Ein Interview von Ayhan Güneş
Ludwigsburg – Das Blühende Barock ist nicht nur ein herausragendes Gartendenkmal, sondern auch ein kulturelles Zentrum, das im Einklang mit Natur, Kunst und der stetigen Weiterentwicklung lebt. In unserem exklusiven Gespräch mit Petra Herrling, der Direktorin des Blühenden Barocks, werfen wir einen Blick auf die Herausforderungen des Klimawandels, die Bedeutung der Artenvielfalt und die Vision für die Zukunft dieses einzigartigen Gartens.
LB24: Frau Herrling, der Klimawandel betrifft viele Bereiche – wie spüren Sie ihn konkret im Blühenden Barock?
Petra Herrling: Der Klimawandel hat auch uns vor große Herausforderungen gestellt. Besonders die extremen Trockenphasen, die wir in den letzten Jahren erlebt haben, haben Spuren hinterlassen. Wir beobachten, wie sich unsere Pflanzen an die veränderten Bedingungen teilweise anpassen. Ein Beispiel ist, dass viele Bäume ihre feinen Wurzeln in Trockenphasen zurückziehen, der Baum dann nicht mehr genügend verankert ist und wir solche Prozesse frühzeitig beobachten und erkennen müssen. Auch in den Gebäuden haben wir teils Veränderungen durch die Trockenheit bemerkt, die zu Setzungen geführt haben. Doch trotz allem sehen wir uns als eine Art „Klimainsel” für die wunderbare Stadt Ludwigsburg, die mit jedem Baum, der Schatten spendet und Staub filtert, einen Beitrag zum Klima leistet.
LB24: Der Klimawandel geht Hand in Hand mit der Biodiversität. Wie adressiert das Blühende Barock das Thema Artenvielfalt in diesem Jahr?
Petra Herrling: Artenvielfalt ist in der Tat ein Thema, das uns am Herzen liegt. Unsere Gartenanlage ist von Natur aus ein Lebensraum für eine Vielzahl von Pflanzen, Tieren und Insekten. Besonders spannend ist unser diesjähriges Projekt, das die Besucher nicht nur für die Flora, sondern auch für die Fauna sensibilisieren soll. Im Blühenden Barock gibt es verschiedene Gartenräume – vom Südgarten mit trockenen, sonnigen Flächen bis hin zu Waldgebieten und Gewässern – die eine große Vielfalt an Lebensräumen bieten. Wir haben das Thema auch in Ausstellungen integriert, um es den Besuchern näherzubringen, etwa mit unserer Blumenwiesen-Ausstellung oder der aktuellen Sand-Natur-Kunst-Ausstellung, die mit Sandkunst die bedrohten Arten ins Rampenlicht stellt.
LB24: Welche Rolle spielt die Sand-Natur-Kunst-Ausstellung für das Bewusstsein um die Themen Klimawandel und Artenvielfalt?
Petra Herrling: Die Sand-Natur-Kunst-Ausstellung ist ein echtes Highlight. Sie vereint Kunst und Natur auf einzigartige Weise. Internationale Künstler, die mit Sand arbeiten, haben uns dabei unterstützt, das Thema Artenvielfalt auf eine ganz neue Art und Weise zu präsentieren. Die Kunstwerke machen nicht nur die Schönheit dieser Tiere sichtbar, sondern auch das Bedrohte und Verletzliche. Die Ausstellung fordert uns auf, über den Verlust dieser Arten nachzudenken und welche Rolle der Mensch dabei spielt. Es geht darum, den Besuchern das Bewusstsein für die Gefährdung von Flora und Fauna zu schärfen und zum Handeln anzuregen.
LB24: Nachhaltigkeit ist ein weiterer wichtiger Punkt. Wie wird dieses Thema im täglichen Betrieb des Blühenden Barocks umgesetzt?
Petra Herrling: Nachhaltigkeit ist kein kurzfristiges Projekt, sondern ein kontinuierlicher Prozess. Bei uns geht es nicht nur um das Bewusstsein für Artenvielfalt, sondern auch um Ressourcenschonung. Ein Beispiel ist die Umstellung auf wassersparende Maßnahmen. In Zusammenarbeit mit den Stadtwerken haben wir Trockenheitssensoren installiert, die uns helfen, gezielt zu bewässern, ohne zu viel Wasser zu verbrauchen. Außerdem setzen wir immer mehr auf E-Autos und Photovoltaikanlagen, um den Betrieb des Blühenden Barocks nachhaltig zu gestalten. Natürlich stehen wir immer noch vor Herausforderungen, aber wir versuchen, in allen Bereichen dazuzulernen und unser Handeln konsequent an ökologischen Prinzipien auszurichten.
LB24: Das Blühende Barock ist ein historisches Gartendenkmal. Wie gelingt es Ihnen, Tradition und moderne Anforderungen in Einklang zu bringen?
Petra Herrling: Das ist eine der spannendsten Aufgaben und gleichzeitig eine der größten Herausforderungen. Die historische Bedeutung des Blühenden Barocks ist unbestritten, und wir möchten diese Tradition bewahren. Doch gleichzeitig sind wir auch gefordert, den Garten in die Zukunft zu führen. Das bedeutet, dass wir sehr behutsam mit den historischen Elementen umgehen müssen, etwa bei der Restaurierung von Gartenbereichen, die in ihrem ursprünglichen Zustand erhalten bleiben sollen. Doch in Bereichen, in denen wir modernisieren können, wie bei der Gestaltung von Beeten oder bei nachhaltigen Infrastrukturprojekten, gehen wir voran. Wir sind stets auf der Suche nach einem Gleichgewicht zwischen dem Erhalt der Geschichte und der Schaffung einer zukunftsfähigen Umgebung.
LB24: Was sind die langfristigen Visionen für das Blühende Barock?
Petra Herrling: Unsere Vision ist es, das Blühende Barock als einen lebendigen Ort der Begegnung und des Wissens zu erhalten. In den nächsten Jahren möchten wir noch stärker als Plattform für Bildung und Nachhaltigkeit fungieren. Der Garten soll nicht nur ein Ort der Erholung sein, sondern auch ein Ort, an dem wir die Besucher für wichtige Themen wie den Klimawandel und die Artenvielfalt sensibilisieren. Langfristig möchten wir den Blühenden Barock als ein Modell für nachhaltige Gartengestaltung und eine Plattform für Kunst und Kultur etablieren, das sowohl Tradition bewahrt als auch zukunftsweisende Konzepte integriert.
LB24: Das Blühende Barock ist für viele ein Symbol für Kunst und Natur in Ludwigsburg. Was bedeutet dieser Ort für Sie persönlich und welche Verantwortung tragen Sie als Direktorin?
Petra Herrling: Für mich ist das Blühende Barock nicht nur ein Garten, sondern ein lebendiges Kulturerbe, das mit seiner Geschichte und seiner Vielfalt eine einzigartige Rolle in Ludwigsburg spielt. Als Direktorin fühle ich mich verantwortlich dafür, dieses Erbe zu bewahren und gleichzeitig innovative Konzepte zu entwickeln, die es auch zukünftigen Generationen zugänglich und spannend machen. Es ist meine Aufgabe, Tradition und Moderne miteinander zu vereinen und den Garten als lebendigen Ort der Begegnung zu fördern.
Frau Herrling, wir danken Ihnen für das Gespräch!