Wenn mit dem Erfolg der Druck wächst: Freiberg verliert in Mainz – der Vorsprung schmilzt dahin

Von Ayhan Güneş

Der Weg an die Spitze war rasant, doch das Halten des Gipfels erweist sich als Kraftakt. Der SGV Freiberg erlebt gerade, was passiert, wenn Erfolg zur Erwartung wird. Nach der bitteren Niederlage beim Verfolger Mainz 05 II ist der Vorsprung des Spitzenreiters auf drei Punkte geschmolzen. Und plötzlich steht eine Frage im Raum, die vor wenigen Wochen noch undenkbar schien: Beginnt der Primus zu wanken?

Mainz – Je länger man oben steht, desto schwerer wird jeder Schritt. Der SGV Freiberg erlebt gerade, wie schmal der Grat zwischen Dominanz und Druck sein kann. Nach einem beeindruckenden Saisonstart mit neun Siegen in Serie gerät der Tabellenführer zunehmend ins Stolpern und musste sich am Samstag beim Verfolger 1. FSV Mainz 05 II mit 1:2 geschlagen geben. Es war die fünfte Partie in Folge ohne Sieg und doch ein Spiel, das mehr erzählte als das nackte Ergebnis.

Der Moment, der alles kippt

Rund 800 Zuschauer im Bruchwegstadion sahen einen umkämpften Nachmittag, an dem sich zwei Teams nichts schenkten. Freiberg, wieder mit Kapitän Kehl-Gomez und Cheftrainer Kushtrim Lushtaku an der Seitenlinie, kontrollierte lange Zeit den Ball, fand aber selten den Weg durch die kompakt stehenden Mainzer Reihen. Erst nach der Pause fiel der erste Treffer – allerdings für Mainz: Ein abgefälschter Schuss von Andre Gitau brachte die Gastgeber in Führung.

Hoffnung durch Valpoort

Der SGV reagierte. Über Selitaj, Laupheimer und Köhl kombinierten sich die Gäste sehenswert in den Strafraum, wo Joker Meghôn Valpoort in der 74. Minute zum 1:1 abstaubte. Der Jubel war laut, die Erleichterung spürbar. Doch die Euphorie hielt nicht lange. Sechs Minuten vor Schluss ließ Freiberg den Ball im eigenen Sechzehner nicht konsequent klären. Moreno Fell tankte sich an der Grundlinie durch und legte quer auf Yunus Malli, der nur noch den Fuß hinhalten musste. Mainz jubelte und Freiberg stand erneut mit leeren Händen da.

Zwischen Anspruch und Realität

Der Rückschlag trifft Freiberg empfindlich. Nach dem Unentschieden gegen Großaspach und nun der Niederlage in Mainz ist vom komfortablen Polster an der Spitze nur noch ein Hauch geblieben. Der Vorsprung auf die nun zweitplatzierten Mainzer beträgt nur noch drei Punkte, Steinbach Haiger (0:3 gegen FSV Frankfurt) konnte den Ausrutscher der Freiberger zwar nicht nutzen, doch die Luft an der Spitze wird dünner.

Mehr Fragen als Antworten

Personell war die Lage immerhin etwas stabiler: SGV-Leitwolf Kehl-Gomez kehrte zurück, Lushtaku saß seine Sperre ab. Doch die Mannschaft wirkt nach Wochen der Belastung nicht mehr so befreit wie zu Saisonbeginn. Fehlende Effizienz, fehlendes Glück, fehlende Leichtigkeit – alles Faktoren, die in Summe an der einst so unerschütterlichen Souveränität nagen.

Blick nach vorn

Am kommenden Samstag empfängt der SGV die SG Barockstadt Fulda-Lehnerz am Wasen. Dort muss der Tabellenführer nicht nur Punkte, sondern auch Selbstvertrauen zurückgewinnen. Denn die Liga hat längst verstanden, dass der Primus verwundbar ist und gegen Freiberg kämpft heute jeder, als ginge es um den eigenen Aufstieg.

Trotz 70 Minuten in Unterzahl: SGV Freiberg ringt Hessen Kassel nieder – 9. Triumph in Folge

Von Ayhan Güneş

Freiberg – 70 Minuten in Unterzahl, ein Gegner mit Rückenwind – und trotzdem der neunte Sieg im neunten Spiel: Der SGV Freiberg zeigte am Samstag gegen Hessen Kassel nicht nur seine spielerische Klasse, sondern offenbarte auch eine andere, bislang kaum geforderte Seite – die Fähigkeit, zu leiden, zu kämpfen und Widerstände zu überwinden. Die Mannschaft von Trainer Kushtrim Lushtaku warf sich mit Entschlossenheit und Willensstärke gegen den drohenden Umschwung – und bewies dabei nicht nur Qualität, sondern auch die Nervenstärke und das Quäntchen Glück, das man in solchen Spielen eben manchmal braucht.

Dabei begann die Partie im Wasenstadion vor rund 400 Zuschauern wie aus dem Lehrbuch: Mit hohem Pressing, klarer Struktur – und eiskalter Effizienz. Zunächst luchste Neuzugang Julian Kudala dem Gegner den Ball am Strafraum ab und schob trocken ins lange Eck ein (13.), ehe Leon Petö nur zwei Minuten später mit einem präzisen Flachschuss zum 2:0 erhöhte. „Die ersten zehn Minuten haben wir verschlafen“, räumte Trainer Kushtrim Lushtaku später ein, „doch nach dem 1:0 haben wir den Kasselern unser Spiel aufgezwungen.“

Doch der furiose Auftakt bekam schnell Risse. Kassels Bravo-Sanchez verkürzte nach einem sehenswerten Distanzschuss auf 2:1 (20.). Kurz darauf überschlugen sich die Ereignisse: Nach einem Foul im Strafraum verwandelte Grobelnik den fälligen Elfmeter zum 3:1 – und in der Hektik der Szene sah SGV-Spieler Ballo Gelb-Rot. Der Schiedsrichter sah eine unerlaubte Rückkehr aufs Spielfeld – für Lushtaku eine überharte Entscheidung: „Da gab es Missverständnisse zwischen Linienrichter und Referee. Für mich war das keine zweite Gelbe – aber wir mussten damit umgehen.“

Freiberg also mit einem Mann weniger – und noch mehr als eine Stunde auf der Uhr.

Führung verwalten statt dominieren

Wer nun aber eine Defensivschlacht oder wilden Aktionismus erwartete, wurde überrascht. Der SGV wählte den kontrollierten Weg, zog sich kompakt zurück, verteidigte clever – und lauerte auf Konter. Kassel übernahm zwar die Spielkontrolle, verpasste jedoch mehrfach den Anschluss. Besonders bitter für Kassel: Ein Foulelfmeter in der 64. Minute klatschte an die Latte.

„Ja, manchmal braucht man auch Glück, um solche Spiele zu gewinnen“, gab Lushtaku später zu. „Und gerade in Unterzahl. Aber wir haben auch das Herz gezeigt, das man in solchen Momenten braucht.“

Dass es in der 87. Minute durch Bonianga doch noch einmal spannend wurde – geschenkt. Der Anschluss zum 2:3 blieb aus Kasseler Sicht der letzte Hoffnungsschimmer. Freiberg rettete den Vorsprung mit großem Kampf und Torwart Grawe über die Zeit.

Statt Druck: Demut und Vertrauen

Nach neun Siegen aus neun Spielen, 27 Punkte, 31:8 Toren und dem klaren Platz an der Spitze könnte man annehmen, der Druck wachse von Woche zu Woche. Lushtaku widerspricht: „Im Gegenteil. Ich bin sehr entspannt – weil ich weiß, was meine Jungs können. Wir bleiben demütig, das ist unser Schlüssel. Diese Mannschaft hat Qualität, Erfahrung – aber vor allem einen unglaublichen Willen.“

Dass SGV-Präsident Emir Cerkez vergangene Woche die Lizenz für die 3. Liga in Aussicht stellte, sei „ein richtiges Zeichen“ gewesen”, so Lushtaku. “Das gibt Sicherheit, schafft Ruhe – und zeigt, dass der Verein vorbereitet ist. Aber unser Fokus bleibt auf dem Hier und Jetzt.“

Topspiel gegen die Kickers – „Wir fahren dorthin, um zu gewinnen“

Am Dienstag steht das Spitzenspiel gegen die Stuttgarter Kickers an – ein echtes Highlight. „Ein Riesenverein, tolle Fans, tolle Kulisse“, sagt Lushtaku. „Aber am Ende zählt nur was auf dem Platz passiert. Und wir fahren dorthin, um zu gewinnen.“

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„Bestes Spiel seit ich hier bin“ – SGV-Freiberg-Trainer Lushtaku lobt Team und Laupheimer

Von Ayhan Güneş

Mit starker Abwehr, aggressivem Pressing und einem überragenden Lukas Laupheimer hat der SGV Freiberg in Frankfurt 3:1 gewonnen. Marius Köhl traf erneut doppelt – und Trainer Lushtaku sieht trotzdem noch Luft nach oben.

Vor der Saison war unklar, wohin die Reise des neu formierten SGV Freiberg in der Regionalliga Südwest gehen würde. Zwei Ligaspiele und ein Pokalauftritt – drei Siege, nur ein Gegentor – später ist klar: Die Mannschaft von Trainer Kushtrim Lushtaku ist sofort da. Und das, obwohl der Kader nahezu komplett neu zusammengestellt wurde. Beim 3:1-Auswärtserfolg am Samstag in Frankfurt überzeugte der SGV erneut – angeführt von einem überragenden Lukas Laupheimer und einem erneut treffsicheren Marius Köhl. Trotzdem sendet Coach Lushtaku eine klare Botschaft: „Wir müssen demütig bleiben.“

Starker Start, abgeklärter Sieg

In der PSD-Bank-Arena erwischten die Gäste den besseren Start. Schon in der 11. Minute scheiterte Kehl-Gomez per Freistoß am Pfosten. Der Druck zahlte sich nach 24 Minuten aus: Eine scharfe Hereingabe von Gal Grobelnik landete über den Umweg von FSV-Verteidiger Gottwald im eigenen Tor – 1:0 für den SGV. Frankfurt kam nach einer halben Stunde zurück: Harnafi setzte sich im Strafraum durch und glich aus. Mit dem 1:1 ging es in die Pause.

Kabinenansprache wirkt

Nur zwei Minuten nach Wiederanpfiff setzte Marius Köhl das erste Ausrufezeichen: Über rechts zog er in den Strafraum, sein Abschluss wurde von Weißmann ins eigene Tor abgefälscht – 2:1. In der 54. Minute legte Köhl nach, als er nach einem Frankfurter Ballverlust trocken ins lange Eck abschloss.

Lushtaku blickt zurück: „Die erste Halbzeit war sehr hektisch, es gab viele Karten. Wir hatten mehrere hundertprozentige Chancen, die wir nicht genutzt haben. Das hat die Jungs natürlich frustriert und zusätzlich aufgeheizt. In der Pause habe ich versucht, sie runterzuholen, den Kopf freizubekommen und den Fokus wieder auf unsere Stärken zu lenken.“

Laupheimer „Man of the Match“

Für den Trainer gab es heute einen klaren Schlüsselspieler: „Großes Kompliment an die Mannschaft – das war, seit ich in Freiberg bin, unser bestes Spiel. Für mich war Lukas Laupheimer der ‚Man of the Match‘. Er hat ein überragendes Spiel gemacht.“ Frankfurt könne sich am Ende glücklich schätzen, „dass es nur bei diesem Ergebnis geblieben ist“.

Schlüssel zum Erfolg

„Wir standen taktisch sehr gut, waren aggressiv und bissig. Unser Pressing hat Frankfurt immer wieder vor Probleme gestellt. Trotzdem müssen wir in der Chancenverwertung noch effizienter werden“, so Lushtaku.

Mit dem zweiten Sieg in Folge klettert der SGV Freiberg auf Tabellenplatz zwei. Der Trainer mahnt jedoch: „Bei allem Erfolg – wir müssen demütig bleiben.“