Wachpersonal darf Impfstatus verschweigen und trotzdem Besucher kontrollieren

ANZEIGE

Von Uwe Roth

Die Sicherheitsbranche brummt. Überall sind Wachleute zur Überwachung der Zwei- oder Drei-G-Regel im Einsatz. Sie kontrollieren an Eingängen zu öffentlichen Veranstaltungen die Impf- und Covid 19-Testnachweise der Besucher. Je rapider Infektionszahlen steigen, umso dichter die Kontrollen durch private Sicherheitsfirmen. Doch ob sich deren Mitarbeiter selbst haben impfen lassen, darüber herrscht keine Sicherheit. Im Gegenteil: Wie bei Pflegekräften besteht für Sicherheitsdienstleister keine Vorschrift, die dem Unternehmen das Recht gibt, vor einem Außeneinsatz mit Publikumsverkehr den Impfstatus der Mitarbeiter abzufragen.

So passiert es, dass Impfverweigerer von Geimpften und Genesenen einen Nachweis verlangen dürfen. Umgekehrt haben Besucher jedoch kein Recht, ihre Kontrolleure zu fragen, ob sie sich haben impfen oder testen lassen. Doch die Nachfrage ist durchaus berechtigt: Vor Eingängen geht es meistens eng zu. Wenn sich der Kontrolleur über den Nachweis auf dem Smartphone beugt, besteht beinahe schon Hautkontakt zum Gegenüber.

ANZEIGE

Manche Wachleute schaden der eigenen Branche

Wachleute haben gegenüber Medienvertretern offen zugegeben, dass sie nicht geimpft seien. Weil es sich bei dem beobachteten Fall um eine Veranstaltung im Freien gehandelt hat, waren sie zudem davon überzeugt, keine Maske tragen zu müssen. Während der Kontrollen zu rauchen, fanden sie ebenso wenig schlimm. Rechtlich sehen sie sich auf der sicheren Seite. Doch ihrer Branche tun sie damit keinen Gefallen. Diese leidet so schon unter einem Imageproblem.

Die SOW Sicherheitsdienst GmbH in Benningen ist im Landkreis als seriös geltendes Unternehmen etabliert. Es kontrolliert unter anderem in Bussen oder jüngst beim 17. Bottwartal-Marathon die Einhaltung der Corona-Regeln. Patrick Müller ist für Presseanfragen zuständig. Er beklagt die „sehr vielen Negativdarstellungen in Print- und TV-Medien“. Schwarze Schafe hätten es leicht, an öffentliche Aufträge zu kommen, weil bei der Vergabe am Ende das billigste Angebot den Zuschlag erhält. Weniger seriöse Sicherheitsfirmen müssten nur bei den Personalkosten sparen. So erkläre sich manchmal die Qualität der Mitarbeitenden.

„Unsere Leistung ist, Sicherheit zu liefern“

SOW-Mitarbeiter Müller ist überzeugt, dass es bei der Impfbereitschaft vor allem auf ein gutes Verhältnis zwischen dem Arbeitgeber und seinen Beschäftigten ankomme. Das Betriebsklima müsse stimmen. Der Betriebsarzt hat die meisten der rund 40 Vollzeit-Mitarbeiter geimpft. Ungeimpfte müssen sich dreimal die Woche auf eigene Kosten testen lassen. Aushilfen haben einen Impfnachweis vorzulegen. Der Einsatzleiter habe den Auftrag, dies streng zu kontrollieren. „Unsere Leistung ist, Sicherheit zu liefern. Da dürfen wir keine Unsicherheit bieten“, stellt Müller klar. Aber insgesamt sei es „eine schwierige Situation“.

Das Sozialministerium Baden-Württemberg ist nicht in der Lage, Klarheit in die Situation zu bringen, weil dies die Angelegenheit der Gesundheitsministerkonferenz sei, so ein Sprecher. Er teilt dazu mit: Seitens der Corona-Verordnung gäbe es zur Feststellung des Impfstatus keine Regelungen. Es gelte die Testannahmepflicht für Beschäftigte. Paragraf 18 der Verordnung besagt, dass sich ungeimpfte Beschäftigte und Selbständige mit Außenkontakt zweimal in der Woche testen lassen müssen. Die Ergebnisse sind auf Verlangen den Behörden vorzulegen. Keinen Zugriff haben folglich Arbeitgeber und beauftragende Kunden. Der Ministeriumssprecher ergänzt: Kunden der Sicherheitsunternehmen könnten „im Wege der Privatautonomie unbenommen weitergehende Anforderungen an ihre Dienstleister stellen“. Auftraggeber und Security-Firma könnten sich vertraglich auf eine Lösung einigen.

Weil Wachpersonal ungeimpft sein könnte gilt beim Spätherbstlingsmarkt Maskenpflicht

Im Landratsamt Ludwigsburg beginnt am Montag der Spätherbstlingsmarkt. Erwartet werden wie immer viele Besucher. Ein Sprecher des Landrats gibt zu den Kontrollen der 2 G-Regel folgende Auskunft: Weil die Kreisverwaltung weder den Impfstatus ihrer Mitarbeitenden abfragen darf, noch den des Sicherheitspersonals, müssten Besucher im Gebäude vorsorglich eine Maske tragen. Nur Besucher mit Nachweis einer Impfung oder Genesung werden eingelassen.

In Ludwigsburg wird der Weihnachtsmarkt vorbereitet. Viele Sicherheitskräfte fremder Firmen werden im Einsatz sein. Der Eigenbetrieb Tourismus & Events versucht es mit vertraglichen Regelungen: Das Sicherheitsunternehmen sei verpflichtet, „nur Personen einzusetzen, die der aktuellen Regelung entsprechen. Er hat uns schriftlich zu bestätigen, dass er beim Check-In seiner Mitarbeiter die Stadien überprüft hat. Dasselbe gilt auch für andere Dienstleister, die im Veranstaltungsbetrieb eingesetzt werden.“ Bei den eigenen Kräften im kommunalen Ordnungsdienst sind den Führungskräften im Rathaus die Hände gebunden: „Aufgrund des Datenschutzes steht es dem Arbeitgeber nicht zu, einen etwaigen Nachweis von den Mitarbeitenden zu fordern,“ teilt eine Sprecherin mit und führt weiter aus. „Auch die Dienstausübung erfordert keinen 3G-Nachweis.“ Kontrollen würden jedoch nur von Mitarbeitenden des Ordnungsdienstes übernommen, „die ihre Führungskräfte über einen 2G-Nachweis informiert haben.“ Alle anderen Mitarbeitenden müssten vor etwaigen Kontrollen einen Selbsttest machen oder würden „anderweitig eingesetzt“.