Vollbremsung oder Spurwechsel bei voller Fahrt?

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Die Umstellung zur Elektromobilität hat für fast 90 Prozent der mittelständischen Zulieferer spürbare Auswirkungen auf ihre Geschäftsmodelle, so eine Studie von der Unternehmensberatung Roland Berger.

Die finanziellen Spielräume sind nach dem Krisenjahr 2020 allerdings vielerorts eingeschränkt. Um die Transformation dennoch zu bewältigen und die Investitionen in neue Technologien und Digitalisierung stemmen zu können, sind die Firmen umso mehr gezwungen, die Effizienz im angestammten Geschäft zu erhöhen.

“Die Automobilzuliefererbranche steht vor großen Herausforderungen. Neben der Bewältigung der Auswirkungen der Pandemie, den derzeitigen Lieferengpässen sowie dem geringeren finanziellen Spielraum muss die Wende zur Elektromobilität schnell vollzogen werden”, sagt Thomas Schlick, Partner bei Roland Berger. “Mit einer solch großen Dynamik, getrieben von den verschärften Klimazielen und Ankündigungen der Autohersteller zur zügigen Elektrifizierung der Flotte, haben vor allem im Mittelstand viele Zulieferunternehmen nicht gerechnet.”

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Ihr aktuelles Produktportfolio verschafft vielen mittelständischen Automobilzulieferern kaum Wachstumschancen. Bereits bis 2030 wird der elektrische Antrieb den reinen Verbrennungsmotor bei den neu zugelassenen Fahrzeugen überholen. So geben fast 90 Prozent der befragten Unternehmen an, dass die Elektrifizierung spürbare Auswirkungen auf ihre Geschäftsmodelle hat.

Dies gilt nicht nur für Zulieferer im Segment Antriebsstrang, sondern für den Mittelstand der Branche insgesamt. Die fortschreitende Digitalisierung hinsichtlich künstlicher Intelligenz und Automatisierung nennen 61 Prozent. An dritter Stelle steht das Autonome Fahren mit 56 Prozent.

Für jeden zweiten Befragten erfolgt die Umstellung hin zu elektrischen Fahrzeugen schneller als erwartet. Im Segment Motor und Antriebsstrang sind sogar fast zwei von drei Teilnehmern überrascht, wie schnell die Elektrifizierung voranschreitet. “Die Transformationsfähigkeit des eigenen Angebots wird für die Zulieferer zur Existenzfrage”, so Jan C. Maser, Partner bei Roland Berger.

Die Anzahl produzierter Fahrzeuge der deutschen Automobilhersteller sank 2020 um 16 Prozent auf 13,5 Millionen Einheiten weltweit. Mit einer Erholung auf Vorkrisenniveau ist nicht vor 2023 zu rechnen. Diese Entwicklung belastet die Zulieferer. Der Umsatz des durchschnittlichen Zulieferunternehmens im deutschen Mittelstand lag im vergangenen Jahr mit 1,09 Mrd. Euro unter dem Niveau von 2018 mit 1,25 Mrd. Euro. Die Gewinne (EBIT) haben sich im selben Zeitraum sogar mehr als halbiert – von 88,4 Mio. Euro in 2018 (zirka 7,1 Prozent Marge) auf 40,2 Mio. Euro in 2020 (zirka 3,5 Prozent Marge).

Jutta Reinhard / glp