Nach Maut-Skandal: Ex-Verkehrsminister Scheuer legt Bundestagsmandat nieder

Berlin – Ex-Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) legt sein Bundestagsmandat nieder. Das berichtet die “Bild”.

“Nach dem heutigen 1. April 2024 lege ich mein Mandat als Mitglied des Deutschen Bundestages nieder”, zitiert die Zeitung den CSU-Politiker am Montag. Scheuer danke den Menschen für “die Unterstützung, die Treue und das Vertrauen”.

Bereits im Januar hatte der ehemalige Verkehrsminister angekündigt, bei der kommenden Bundestagswahl nicht noch einmal kandidieren zu wollen. Scheuer war seit 2002 Mitglied des Bundestags und vertrat dort den Wahlkreis Passau. Im vierten Kabinett von Angela Merkel wurde er Verkehrsminister.

In seine Amtszeit fällt das Debakel um die Pkw-Maut. Aufgrund des Scheiterns des Vorhabens hatte der Bund 243 Millionen Euro Schadensersatz an die vorgesehenen Betreiber zahlen müssen. Der Bund verzichtete später auf eine Klage gegen den CSU-Politiker.

red

So teuer kommt uns die gescheiterte Pkw-Maut zu stehen

Aus die Maut und weg mit dem Geld. Die gescheiterte Pkw-Maut hat von 2014 bis 2019 Kosten von 53,6 Millionen Euro verursacht, zudem müssen hunderte Planstellen wieder abgebaut werden. Das geht aus einer Vorlage des Bundesverkehrsministeriums für den Verkehrsausschuss des Bundestags hervor, die dem Tagesspiegel vorliegt.

“Ob und eventuell in welcher Höhe Entschädigungszahlungen auf Grund der Kündigung des Betreibervertrages zu leisten ist, ist derzeit rein spekulativ”, heißt es in der Vorlage mit Blick auf Schätzungen von rund 300 Millionen Euro an Entschädigungszahlungen. “Die Vertragsverhältnisse mit dem Betreiber für die Erhebung und dem Auftragnehmer für die automatische Kontrolle der Infrastrukturabgabe wurden mit Schreiben vom 18. Juni 2019 gekündigt”, betont das Ministerium.

Besonders peinlich: Das Bundesverkehrsministerium hatte trotz einer noch ausstehenden Klage Österreichs beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) dem Konzertveranstalter CTS Eventim und seinem österreichischen Partner Kapsch TrafficCom einen rund zwei Milliarden Euro schweren Auftrag zur Organisation der Maut erteilt. Hintergrund: Die Pkw-Maut galt als wahltaktisches Prestige-Objekt der CDU. mid/rlo

Gerichtsurteil: Deutsche Pkw-Maut verstößt gegen EU-Recht

Die deutsche Pkw-Maut wird zur unendlichen Geschichte. Mit Pauken und Trompeten wollte die CSU einst ihr Prestige-Projekt durchbringen. Doch es kam wie es kommen musste: Der Europäische Gerichtshof (EuGH) zeigte dem Vorhaben jetzt die Rote Karte.

Die Richter gaben einer Klage von Österreich keineswegs unerwartet statt. Der Grund: Die geplante Abgabe sei diskriminierend, so die Richter. Die Pkw-Maut hätte ab Oktober 2020 für Deutsche auf Autobahnen und Landstraßen, für Ausländer nur auf Autobahnen gelten sollen. Österreich störte sich daran, dass deutsche Staatsbürger über die Kfz-Steuer entsprechend hätten entlastet werden sollen.

Nachdem der Europäische Gerichtshof das Aus für das deutsche Maut-Vorhaben verkündet hat, fordert der ADAC nun den vollständigen Verzicht auf die Infrastrukturabgabe. ADAC Vizepräsident für Verkehr, Gerhard Hillebrand: “Für den ADAC war von Beginn an von besonderer Bedeutung, dass kein deutscher Autofahrer durch eine Maut zusätzlich finanziell belastet werden darf. Dieses Versprechen hatte die Bundesregierung gegeben und darauf zählen wir jetzt auch.” Die Koalition hatte seinerzeit eine finanzielle Mehrbelastung der heimischen Autofahrer ausdrücklich ausgeschlossen, erinnert der ADAC. Dieses Versprechen müsse angesichts der bereits hohen Belastungen für Autofahrer eingehalten werden.

Ähnlich wird das Urteil auch an vielen anderen Stelle kommentiert. “Das EuGH-Urteil muss das endgültige Aus für die Pkw-Maut in Deutschland sein. Die CSU ist gefordert, ihre Mautpläne nach 20 Jahren Kampfeszug zu begraben, anstatt noch weitere Gelder zu verbrennen”, sagt Stefan Heimlich, Vorsitzender des Auto Clubs Europa (ACE). Allein 40 Millionen Euro seien bereits in die Vorbereitung zur Maut-Einführung geflossen. Die Entscheidung des EuGH zeige: Diese Ausgaben wären besser in Projekte zur Förderung einer nachhaltigen Mobilität geflossen, so Stefan Heimlich.

“Das EuGH-Urteil kommt überraschend. Der VDA zählt jetzt darauf, dass die Bundesregierung ihr Versprechen einhält und es nach diesem Urteil zu keiner Mehrbelastung für die Halter von in Deutschland zugelassenen Pkw kommt”, heißt es in einer Stellungnahme des Verbands der Automobilindustrie (VDA).

“Das Urteil ist eine Ohrfeige für die Verkehrs- und Umweltpolitik der Großen Koalition. Die von der CSU vorangetriebene Pkw-Maut war von Anfang an ausländerfeindlich, unsozial und ökologisch fragwürdig”, kommentiert Gerd Lottsiepen, verkehrspolitischer Sprecher des ökologischen Verkehrsclub (VCD) die Entscheidung.

Zahlreiche Verbände und Wissenschaftler hätten die Bundesregierung gewarnt, dieses Projekt durchzuziehen, so Gerd Lottsiepen weiter. “Für die Blamage des Verkehrsministeriums müssen die Steuerzahler aufkommen. Es fallen die bis heute angelaufenen Planungskosten und wahrscheinlich auch Entschädigungen von bisher involvierten Firmen an.”

Vor allem auf Druck der CSU war die Maut 2015 beschlossen worden. Schon damals gab es europarechtliche Bedenken. Zunächst hatte auch die EU-Kommission protestiert, sie gab ihren Widerstand nach Änderungen an den Plänen auf. Österreich zog vor Gericht und hat nun Recht bekommen. Dass die Pläne in Deutschland nun noch weiter verfolgt werden, gilt nach Ansicht von Experten als unwahrscheinlich.

In Anspielung auf die berühmten Lach- und Sachgeschichten aus dem Kinder-Fernsehen bleibt festzuhalten: Die “Sendung mit der Maut” ist endgültig zur Lachnummer verkommen.