Corona verringert soziale Ungleichheit

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In Rezessionen sinkt temporär die Einkommensungleichheit, in Erholungsphasen steigt sie. Dies ist das zentrale Ergebnis einer aktuellen Studie am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) Berlin. Schwankungen seien vor allem den Gewinnen und Verlusten ganz hoher Einkommen geschuldet.

Zwar habe sich die Einkommensungleichheit in den vergangenen 40 Jahren generell erhöht, doch seien neben diesem langfristigen Trend temporäre Schwankungen zu beobachten, die den Konjunkturzyklen geschuldet seien.

Dass die Ungleichheit in Boomphasen steigt, liege fast ausschließlich an den hohen Anteilsgewinnen der einkommensstärksten zehn Prozent der deutschen Bevölkerung; in Rezessionen verlieren sie allerdings auch stark. Die unteren Einkommensdezile gewinnen in Krisenzeiten hingegen leicht Anteile hinzu, zeigt die Studie, und verlieren in Aufschwungsphasen.

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Erstmals empirisch haben die DIW-ÖkonomInnen Geraldine Dany-Knedlik und Alexander Kriwoluzky untersucht, wie sich die Einkommensungleichheit in Deutschland mit den Konjunkturzyklen in den vergangenen 40 Jahren verändert hat. “Diese temporären Änderungen sind vor allem deswegen relevant, weil sie entscheidend für eine wirksame und zielgerichtete Ausgestaltung stabilisierender Wirtschaftspolitik sind, wie sich gerade in der Corona-Krise zeigt”, erläutert Studienautor Kriwoluzky.

Die Autoren haben sich zur Ungleichheitsmessung sowohl die Entwicklung des Gini-Index als das am häufigsten verwendete Ungleichheitsmaß angeschaut als auch, wie sich die Anteile der Einkommensdezile am Nationaleinkommen zyklisch verändern.

“Temporär stabilisierende Maßnahmen, die Einkommensverluste in Krisenzeiten abfedern, wie das Kurzarbeitergeld, aber auch dauerhafte Instrumente wie Hartz IV wirken also in Krisenzeiten der Einkommensungleichheit entgegen”, resümiert Studienautorin Dany-Knedlik. Das zeige sich vor allem beim untersten Einkommensdezil, das in Krisenzeiten bei den Bruttoeinkommen Anteile verliere, aber bei den Nettoeinkommen gewinnen würde.

“Wir sehen also, dass die in Krisen ergriffenen Maßnahmen helfen, die unteren Einkommen zu stabilisieren”, sagt Makroökonom Kriwoluzky. “Die soziale Absicherung von Geringverdienenden gegen negative Schocks erhöht unsere Wohlfahrt.” Die Evaluierung der wirtschaftspolitischen Maßnahmen in der Corona-Pandemie werde voraussichtlich ähnliche Befunde zutage fördern. “Die Prozyklizität in Krisenzeiten ist politisch erwünscht.” Die Frage sei, inwieweit man diese steigende Ungleichheit in Boomphasen für die Senkung der Ungleichheit in Krisen in Kauf nehmen müsse.