Polizeieinsatz ohne Notfall – Neckarbrücke in Ludwigsburg wird zum politischen Schauplatz

Von Ayhan Güneş

Die Neckarbrücke zwischen Ludwigsburg und Neckarweihingen ist sanierungsbedürftig – doch wie dringend? Die FDP sorgt mit einem Polizeieinsatz für Aufsehen, das Regierungspräsidium widerspricht. Eine Aktion, die mehr Fragen als Antworten hinterlässt.

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Ludwigsburg – Blaulicht für den Straßenbelag: Bei einem Ortstermin an der maroden Neckarbrücke zwischen Ludwigsburg und Neckarweihingen riefen der FDP-Landtagsabgeordneter Christian Jung und der Ludwigsburger Landtagskandidat Wolfgang Vogt vergangene Woche die Polizei. Jedoch nicht wegen eines akuten Unfalls. Der Zustand der Brücke sei aus Sicht der beiden Liberalen so gravierend, dass „sofort etwas geschehen“ müsse. Die Beamten rückten aus – und informierten die technischen Dienste der Stadt.

Hintergrund der Aktion: Die FDP-Politiker wollten auf aus ihrer Sicht gefährliche Schäden an der Fahrbahn hinweisen. In ihrer Pressemitteilung sprechen sie von offenliegenden Stahlträgern und tiefen Rissen im Asphalt. Ihr Vorwurf: Die 2017/2018 für rund 1,5 Millionen Euro sanierten Abschnitte seien mangelhaft – und müssten nun erneut, auf Kosten der Steuerzahler, repariert werden. Christian Jung warnt: „Hier kann es jederzeit zu einem schweren Unfall kommen. Da muss sofort etwas geschehen.“

Behörde widerspricht: Keine akute Gefahr

Das Regierungspräsidium Stuttgart sieht das anders. Die Brücke werde regelmäßig überwacht, heißt es auf Nachfrage. Eine akute Einsturzgefahr bestehe nicht. Die Verzögerungen bei der Sanierung seien nicht politischem Versagen geschuldet, sondern bekannten Problemen der Baubranche: Krankheitsausfälle, Lieferengpässe, Fachkräftemangel.

Zwischen Alarmismus und Aktionismus

Die Grünen-Landtagsabgeordnete und Verkehrsexpertin Silke Gericke hält den Einsatz für überzogen. Sie spricht von einer „Symbolhandlung“ mit kalkulierter Wirkung. Die Brücke sei zweifellos sanierungsbedürftig, das ist  unstrittig– aber keine Bühne. „Wer das Blaulicht ruft, um Dringlichkeit zu inszenieren, riskiert Vertrauen statt es zu stärken.“

Ein Einsatz mit Signalwirkung

Man kann es als Überreaktion werten – oder als gezieltes Zeichen. Dass ein Ortstermin in einem Polizeieinsatz endet, ist sehr ungewöhnlich. Die FDP spricht von Verantwortung, Grünen-Verkehrsexpertin Gericke von Inszenierung. Unstrittig ist: Der Zustand der Brücke war bekannt. Offen bleibt, ob der öffentlichkeitswirksame Auftritt der beiden Politiker das richtige Mittel war.

Was bleibt? Ein reales Problem, ein symbolischer Moment

Die Schäden an der Neckarbrücke sind sichtbar. Ob sie eine akute Gefahr darstellen, müssen Fachleute beurteilen. Dass Infrastruktur altert, ist bekannt – dass ihre Instandsetzung oft stockt, ebenso. Fragen nach Verantwortung und Gewährleistung sind berechtigt. Doch Stil und Zeitpunkt des FDP-Auftritts verleihen dem Thema eine zusätzliche politische Dimension und werfen Fragen auf – nicht zuletzt im Schatten der sich nähernden Landtagswahl.