der Entscheidung eine Kehrtwende: Bisher hatte das Gericht einen Anspruch auf Schadenersatz nur bei “vorsätzlicher und sittenwidriger Schädigung” anerkannt. Ein vor wenigen Monaten verkündetes Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) führte aber jetzt zu der Anpassung der Rechtsprechung.

Die Luxemburger Richter hatten unter bestimmten Umständen einen Anspruch auf Schadenersatz für Käufer von Dieselfahrzeugen bejaht, wenn sogenannte Thermofenster zur Abgasreinigung in ihren Autos verwendet werden. Voraussetzung ist demnach, dass dem Käufer durch diese Abschalteinrichtung ein Schaden entstanden ist. Der BGH verwies die entsprechenden Verfahren am Montag an die Berufungsgerichte zurück.

red

Kommen jetzt Fahrverbote auf Ludwigsburg zu?

Der Luftreinhalteplan für Ludwigsburg muss überarbeitet werden

Der Verwaltungsgerichtshof (VGH) hat im Anschluss an die mündliche Verhandlung vom 26. November einer Klage der Deutschen Umwelthilfe (DUH) auf Fortschreibung des Luftreinhalteplans des Landes für Ludwigsburg wegen langjähriger Grenzwertüberschreitungen bei Stickstoffdioxid (NO2) stattgegeben.

Das Land und die Stadt Ludwigsburg hatten vorgetragen, mit der im September 2019 wirksam gewordenen 2. Fortschreibung des Planes sei der Anspruch auf schnellstmögliche Einhaltung des Grenzwerts von 40 Mikrogramm/Kubikmeter erfüllt, da die darin vorgesehenen Maßnahmen, zu denen insbesondere Dieselfahrverbote nicht gehörten, nach aus ihrer Sicht zutreffenden Prognosen zur Einhaltung des Grenzwertes ausreichten. Dieser Auffassung ist der Senat nicht gefolgt und hat das Land zu einer Neuplanung nach Maßgabe seiner Entscheidungsgründe verurteilt.

Somit hat das höchste Verwaltungsgericht in Baden-Württemberg Klage der Deutschen Umwelthilfe wegen langjähriger Überschreitung des Grenzwertes für Stickstoffdioxid in Ludwigsburg stattgegeben.

Die Entscheidungsgründe liegen derzeit noch nicht vor, sie werden voraussichtlich noch im Lauf dieses Jahres bekanntgegeben.

Gegen das Urteil ist die Revision zum Bundesverwaltungsgericht möglich, die der VGH wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen hat (10 S 2741/18).

Deutsche Umwelthilfe im Gespräch mit Ludwigsburger Verwaltungsspitze

Ludwigsburgs Oberbürgermeister Dr. Matthias Knecht, Bürgermeister Michael Ilk sowie Matthias Knobloch, Fachbereichsleiter für Nachhaltige Mobilität, trafen sich vergangenen Donnerstag zu einem Gespräch mit Jürgen Resch, dem Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe (DUH).

Im Mittelpunkt des Austauschs standen Maßnahmen, die zu einer besseren Luft in Ludwigsburg beitragen. „Wir konnten in einer sehr offenen und konstruktiven Atmosphäre diskutieren und mögliche Lösungsvorschläge für Ludwigsburg besprechen“, lobt Oberbürgermeister Knecht.

Konkret ging es dabei um Möglichkeiten, den Stickstoffdioxid-Wert in Ludwigsburg zu reduzieren. Die Stadt arbeitet dafür an einer Verbesserung des öffentlichen Personennahverkehrs, etwa durch Busbeschleunigung, um mehr Menschen zu einem Umstieg auf öffentliche Verkehrsmittel zu bewegen. Weitere Optionen sind die Reduzierung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit, um den Schadstoff-Ausstoß zu senken.

Verschärfte Abgastests ab September: VW sieht sich gerüstet

Gibt es wieder ein böses Erwachen für die Autobauer? Denn am 1. September werden die Verbrauchs- und Abgastests erneut verschärft. Beim letzten Mal im vergangenen Jahr fielen einige auf die Nase, Volkswagen erlebte ein regelrechtes WLTP-Debakel.

Angeblich sind die Niedersachsen nun aber besser vorbereitet. Ein Sprecher sagte dem “kfz-Betrieb”: “Zum 1. September werden voraussichtlich bis auf wenige Ausnahmen alle Motor-Getriebe-Varianten auf die neue Emissionsnorm Euro 6d-TEMP-EVAP-ISC umgestellt sein.”

2018 stockten die Zertifizierungen, was dazu führte, dass mehrere Monate lang Ware fehlte. Diverse Modellvarianten konnten über einen längeren Zeitraum nicht bestellt werden. “Wir kommen bei der Umstellung unserer Modellpalette auf die zweite WLTP-Stufe gut voran, die Effekte werden deutlich geringer ausfallen als letztes Jahr. Die Bestellbarkeit wird nur bei einigen wenigen Motor-Getriebe-Varianten kurzfristig beeinträchtigt sein”, so der VW-Sprecher weiter.

Tatsächlich sind einige Modelle im Konfigurator für das Modelljahr 2020 erhältlich, darunter der Polo, der Passat oder der Sharan, derzeit fehlt allerdings noch der Golf, von dem im Herbst die achte Generation auf den Markt kommen soll. “Weitere Modelle und Motor-Getriebe-Varianten bei den oben genannten Modellen folgen sukzessive in den kommenden Wochen”, so der VW-Sprecher. mid/arei

Schock: EU verschärft CO2-Grenzwerte

Die EU schockt die Automobilindustrie kurz vor Weihnachten mit einer deutlichen Verschärfung der bisherigen CO2-Grenzwerte. Der Kohlendioxid-Ausstoß von Neuwagen soll bis 2030 um 37,5 Prozent im Vergleich zu 2021 sinken. Auf diese Kompromiss-Lösung haben sich jetzt die EU-Staaten und das Europaparlament in Brüssel geeinigt.

Für leichte Nutzfahrzeuge wurde eine CO2-Reduktion um 31 Prozent vereinbart. Für beide Fahrzeugklassen, also Pkw und Nutzfahrzeuge, soll bis 2025 eine Minderung um 15 Prozent als Zwischenetappe erreicht sein.

Bisher ist in der EU verbindlich festgelegt, dass Neuwagen im Flottendurchschnitt 2021 nicht mehr als 95 Gramm Kohlendioxid pro Kilometer ausstoßen sollen. Von dieser Basis aus soll die jetzt ausgehandelte Senkung folgen. Der europäische Durchschnitt lag zuletzt bei 118,5 Gramm.

Und wie reagiert die Autobranche auf den aktuellen Beschluss? “Die deutsche Automobilindustrie steht für eine emissionsfreie Zukunft der Mobilität. Sie muss aber bezahlbar und umsetzbar sein”, sagt Bernhard Mattes, Präsident des Verbandes der Automobilindustrie (VDA), zum Brüsseler Kompromiss. Das Ergebnis schaffe seiner Meinung nach zu wenig Impulse für neue Technologien: Niemand wüsste heute, wie die beschlossenen Grenzwerte in der vorgegebenen Zeit erreicht werden können, so Mattes: “In keinem anderen Teil der Welt gibt es vergleichbar scharfe CO2-Ziele. Damit wird die europäische Automobilindustrie im internationalen Wettbewerb stark belastet.”

Das Ziel einer emissionsfreien Mobilität müsse im Einklang stehen mit dem Ausbau der Infrastruktur, einer ausgewogenen Industriepolitik und sachgerechten Maßnahmen zur Beschäftigungssicherung, erläutert der VDA-Präsident. Diese Balance lasse das Ergebnis vermissen. “Das schwächt den Industriestandort Europa und gefährdet Arbeitsplätze. Klimaziele sind nur dann wirksam, wenn sie erfüllbar sind”, so Mattes.

Experten gehen davon aus, dass die neuen Grenzwerte nur zu schaffen seien, wenn Hersteller neben Diesel und Benzinern immer mehr lokal emissionsfreie Fahrzeuge wie reine Elektroautos oder Brennstoffzellen-Autos verkaufen. Dafür müssten sie aber ihre Produktion und Strategie komplett umgestalten. Alles in allem also weiter dicke Luft, wenn es um die Klimaziele geht. mid/rlo

Achtung Abzocke: Verbraucherzentrale warnt vor Diesel-Helfern

Fahrverbote, Nachrüstungen Preisverfall – der Dieselskandal verunsichert Autofahrer derzeit in ganz Deutschland. Das machen sich Betrüger zu Nutze, warnt die Verbraucherzentrale Bayern.

Im Internet seien unseriöse Portale zu finden, die Hilfe für betroffene Dieselfahrer versprechen, teilen die Verbraucherschützer mit. Und so funktioniert die Masche: Die Betreiber stellen hohe Schadenersatzsummen in Aussicht, die sie beim jeweiligen Hersteller durchzusetzen versprechen. “Bei derartigen Angeboten ist nicht immer klar, welche konkrete Leistung erbracht wird”, warnt Tatjana Halm, Rechtsexpertin der Verbraucherzentrale Bayern.

Nach Erteilen einer Vollmacht erhielten Verbraucher statt Schadenersatzes eine hohe Rechnung für erfolglose Inkassodienste. Begründung der zweifelhaften Portale: Der Autohersteller hätte eine außergerichtliche Einigung verweigert, trotzdem seien Kosten entstanden, die nun in Rechnung gestellt werden müssten.

“Der Verbraucher wird unserer Ansicht nach im Vorfeld nicht ausreichend darauf hingewiesen, dass ihm Inkassokosten berechnet werden”, so die Juristin Tatjana Halm. “Es ist auch nicht nachvollziehbar, ob das Online-Portal überhaupt eine Leistung erbracht und sich mit dem Autohersteller in Verbindung gesetzt hat.” Die Verbraucherzentrale Bayern rät deshalb, derartige Angebote sorgfältig zu lesen und keine Fall zweifelhafte Vollmachten zu unterschreiben. mid/Mst