Agrardiesel nicht streichen: Bauernpräsident warnt vor neuen Protesten

Berlin – 100 Tage nach dem Beginn der großen Bauernproteste droht Bauernpräsident Joachim Rukwied mit der Rückkehr der Traktoren.

Der “Neuen Osnabrücker Zeitung” sagte Rukwied: “Der Agrardiesel darf nicht gestrichen werden.” Es brauche “eine faire Lösung” für deutsche Landwirte beim Thema Diesel, die ansonsten im europäischen Wettbewerb benachteiligt werden würden. Rukwied verwies auf Belgien, wo Agrardiesel gar nicht besteuert werde. Der Bauernpräsident mahnte die Politik, auf die Forderung einzugehen: “Wenn es notwendig wird, sind wir sehr schnell wieder auf der Straße. Was das bedeutet, haben wir im Winter gezeigt. Da lassen wir nicht locker.”

Anfang des Jahres hatten geplante Subventionskürzungen im Bereich der Landwirtschaft zu massiven Protesten gesorgt. Am 8. Januar versammelten sich Bauern und andere Unternehmer vor dem Brandenburg Tor in Berlin, um gegen die Politik der Ampel-Regierung zu demonstrieren. Bundesweit kam es in der Folge immer wieder zu Aktionen. Die Ampel nahm daraufhin Teile der Kürzungen zurück, die Agrardiesel-Streichung soll aber schrittweise zum Jahr 2026 kommen. Bislang können sich Landwirte die Energiesteuer für Diesel teilweise zurückerstatten lassen – mit einer Vergütung von 21,48 Cent pro Liter.

red

Der letzte König von Württemberg und was historische Persönlichkeiten wie Pfizer und Daimler mit Ludwigsburg verbindet

Tipps für den Osterspaziergang: unbekannte historische Plätze in Ludwigsburg

Von Uwe Roth

Das Grab des letzten Königs von Württemberg

In Ludwigsburg geht man an vielen historischen Orten achtlos vorüber. Man übersieht sie einfach. Nur Eingeweihte wissen, dass die Barockstadt mehr zu bieten hat als das Residenzschloss und den Marktplatz. Ostern im Lockdown ist die Gelegenheit, sich ein paar der geschichtsträchtigen Plätze bewusst zu betrachten. Sie sind alle öffentlich zugänglich und zugegebenermaßen auf den ersten Blick unscheinbar. Ihren besonderen Reiz erhalten die Ausflugstipps für den Osterspaziergang, wenn man einige Hintergründe kennt. Dann erscheinen sie in einem anderen Licht.

Das Grab des letzten Königs von Württemberg. Bild: Uwe Roth

So weiß kaum jemand, dass in Ludwigsburg der letzte König Württembergs begraben liegt. Königstreue Briten wären entsetzt, wüssten sie, wie die Schwaben ihren einstigen Monarchen Wilhelm II. von Württemberg (geboren 1848) nach seinem Tod 1921 links liegen ließen. Auf dem Alten Friedhof liegt die Grabstätte. Am Eingang steht kein Hinweisschild, das auf die Gedenkstätte aufmerksam macht. Nicht einmal Google Maps weiß Bescheid. Das Mausoleum, das in der Mitte des 1761 angelegten Friedhofs alle Blicke auf sich zieht, ist jedenfalls nicht das Königsgrab. Dort liegen die Gebeine des Karls von Zeppelin (1766-1801). Das ist eine andere Geschichte. Kommt man von der Harteneckstraße in die parkähnliche Anlage mit den verwitterten Grabsteinen geht es gleich nach dem Tor links (!) weg zum Königsgrab. Es ist mit Büschen umrahmt. Im Zentrum steht ein weißes Kreuz aus Carrara-Marmor, vor einem gotischen Torbogen, der an eine Kapelle erinnern soll. Um aber zu erkennen, wer dort beerdigt ist, muss ganz nah heran, um auf dem Sockel die Namen entziffern zu können.

Auf der Vorderseite steht an prominentester Stelle: Christoph Ulrich Ludwig – Prinz von Württemberg – geb. 28. Juli, gest. 28. Dezember 1880. Ein fünf Monate alter Säugling liegt hier in der Erde. Folglich kann es der letzte König nicht sein. Es ist der Sohn Wilhelms des Zweiten. Für ihn ließ der König die Grabstätte anlegen. Davor fand der württembergische Adel die letzte Ruhe in einer Gruft im Ludwigsburger Schloss.

Der Name des letzten von vier Königen, die Württemberg hatte, ist unauffällig auf der linken Sockelseite eingraviert: geb. 25. Febr. 1848, gest. 2. Okt. 1921. Der Steinmetz hatte nicht genug Platz, die Monatsnamen auszuschreiben. Die verwitterte Gravur ist die letzte öffentlich zugängliche Erinnerung an den Mann, der nach dem Ersten Weltkriegs am 29. November 1918 freiwillig die Königswürde verzichtete. Die letzten drei Jahre lebte er abwechselnd in Bebenhausen und Friedrichshafen am Bodensee.

 

Die Grüne Bettlade – der kleine Campingplatz des Herzogs

Ein Vorfahre des letzten Königs hat ebenfalls Spuren außerhalb der Schlossanlage hinterlassen. Herzog Eberhard Ludwig (1676-1733) hatte vor mehr als 300 Jahren das Privileg, auf dem höchsten Punkt Ludwigsburgs in exponierter Lage nach Lust und Laune campen und Feste feiern zu können. Heute ist „mehrtägiges Zelten“ an gleicher Stelle eine Ordnungswidrigkeit. 1988 erklärte das Landratsamt den „Salonwald und Umgebung“ zum Landschaftsschutzgebiet. Die Grüne Bettlage, wie der herzögliche Zeltplatz seit jeher heißt, bildet die südwestliche Ecke der Ludwigsburger Schlossgärten. Die Anlagen beschränken sich unter landschaftlichen Gesichtspunkten bei weitem nicht auf das 30 Hektar große Gelände, das seit den 1960er Jahren das Blühende Barock einnimmt.

Die Königsallee in Ludwigsburg. Bild: Ludwigsburg24

Der Stadtgründer und sein Nachfolger Herzog Karl Eugen hatten das Gebiet östlich der heutigen Stuttgarter-/Schlossstraße nach und nach zur Partymeile ausgebaut. Sie beginnt mit dem Favoritenschloss im Norden, bezog den östlichen Schlossgarten mit der Oper ein und weitete sich bis in den Süden aus, dort wo heute der Salonwald an der Grenze zu Kornwestheim endet. Zutritt hatte aber nur der höfische Adel. Die frühen Einwohner hatten sich um den Aufbau der Stadt zu kümmern.

Die Grüne Bettlade ist ein historischer Ort, der in der Stadt kaum Beachtung findet. Dabei war dort das höfische Treiben nicht weniger turbulent als in der offiziellen Residenz. Das Gartendenkmal ist unscheinbar. Es ist ein wenige Quadratmeter großer rechteckiger Platz am oberen Ende der Königsallee – 1,3 Kilometer in gerader Linie vom Residenzschloss entfernt. Vier akkurat geschnittene Hecken in L-Form umgeben den Kiesboden. Vier Bänke stehen dort. Das war’s. Bettlade bezeichnet eine Kastenform zum Schlafen. Der Begriff erinnert mehr an ein Bauernmuseum als an eine Luxusherberge.

Herzog Eberhard Ludwig ließ den luftigen Schlafplatz bereits 1707 anlegen. Da war vom Schloss wenig und von der Stadt gar nichts zu sehen. Um zu verstehen, warum er sich gerade dieses grüne Fleckchen ausgewählt hat, muss man wissen, dass es den Salonwald nicht gegeben hat. Es war eine weitgehend kahle Anhöhe auf 300 Meter, die einen fantastischen Rundumblick ins sein Württemberg bot. In der Oberamtsbeschreibung aus dem Jahr 1859 wird der Blick von der Grünen Bettlade so beschrieben: „Vermöge der hohen Lage ist die Aussicht von dem Salon überraschend schön und reicht bis an die Alp (Hohenneuffen, Beurener Felsen etc.) in das Neckarthal, über die Filder hinweg an den Schönbuch, zur Solitude, an die Ausläufer des Schwarzwaldes, über den Schurwald, Welzheimer und Mainharder Wald, an den Wunnenstein, den Stromberg, Heuchelberg, Asperg und im fernen Hintergrund ragen noch einzelne Punkte des Odenwalds (der Katzenbuckel etc.) hervor.“

 

Der geschäftstüchtige Apotheker, dessen Namen die ganze Welt kennt

Im 19. Jahrhundert lebten in Ludwigsburg einige kreative Köpfe, an die heute kaum noch einer denkt. Einer wohnte Ecke Wilhelm-/Schlossstraße. Karl Pfizer wurde dort am 22. März 1824 geboren. Sein Vater war Konditormeister und Kolonialwarenhändler. Pfizer machte eine kaufmännische Ausbildung und erlernte zusätzlich als Apothekerlehrling den Beruf eines Feinchemikers. 1848 reiste er erstmals nach New York City. Mit seinem Cousin Charles Erhart baute er in der neuen Welt nach und nach einen Pharmakonzern auf, der heute zu den weltweit größten und kapitalstärksten zählt, der noch den Namen Pfizer trägt, aber Faiser ausgesprochen wird.

Gedenktafel an der Stelle des Geburtshauses in Ludwigsburg Foto: Florian Hoffmann / CC BY-SA 3.0 de

In den Anfangsjahren blieben die familiären Verbindungen zwischen den USA und Ludwigsburg eng: 1856 heiratete Charles Erhard in Ludwigsburg eine Schwester von Charles Pfizer. Damit war Erhart zugleich auch Schwager seines Vetters Pfizer. Bei einem späteren Besuch in Ludwigsburg lernte Charles Pfizer Anna Hausch kennen und heiratete 1859 ebenfalls in Ludwigsburg. Pfizer starb 1906 in den USA. Vor 150 Jahren war die Ecke Wilhelm-/Schlossstraße eine erste Adresse in der Stadt. Jetzt liegt diese an der lärmgeplagten Kreuzung mit der Schlangenskulptur in der Mitte.

Karl Pfizer. Bild: wikipedia

Das Geburtshaus von Karl Pfizer ließ die Stadt Anfang der 1970er Jahren abreißen und durch einen hässlichen Betonbau ersetzen – einer der vielen Bausünden der Ludwigsburger aus dieser Zeit. So kommt niemand auf die Idee, welche bemerkenswerte Firmengeschichte an diesem Ort ihren Beginn hat. Stünde das Geburtshaus noch, wäre es sicher zu einem Gedenkmuseum geworden. Schließlich wurde bei Pfizer das revolutionäre Potenzmittel Viagra entwickelt. Pfizer gehört zu den größten Produzenten eines von BioNTech entwickelten Impfstoffs gegen den Covid19-Virus. Gäbe es in Ludwigsburg ein Pfizer-Museum, wäre es spätestens nach Corona eine touristische Pilgerstätte.

 

Schiffsbau in Hoheneck: Wo Daimler sein erstes Motorboot bauen ließ

Die Neckarbrücke, die die beiden Ludwigsburger Stadtteile Hoheneck und Neckarweihingen verbindet, kennen so ziemlich alle Autofahrenden. An einem alten Gebäude, das auf einer Verkehrsinsel steht, fahren sie achtlos vorbei. Auch das könnte heute ein kleines Museum sein. Tatsächlich hat es dort zwischen 1858 und den 1960er Jahren eine kleine Werft gegeben, die so sogar Bootsgeschichte schrieb. Den Beleg dafür findet sich nicht am Neckar, sondern 270 Kilometer südöstlich von Hoheneck – im Deutschen Museum München. In der Abteilung Schifffahrt ist das erste Motorboot im Original zu sehen, das Gottlieb Daimler 1885 konstruierte. In den Erläuterungen zum Ausstellungobjekt steht: „Das auf der Werft G. Seibert in Hoheneck bei Ludwigsburg gebaute 4,5 Meter lange Fahrzeug fasste fünf Personen.“ Im August 1886 schwamm das Boot zum ersten Mal auf dem Neckar und erreichte eine Geschwindigkeit von zehn Kilometer in der Stunde. Es war weltweit das erste Motorboot, das tatsächlich längere Strecken zurücklegen konnte. Zwei Exemplare ließ Daimler in Hoheneck bauen.

Gottlieb Daimler. Bild: wikipedia 

Seiberts Schiffsbau hatte seinen Sitz seit 1858 in Hoheneck. Die Boote wurden auf Bestellung gebaut. Ruderboote, Paddelboote, Faltboote, Segel- und Transportboote. Mit 30 Metern lief 1930 das längste vom Stapel. Stocherkähne für die Fischer wurden bis Tübingen geliefert, wo sich Studenten damit Rennen lieferten.  Die Werft schien jedoch selten eine Einkommensquelle zu sein, auf die sich die Familie verlassen konnte. Die Seiberts bauten Anfang des 20. Jahrhunderts ein Mehrgenerationenhaus mit verschiedenen Anbauten, das vielen Zwecken dienen musste. Das einstmals repräsentative Gebäude an der Neckarbrücke war Firmensitz, Werkstatt, Wohnraum für die Großeltern, seine Eltern, Onkel und Tante. Im Erdgeschoss war ein Café, das Paddlerstüble, im Obergeschoss schliefen Kurgäste. Eine zufällig entdeckte Kochsalzquelle machte Hoheneck vor 100 Jahren zu einem florierenden Kurort mit Kurhaus und Hotels. Auch die Seiberts profitierten von dem Heilwasser. Die Familie hat das Haus samt umliegendem Grundstück Ende der 1960er Jahre an die Stadt verkauft. Heute ist das Gebäude von Verkehrslärm umgeben. Nichts erinnert an die Bootsvergangenheit. Dass sich Kurgäste auf dem umlaufenden Balkon entspannten, ist heute nicht mehr vorstellbar.