60, 120, 150 oder 200 Euro? Streit um die Gebühr fürs Anwohnerparken in Ludwigsburg

ANZEIGE

Von Uwe Roth

Die Stadtverwaltung Ludwigsburg streitet sich mit dem Gemeinderat über eine angemessene Gebühr für das Anwohnerparken im Innenstadtraum. Die Vorstellungen der Fraktionen reichen von 60 bis 200 Euro im Jahr. Der Vorschlag der Stadtverwaltung liegt bei 150 Euro für die kommenden zwei Jahre. Danach soll sich die Gebühr im zweijährigen Turnus um jeweils weitere zehn Euro jährlich verteuern. Behindertenparkplätze bleiben weiterhin kostenlos. Besitzer von E-Fahrzeugen können weiterhin kostenfrei parken. Zumindest noch am Donnerstag hat der Mobilitäts- und Umweltausschuss die neue Gebührensatzung fürs Bewohnerparken vorberaten. Die Mitglieder konnten sich auf keinen Kompromiss verständigen. Nun muss der Gemeinderat am Mittwoch in großer Runde darüber abstimmen, welchen Wert der Straßenraum aus kommunalpolitischer Sicht hat, wie es der für Mobilitätsfragen zuständige Bürgermeister Sebastian Mannl formulierte.

Über den Wert öffentlichen Raums wird aktuell in vielen Städten debattiert. Ein Pkw belegt etwa zehn Quadratmeter Parkfläche. Immer mehr Unternehmen verlangen Geld von ihren Mitarbeitenden fürs Parken auf dem Firmenparkplatz. Private Vermieter ziehen für einen Garagenplatz zwischen 400 und 700 Euro im Jahr bei ihrem Mieter ein. Können Kommunen da nicht nachziehen und ebenfalls „eine Jahresmiete“ von Einwohnern erheben, die dort ihr Fahrzeug abstellen wollen, wo Parkplätze besonders rar sind und deswegen eigentlich besonders teuer sein müssten? Bislang kostet ein Anwohnerparkausweis 30 Euro im Jahr, rund acht Cent am Tag. Das ist eine Verwaltungsgebühr, die der Bund in einer Vorschrift drei Jahrzahnte vorgegeben hat. Eine Miete war nicht erlaubt. Doch nun gestattet der Gesetzgeber den Kommunen, die Gebühr fürs Anwohnerparken frei zu kalkulieren.

ANZEIGE

Im südbadischen Freiburg ist sich der Gemeinderat mit der Stadtverwaltung bereits über den Wert des innerstädtischen Parkraums einig geworden: Dort wird der Parkausweis von 1. April anstatt 30 nun 350 Euro im Jahr kosten. Der Besitzer eines großen SUV bezahlt noch mehr. Befürworter schmerzhafter Parkgebühren argumentieren zu einem damit, dass es kostendeckend sein müsse, den öffentlichen Parkraum zu nutzen. Einen Parkplatz anzulegen, belaste den kommunalen Haushalt mit Kosten von bis zu 5000 Euro, rechnet die Stadtverwaltung dem Gemeinderat vor. Alle 25 Jahre müsse der Belag erneuert werden. Allein das rechtfertige eine Gebühr von bis zu 600 Euro im Jahr – die Kosten für die städtische Straßenreinigung nicht eingerechnet. Einwohner ohne Auto sind als Steuerzahler momentan an den Unterhaltskosten genauso beteiligt wie Autobesitzer, ohne aber einen Nutzen davon zu haben. Für Besitzer eines (Tief-) Garagenplatzes kann die Subventionierung des öffentlichen Parkraums ein gutes Geschäft sein: Er vermietet die Stellfläche teuer an den Besitzer eines wertvollen Oldtimers und parkt selbst günstig vor der Haustüre.

Zum anderen argumentierenden Folgen des Klimawandels. Die Innenstädte werden im Sommer immer heißer. Grünflächen machen die Hitze erträglich. Parkflächen könnten rückgebaut und Platz für Bäume machen. Die Stadt hofft, mit der spürbaren Anhebung der Gebühr den einen oder anderen Besitzer dazu bewegen zu können, nicht mehr auf der Straße, sondern auf privaten Flächen sein Auto abzustellen. Im besten Fall steigt er oder sie sogar aufs Carsharing oder komplett auf den ÖPNV um. Die Verwaltung kalkuliert mit einem Rückgang bei den ausgestellten Parkausweisen um etwa 20 Prozent. Unterm Strich hofft die Stadt auf jährliche Mehreinnahmen von 840000 Euro.

Käme der städtische Vorschlag mit 150 Euro am Mittwoch im Gemeinderat durch, wäre das eine Tagesgebühr von 41 Cent. Im Moment ist jedoch nicht abzusehen, dass die Stadtverwaltung dafür eine Mehrheit erhält. Denn CDU, Freie Wähler und FDP wollen nicht weiter als 60 Euro gehen – also 16 Cent am Tag. Die SPD sieht in ihrer Fraktion die Schmerzgrenze bei 120 Euro (33 Cent/Tag). Die Grünen betrachten 200 Euro als gerechtfertigt. Für Verbrenner mit einem Gewicht von mehr als 1,8 Tonnen und E-Autos über zwei Tonnen soll die Gebühr auf 350 Euro (55 Cent/Tag) festgelegt werden. Aktuell kostet im Bereich des Anwohnerparkens ein Tagesticket für Gelegenheitsparker fünf Euro.