Wohnungsnotlage verschärft sich: Bundesregierung scheitert deutlich am Bauziel

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Die Bundesregierung hat ihr Wohnungsbauziel im Jahr 2022 deutlich verfehlt. Insgesamt wurden im vergangenen Jahr 295.300 neue Wohnungen fertiggestellt, teilte das Statistische Bundesamt am Dienstag mit. In ihrem Koalitionsvertrag hatte sich die Ampelregierung das Ziel von jährlich 400.000 neuen Wohnungen gesetzt, davon 100.000 öffentlich geförderte Wohnungen.

Gegenüber dem Vorjahr stieg die Zahl der neuen Wohnungen 2022 nur leicht um 0,6 Prozent oder 1.900. Das Niveau des Jahres 2020 (306.400 Wohnungen) wurde damit noch nicht wieder erreicht. Im Jahr 2021 hatte es einen Rückgang bei der Zahl der fertiggestellten neuen Wohnungen gegeben, zuvor war sie in den Jahren 2011 bis 2020 stetig gestiegen. Von den im Jahr 2022 fertiggestellten Wohnungen waren 258.800 Neubauwohnungen in Wohngebäuden.

Das waren 1,0 Prozent oder 2.400 Wohnungen mehr als im Vorjahr. Auf Einfamilienhäuser entfielen davon 77.100 Wohnungen. Damit wurden 1,5 Prozent oder 1.200 Einfamilienhäuser weniger fertiggestellt als im Vorjahr.

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Dagegen stieg die Zahl neuer Wohnungen in Zweifamilienhäusern stark um 14,1 Prozent oder 2.800 auf 23.000. In Mehrfamilienhäusern wurden 150.200 Neubauwohnungen geschaffen und damit 1,5 Prozent oder 2.200 mehr als im Vorjahr. In Wohnheimen fiel die Zahl fertiggestellter Wohnungen um 14,5 Prozent oder 1.500 auf 8.600. In Nichtwohngebäuden entstanden 4.800 Wohnungen, das waren 9,8 Prozent oder 500 weniger als im Jahr 2021. Die Zahl der Baugenehmigungen für Wohnungen fiel im Jahr 2022 mit 354.200 um 7,0 Prozent gegenüber dem Vorjahr, war damit aber weiter deutlich höher als die Zahl der fertiggestellten Wohnungen, so die Statistiker weiter.

Dies führte zum Jahresende 2022 zu einem Überhang von genehmigten, aber noch nicht fertiggestellten Wohnungen von 884.800 (+38.400 gegenüber 2021). Davon befanden sich bereits 462.900 Wohnungen im Bau (davon 240.100 “unter Dach” beziehungsweise im Rohbau fertiggestellt). Der seit dem Jahr 2008 anhaltende Anstieg des Bauüberhangs setzte sich damit im Jahr 2022 etwas abgeschwächt fort – 2021 hatte der Zuwachs bei 67.000 Wohnungen gelegen.

Der bisher höchste Bauüberhang war im Jahr 1995 mit 928.500 Wohnungen erreicht worden. Der verlangsamte Zuwachs des Bauüberhangs dürfte dem Bundesamt zufolge zum Teil an der gestiegenen Zahl erloschener Baugenehmigungen liegen, bei denen in der Regel die mehrjährige Gültigkeitsdauer abgelaufen ist. Diese fließen in die Berechnung nicht mehr ein und haben im Jahr 2022 mit 22.800 den höchsten Stand seit 2006 erreicht.

Zugleich ist davon auszugehen, dass im Bauüberhang auch Bauvorhaben enthalten sind, deren Genehmigungen zwar noch nicht erloschen sind, die aber nicht mehr weiter verfolgt werden. Viele Vorhaben konnten aber offenbar trotz Lieferengpässen und Fachkräftemangel sowie deutlichen Preissteigerungen abgeschlossen werden, allerdings hat sich der Abschluss teilweise verzögert. So hat sich im Wohnungsbau die durchschnittliche Abwicklungsdauer, also die Zeit von der Genehmigungserteilung bis zur Fertigstellung, seit der Störung globaler Lieferketten durch Ausbruch der Corona-Pandemie um etwa zwei Monate verlängert (von 20 Monaten im Jahr 2020 auf 22 Monate im Jahr 2022).

Der zentrale Indikator für die Bauaktivität bei Nichtwohngebäuden ist der umbaute Raum: Bei den im Jahr 2022 fertiggestellten Nichtwohngebäuden verringerte sich dieser gegenüber dem Jahr 2021 um 2,9 Prozent auf 184,7 Millionen Kubikmeter. Besonders stark war der Rückgang des umbauten Raumes bei Handelsgebäuden mit -15,7 Prozent und bei Fabrik- und Werkstattgebäuden mit -11,3 Prozent.

red