
Die Tübinger Verpackungssteuer sorgt für Diskussionen: Grüne-Politikerin Linda Heitmann hofft auf Nachahmer in anderen Städten, während der Dehoga den Ansatz ablehnt und auf Überzeugung statt Steuer setzt.
Tübingen – Die umwelt- und verbraucherschutzpolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, Linda Heitmann, hofft, dass auch andere Städte dem Vorbild Tübingens folgen und eine Verpackungssteuer erheben. “Ich freue mich über das Urteil, weil es ab heute keine Ausrede mehr für Kommunen gibt, sich nicht um das Verpackungsmüll-Problem zu kümmern”, sagte Heitmann dem “Redaktionsnetzwerk Deutschland” (Donnerstagausgaben).
Das Tübinger Modell der Verpackungssteuer sollte Schule machen und schnell Nachahmer finden, sagte Heitmann weiter. Aktuell sei es für Verbraucher schwierig, Mehrwegangebote zu nutzen, weil viele Restaurants und Imbisse der Mehrweg-Angebotspflicht nicht nachkämen, argumentierte die Grünen-Politikerin.
“Ein besserer Vollzug bestehender Regeln gemeinsam mit der flächendeckenden Verpackungssteuer bietet die große Chance, den riesigen Berg an Verpackungsmüll, der oftmals auf der Straße oder in Parks zurückbleibt, deutlich zu verringern.”
Heitmann kritisierte zudem ihren ehemaligen Koalitionspartner: “Leider hat die FDP im Bundestag verhindert, dass wir auch auf Bundesebene weiterkommen”, sagte sie und verwies auf die Eckpunkte zu einem Gesetz für weniger Verpackungsmüll, das Bundesumweltministerin Steffi Lemke auf den Weg gebracht hatte. “Wir sind weiterhin offen, diese Vorschläge im Bundestag umzusetzen”, sagte sie.
Die Hauptgeschäftsführerin des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes Dehoga, Ingrid Hartges, hat die Tübinger Verpackungssteuer kritisiert und gefordert, stattdessen auf andere Anreize zu setzen, um Verpackungsmüll zu reduzieren. “Unser Credo lautet: Überzeugung statt Steuer”, sagte Hartges dem “Redaktionsnetzwerk Deutschland”.
“Der Dehoga lehnt eine Verpackungssteuer auf Einwegverpackungen ab. Statt neuer Steuern und Belastungen kommt es vielmehr auf konstruktive und attraktive Lösungen für Mehrweg an”, so Hartges. Das schaffe Akzeptanz bei Gästen wie Unternehmen und erhöhe die Nachfrage.
Hartges appellierte: “Die Menschen brauchen keine Teuerungen, sondern müssen beim Thema Mehrweg mitgenommen werden. Sie müssen über die Vorteile der Nutzung von Mehrwegbehältern informiert und davon überzeugt werden; das Verbraucherbewusstsein muss insgesamt geschärft werden.”
Kommunen für Mehrwegpflicht auf Pizzakartons und Alu-Schalen
Der Deutsche Städte- und Gemeindebund hat die Bestätigung der Tübinger Verpackungssteuer durch das Bundesverfassungsgericht begrüßt. “Damit werden im Ergebnis die kommunalen Handlungsspielräume im Kampf gegen die Vermüllung der Innenstädte und der Umwelt durch Einwegverpackungen sinnvoll gestärkt”, sagte Hauptgeschäftsführer André Berghegger dem “Redaktionsnetzwerk Deutschland” (Donnerstagausgaben).
“Mehrweglösungen müssen gestärkt und auch das Bewusstsein der Endverbraucher für eine Vermeidung von Verpackungsmüll geschärft werden”, so Berghegger weiter. Er plädierte dafür, die bestehende Angebotspflicht von Mehrwegverpackungen für To-Go-Speisen und -Getränke, die in Einweg-Kunststoffverpackungen und Einweg-Getränkebechern angeboten werden, auf sämtliche Verpackungsmaterialien ausweiten, also auch auf Pizzakartons oder Aluminium-Schalen.
“Der Gesetzgeber wird aufgefordert, die gesetzlichen Regelungen auf alle Materialien auszuweiten. Mehrwegalternativen sollten sowohl für Einwegkunststoffe als auch für andere Materialien gelten”, sagte Berghegger.
red