Kriegsgefahr: Russland sendet Armee in Ost-Ukraine

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Russland schickt Truppen in die Separatistengebiete in der Ost-Ukraine. Kurz nach der formalen Anerkennung der beiden “Volksrepubliken” rollten am späten Montagabend bereits Militärkolonnen in den Donbass, wie Augenzeugen vor Ort bestätigten. Nach Darstellung aus Moskau handelt es sich um “Friedenstruppen”.

Das russische Verteidigungsministerium verbreitete in der Nacht zu Dienstag ein entsprechendes Dekret Putins. Der hatte die Anerkennung der Separatistengebiete am Abend mit einer einstündigen Erklärung im Fernsehen begründet. Die EU und die USA kündigten unmittelbar danach bereits umfangreiche Sanktionen an.

Mit dem nun erfolgten tatsächlichen Einmarsch russischer Truppen dürfte es den westlichen Alliierten leichter fallen, diese auch umzusetzen. Am Abend gab es in Brüssel bereits Diskussionen unter EU-Diplomaten, weil Sanktionen eigentlich nur für den Fall einer Invasion angedroht worden waren.

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Putin-Rede versetzt Märkte in Schockstarre – Gas und Öl teurer

Die Ansprache des russischen Präsidenten Wladimir Putin am Montagabend hat die Märkte regelrecht in Schockstarre versetzt. Nachbörslich gingen die Kurse von Aktien durch alle Branchen während der Rede in den Keller, um sich danach wieder etwas zu erholen. Offenbar hatten manche Investoren angesichts des einstündigen “Geschichtsexkurses” des russischen Präsidenten noch mehr erwartet als “nur” die Anerkennung der Separatistengebiete in der Ost-Ukraine.

Die US-Börsen waren wegen eines Feiertages geschlossen, aber auch Papiere von US-Schwergewichten wie Amazon oder Google-Muttergestellschaft Alphabet machten im deutschen Späthandel diese Berg-und-Talfahrt durch. Der Goldpreis konnte nur leicht profitieren, am Abend wurden für eine Feinunze 1.904 US-Dollar gezahlt (+0,5 Prozent). Das entspricht einem Preis von 54,09 Euro pro Gramm.

Der Ölpreis stieg hingegen stark: Ein Fass der Nordsee-Sorte Brent kostete am Montagabend gegen 22 Uhr deutscher Zeit 96,63 US-Dollar, das waren 3,3 Prozent mehr als am Freitag. Und US-Gas verteuerte sich am Montag um rund sieben Prozent auf 4,76 US-Dollar pro MMBtu. Das entspricht allerdings weiterhin nur rund 14 Euro pro Megawattstunde, US-Gas ist damit immer noch weitaus günstiger als das Gas in Europa, wo etwa das fünffache aufgerufen wird.

In einer am Montagabend im russischen Fernsehen übertragenen Ansprache hat Russlands Präsident Wladimir Putin rund eine Stunde lang über seine Version des Zerfalls der Sowjetunion und die Situation der Ukraine referiert – und am Ende die Anerkennung der Separatistengebiete in der Ost-Ukraine verkündet. Die EU und die USA hatten umgehend Sanktionen angekündigt.

 

Scholz spricht mit Biden und Macron – Konsequenzen angedroht

Berlin – Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat am Abend mit US-Präsident Joe Biden und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron gesprochen, nachdem der russische Präsident die beiden so genannten Volksrepubliken Donezk und Luhansk am Montag formal anerkannt hat. “Alle drei Gesprächspartner waren sich einig, dass dieser einseitige Schritt Russland ein klarer Bruch des Minsker Abkommens ist”, sagte Regierungssprecher Steffen Hebestreit nach dem Gespräch. “Deutschland, Frankreich und die USA verurteilten die Entscheidung des russischen Präsidenten scharf.”

Dieser Schritt werde nicht unbeantwortet bleiben, hieß es. “Der Bundeskanzler, der US-Präsident und der französische Präsident erklärten sich solidarisch mit der Ukraine und würdigten die bislang zurückhaltende Reaktion, die die Ukraine unter Führung von Präsident Wolodymyr Selensky unter Beweis gestellt hat.” Die Partner seien sich einig gewesen, “nicht nachzulassen in ihrem Einsatz für die territoriale Integrität und Souveränität der Ukraine”.

Zugleich werde man sich nach Kräften dafür engagieren, eine weitere Eskalation der Lage zu verhindern.

 

Schlagabtausch im UN-Sicherheitsrat zur Ukraine-Krise

New York –  Kurz nach der Entscheidung Russlands, Truppen in die Separatistengebiete in der Ostukraine zu schicken, ist es im UN-Sicherheitsrat zu einem verbalen Schlagabtausch gekommen. Die formale Anerkennung der “Volksrepubliken” Donezk und Luhansk sei unvereinbar mit den Grundsätzen der Charta der Vereinten Nationen, sagte UN-Untergeneralsekretärin Rosemary DiCarlo. “Wir bedauern auch den heutigen Befehl, russische Truppen in der Ostukraine zu stationieren, Berichten zufolge in einer `Friedensmission`”, fügte sie hinzu.

Die nächsten Stunden und Tage seien entscheidend. “Das Risiko eines größeren Konflikts ist real und muss um jeden Preis verhindert werden”, so DiCarlo. Die US-Botschafterin bei den Vereinten Nationen, Linda Thomas-Greenfield, sprach in der Sitzung des UN-Sicherheitsrats von einem ersten Schritt zum vollständigen Einmarsch in die Ukraine.

Der Entsendungsbefehl sei der Versuch Moskaus, “einen Vorwand für eine weitere Invasion der Ukraine zu schaffen”. Die britische UN-Botschafterin Barbara Woodward sagte unterdessen, dass die Entscheidung Russlands “schwerwiegende und weitreichende Folgen” haben werde. Es werde neue Sanktionen und “schwerwiegende wirtschaftliche Folgen” geben.

Dem russischen UN-Botschafter Wassili Nebensia zufolge ist der Kreml weiter offen für eine “diplomatische Lösung” Konflikts. Der Großteil des Sicherheitsrats reagierte aber mit scharfer Kritik auf die russischen Maßnahmen. China verzichtete auf klare Worte gegenüber Russland.

Stattdessen forderte Chinas UN-Botschafter Zhang Jun alle Konfliktparteien zur “Zurückhaltung” auf. Nach dem Entsendungsbefehl Putins sollen Medienberichten zufolge bereits erste Panzer und Militärfahrzeuge um Donezk gesichtet worden sein. Eine offizielle Bestätigung gab es zunächst nicht.

Im Laufe des Dienstags wird die weitere Reaktion des Westens auf die russischen Ankündigungen mit Spannung erwartet. Die EU und die USA hatten bereits umfangreiche Sanktionen angekündigt, diese aber noch nicht konkretisiert. Auf deutscher Seite stellt sich auch die Frage, wie es mit der umstrittenen Pipeline Nord Stream 2 weitergeht.

 

Zahl der Flüchtlinge aus der Ukraine steigt auf niedrigem Niveau

Nürnberg – Die Zahl der Flüchtlinge, die aus der Ukraine kommend Zuflucht in Deutschland suchen, ist zuletzt gestiegen – allerdings noch auf einem niedrigen Niveau. Das sagte eine Sprecherin des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) in Nürnberg dem “Redaktionsnetzwerk Deutschland” (Dienstagausgaben). Demnach hätten im Januar 107 Frauen und Männer aus der Ukraine einen Asylantrag gestellt, davon 77 erstmalig.

Im Dezember waren es 85 (davon 68 Erstanträge), im Januar des vergangenen Jahres 54 (davon 37 Erstanträge). Zu der Frage, mit welcher Entwicklung die Behörde rechne, wenn Russland die Ukraine angreife, äußerte sich die Sprecherin zurückhaltend. “Da die Zahl der in Deutschland asylsuchenden Geflüchteten von zahlreichen volatilen Faktoren abhängt, ist eine aussagekräftige Einschätzung über die künftige Entwicklung der Zugangszahlen von Asylsuchenden nicht möglich”, sagte sie.

“Im gesamten Flüchtlingsmanagement wird immer die Herausforderung bestehen, auf unterschiedliche Szenarien eingestellt zu sein.”

 

red / dts