Unbekannte beschmieren Türkisches Kulturzentrum in Ludwigsburg mit beleidigender Botschaft

Ludwigsburg – Zwischen Sonntag, dem 29. Oktober, um 18:00 Uhr und Dienstag, dem 31. Oktober 2023, um 19:30 Uhr verübten noch unbekannte Täter einen Vorfall am Türkischen Kulturzentrum in der Kaiserstraße im Ludwigsburger Westen. Hierbei brachten sie eine beleidigende Botschaft an, die sich gegen den amtierenden türkischen Präsidenten richtete und nutzten dafür rote Farbe. Der genaue Sachschaden konnte bisher noch nicht beziffert werden, berichtet das Polizeipräsidium Ludwigsburg.

Zeugen, die sachdienliche Hinweise zu diesem Vorfall haben, können, sich an die Kriminalpolizei des Polizeipräsidiums Ludwigsburg wenden – Telefonnummer 0800 1100225 oder per E-Mail unter hinweise.kripo.boeblingen@polizei.bwl.de erreichen.

red

Spannungen vor geplantem Deutschland-Besuch des türkischen Präsidenten Erdogan

Nach den Äußerungen des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan, in denen er den Westen kritisierte und die Hamas lobte, wächst die Kritik in der Ampel-Koalition am geplanten Besuch Erdogans in Berlin. Die Vorsitzende der Grünen, Franziska Brandmann, bezeichnete Erdogans Aussagen als “hetzend” und forderte, dass ihm kein roter Teppich in Deutschland ausgerollt werden sollte. Sie plädierte stattdessen für eine Absage des geplanten Besuchs.

Auch Konstantin Kuhle, stellvertretender FDP-Fraktionsvorsitzender, äußerte Bedenken. Er bezeichnete Erdogan als “rhetorischen Brandstifter” und warnte vor den israelfeindlichen Aussagen des türkischen Präsidenten, die Einfluss auf muslimische und türkeistämmige Communities in Deutschland haben könnten.

Der Ludwigsburger SPD-Bundestagsabgeordnete Macit Karaahmetoglu, Präsident der Deutsch-Türkischen Gesellschaft, kritisierte Erdogan scharf und wies darauf hin, dass die Hamas als Terrororganisation eingestuft sei. Kanzler Olaf Scholz werde bei einem Treffen mit Erdogan deutlich machen, dass die Verbrechen der Hamas nicht verharmlost werden dürften.

Auch Sergey Lagodinsky, EU-Abgeordneter der Grünen und Vorsitzender der EU-Türkei-Delegation im Europäischen Parlament, verurteilte Erdogans Worte als “inakzeptabel und hochgefährlich”. Er forderte von Bundeskanzler Scholz und anderen westlichen Regierungschefs, Erdogan dazu zu bewegen, seine antisemitische und anti-israelische Propaganda einzustellen.

red

Galerie

Historisches Fest in Ludwigsburg: 2.500 Menschen feiern den 100. Geburtstag der Türkischen Republik

Von Ayhan Eren Güneş

Ludwigsburg – Am 29. Oktober 2023 beging die Republik Türkei ein außergewöhnliches Jubiläum – 100 Jahre Unabhängigkeit und Freiheit. Auch in Ludwigsburg fand am Sonntag eine eindrucksvolle Feier anlässlich dieses historischen Ereignisses statt. Der Türkische Elternverein in Ludwigsburg (LUTEV) war der Gastgeber dieser besonderen Veranstaltung.

Den Angaben des Veranstalters zufolge versammelten sich auf dem Ludwigsburger Rathausplatz rund 2.500 Teilnehmer, um an diesen beeindruckenden Feierlichkeiten teilzunehmen. Von 13:00 bis 20:00 Uhr erwartete die Besucher ein vielfältiges Unterhaltungsprogramm. Traditionelle und moderne türkische Musik, faszinierende Tanzvorführungen sowie inspirierende Reden und Präsentationen boten eine breite Palette an Unterhaltung und nahmen die Besucher auf eine kulturelle Reise mit. Live-Musik sorgte für eine mitreißende Stimmung, und gegen 18:00 Uhr erstrahlte der Himmel über Ludwigsburg in einer atemberaubenden Laser-Show.

Die Gäste hatten die Möglichkeit, neben dem Bühnenprogramm zahlreiche Attraktionen zu genießen. Die türkische Kultur zeigte sich in all ihrer Pracht, begleitet von einer kulinarischen Reise durch die Vielfalt der türkischen Küche – von herzhaften Gerichten bis hin zu süßen Versuchungen war für jeden Geschmack etwas dabei.

Doch dieser Tag war nicht nur ein Augenschmaus und ein Ohrenfest, sondern auch eine Hommage an die enge Verbindung zwischen Deutschland und der Türkei. Der Türkische Elternverein in Ludwigsburg (LUTEV) feiert bereits seit fast 30 Jahren den Gründungstag der Türkei am 29. Oktober, doch das diesjährige 100-jährige Jubiläum des Landes war zweifellos ein Höhepunkt. Die Ansprachen der Türkischen Generalkonsulin Makbule Kocak Kacar, Ludwigsburgs Bürgermeister Sebastian Mannl und LUTEV Vorstandsmitglied Güner Öztel unterstrichen die Bedeutung dieses Tages, nicht nur für die türkische Gemeinschaft, sondern für die gesamte Stadtgemeinschaft.

Besonders beeindruckend war die Beteiligung von 254 Kindern aus verschiedenen Gemeinden des Landkreises. Sie begeisterten das Publikum mit türkischer Folklore, beeindruckenden Kampfsportakrobatik sowie mitreißenden Tanz- und Musikdarbietungen.

Obwohl ein Regenschauer den Tag abschloss, ließen sich die Besucher nicht entmutigen und feierten bis zum Schluss. Güner Öztel, Vorständin von LUTEV, war von der großen Resonanz tief gerührt und bedankte sich bei allen Ludwigsburgern für ihre Teilnahme, insbesondere bei der Stadt Ludwigsburg für ihre tatkräftige Unterstützung.

Die Veranstaltung auf dem Ludwigsburger Rathausplatz war ein beeindruckendes Zeugnis für die Freude, Vielfalt und kulturelle Verbundenheit beider Länder.

Türkei feiert 100 Jahre “Republik”: Ludwigsburger Bundestagsabgeordneter Karaahmetoğlu würdigt Staatsgründer Atatürk

Ludwigsburg/Berlin/Ankara – Die Türkei begeht in diesem Jahr ihr 100-jähriges Bestehen als Republik, ein bemerkenswertes Jubiläum für das Land, das in seiner Geschichte zahlreiche Höhen und Tiefen erlebt hat. Die türkische Diaspora in Deutschland schließt sich den Feierlichkeiten an, und es wird erwartet, dass Präsident Recep Tayyip Erdogan im November zu Gesprächen nach Berlin reisen wird, wie die “Frankfurter Allgemeine Zeitung” (FAZ) berichtet. 

Derweil hebt Macit Karaahmetoğlu, SPD-Bundestagsabgeordneter aus Ludwigsburg, die Bedeutung von Staatsgründer Atatürk hervor.

In Deutschland begehen die 14 türkischen Generalkonsulate und die Botschaft in Berlin dieses historische Ereignis mit einer Vielzahl von Veranstaltungen. In Berlin steht ein beeindruckendes Gala-Konzert mit dem staatlichen Istanbuler Symphonie Orchester auf dem Programm. Es wird auch eine Ausstellung und ein großer Empfang erwartet.

Ein Höhepunkt dieser Feierlichkeiten ist zweifelsohne das 100-jährige Bestehen der Türkischen Republik. Die Türkei, gegründet von Mustafa Kemal Atatürk, hat sich in dieser Zeit zu einer modernen und demokratischen Nation entwickelt. Macit Karaahmetoğlu, SPD-Bundestagsabgeordneter aus Ludwigsburg, würdigt die Bedeutung von Atatürk und sagt: “Mustafa Kemal Atatürk war ein genialer Stratege und ein erfolgreicher Soldat, der den Befreiungskampf der Türkei organisiert und angeführt hat. Was ihn jedoch auszeichnet, ist sein Gespür, mit dem er den Wandel und die fortschrittliche Weiterentwicklung der menschlichen Zivilisation erkannte. Er hat die Türken von Untertanen zu Bürgern gemacht, die Gleichberechtigung von Frauen und Bildung für alle ermöglicht. Als Sozialdemokrat bin ich ihm für diese Errungenschaften auf ewig dankbar.”

Die Feierlichkeiten erstrecken sich jedoch über die Grenzen Deutschlands hinaus. In der Türkei finden am 100. Jahrestag der Republik große Veranstaltungen statt, vor allem in Städten wie Istanbul, Ankara und Izmir. Prof. Fahrettin Altun, Direktor für Kommunikation des türkischen Präsidenten Recep Tayip Erdogan, hebt dabei hervor, dass der 100. Jahrestag der Türkei in Einheit und Solidarität gefeiert werde. Das Atatürk Kulturzentrum in Taksim, Istanbul, beherbergt die beeindruckende Ausstellung “Das Jahrhundert der Türkei von der Vergangenheit bis zur Gegenwart”, die einen Einblick in die Geschichte und Entwicklung des Landes bietet.

Auch in Deutschland haben sich zahlreiche Politiker zu dem Jubiläum geäußert. Sandra Khalatbari, Mitglied der CDU im Abgeordnetenhaus Berlin, sagte zu Ludwigsburg24: “100 Jahre türkische Republik. Ich gratuliere allen Türkinnen und Türken, die einen Beitrag zu diesem Land geleistet haben, das für uns Deutsche heute nicht nur ein schönes Urlaubsziel ist, sondern vor allem ein wichtiger Partner in vielen Belangen. Für die kommenden 100 Jahre wünsche ich mir eine positive Entwicklung unserer Beziehungen – und dass die Türkei wieder vollständig auf den Pfad der Demokratie kommt.”

Die Nachricht, dass Präsident Erdogan im November nach Berlin reisen wird, unterstreicht die Bedeutung der deutsch-türkischen Beziehungen und des Jubiläums. Es bleibt abzuwarten, welche Themen bei den Gesprächen zwischen Deutschland und der Türkei im Mittelpunkt stehen werden, aber es ist sicher, dass diese Ereignisse das Verhältnis beider Länder weiter vertiefen werden.

red

Türkischer Elternverein lädt ein – Ludwigsburg feiert auf dem Rathausplatz 100 Jahre Türkische Republik

Ludwigsburg – Ein Jahrhundert Freiheit und Unabhängigkeit – die Republik Türkei begeht am heutigen Sonntag, den 29. Oktober 2023, ihr 100-jähriges Bestehen, und dies wird  auch in Ludwigsburg mit einer wahrhaft festlichen Veranstaltung gefeiert. Der Türkische Elternverein in Ludwigsburg (LUTEV) unter der Leitung von Vorstand Güner Öztel lädt herzlich zu diesem historischen Jubiläum ein.

Der Rathausplatz in Ludwigsburg wird zur Bühne der Feierlichkeiten, die von 13:00 bis 20:00 Uhr dauern. Das Programm auf der Hauptbühne verspricht Unterhaltung und Inspiration für Besucher jeden Alters. Hier können Sie traditionelle und moderne türkische Musik, Tanzvorführungen, sowie Reden und Präsentationen genießen. Live-Musik sorgt für eine mitreißende Stimmung und ab 18:00 Uhr erwartet Sie eine Laser-Show, die den Himmel über Ludwigsburg in ein farbenfrohes Spektakel verwandeln wird.

Parallel zum Bühnenprogramm gibt es zahlreiche Attraktionen, darunter eine Fotobox, eine Cocktailbar, Kinderschminken und ein Clown, um die Feststimmung zu erhöhen.

Die türkische Kultur präsentiert sich in voller Pracht, und das gastronomische Angebot sorgt für eine kulinarische Reise durch die Türkei. Von herzhaften Köstlichkeiten bis hin zu süßen Leckereien bietet die türkische Küche für jeden Geschmack etwas. Dies ist eine einzigartige Gelegenheit, die reiche Vielfalt der türkischen Kultur und kulinarischen Traditionen hautnah zu erleben.

red

Türkische Wahl und deutsche Politik: Die türkische Gemeinde im Fokus – Interview mit Macit Karaahmetoglu

Am 28. Mai erzielte Amtsinhaber Erdogan einen knappen Sieg in der Stichwahl um das höchste Amt der Türkei und wird somit weiterhin als Staatspräsident fungieren. Die politischen Ereignisse im Vorfeld und im Nachgang dieser emotional geführten Wahl entfachten leidenschaftliche Diskussionen und hitzige Debatten, sowohl in der Türkei als auch hierzulande in Deutschland. Inmitten dieses aufgeladenen politischen Klimas äußerte sich der SPD-Bundestagsabgeordnete Macit Karaahmetoglu aus Ludwigsburg in einem exklusiven Interview mit Ludwigsburg24 zu den brisanten Themen. Das Gespräch beleuchtet eine Vielzahl facettenreicher Aspekte und bietet einen eindrucksvollen Einblick in das Wahlverhalten türkischer Staatsbürger in Deutschland sowie die Beweggründe deutscher Politiker, die sich entschieden gegen Erdogan positionierten. Zudem äußerte Karaahmetoglu eine kritische Haltung gegenüber Agrarminister Cem Özdemir aufgrund seines umstrittenen Vergleichs, der eine breite Debatte auslöste und zu kontroversen Reaktionen führte.

Ein Interview von Ayhan Güneş

LB24: Im Vorfeld der Präsidentschaftswahlen, sowohl im ersten Wahlgang als auch in der Stichwahl, haben sich zahlreiche deutsche Politikerinnen, Politiker und Mandatsträger öffentlich geäußert. Die Vorsitzenden der Grünen haben eine eindeutige Haltung gegenüber Präsident Erdogan eingenommen und klar dazu aufgerufen, nicht für ihn zu stimmen. Auch Sie haben sich gegen Erdogan ausgesprochen. Was ist die Motivation solcher Äußerungen?

MK: Es ist ein Unterschied, ob man als einzelner Abgeordneter wie ich sagt, dass man sich einen Erfolg der Opposition wünschen würde oder ob Parteivorsitzende sowie Bundesminister eine explizite Wahlempfehlung abgeben. Zweites halte ich für bedenklich. Es war unterm Strich eine Unterstützung von Erdogan, der sich in seiner Erzählung, westliche Mächte würden sich ständig einmischen, bestätigt sehen konnte. Ich glaube, dass die Grünen eigentlich mit einem außenpolitischen Thema Innenpolitik betrieben haben. Sprich: Sie wollten bei deutschen Wählerinnen und Wählern punkten mit einem populistischen Wahlaufruf.

LB24: Warum wurde im Vorfeld von Wahlen wie beispielsweise in Russland 2018 oder China keine solchen Aussagen und Empfehlungen abgegeben? Was waren die Gründe für diese Zurückhaltung?

MK: Das hat vor allem damit zu tun, dass die Türkei für uns ein besonders wichtiges Land ist. Es hat strategisch gesehen eine große Bedeutung, da es sich in einer Region befindet, in der es viele Konflikte und Krisen gibt. Die Türkei liegt zwischen Europa, Asien und Afrika. Zudem ist sie nach wie vor EU-Beitrittskandidat und NATO-Mitglied, wir haben starke wirtschaftliche Beziehungen und eine bedeutende türkischstämmige Bevölkerung in Deutschland. Die Geschichte zwischen Deutschland und der Türkei ist tiefgreifend und hat starke Traditionen. Aus diesen Gründen ist die Türkei für uns ein wichtiges Land.

LB24: Russland und China sind ebenfalls bedeutende Länder für Europa und Deutschland, und auch hier leben eine beträchtliche Anzahl an Russlanddeutschen.

MK: China kann man nicht mit Russland oder der Türkei vergleichen, da es geografisch weit entfernt ist und es hier vergleichsweise wenige Chinesen gibt. Die Verbindung zu China ist eine andere. Was Russland betrifft, gibt es hier in Deutschland zwar viele Menschen russlandstämmiger Herkunft, das Land ist aber weder mit der EU noch der NATO verbunden. Entscheidender Unterschied ist zudem, dass die Türkei eine starke Zivilgesellschaft hat und Machtwechsel grundsätzlich durch Wahlen möglich sind. Das hat man bei den Kommunalwahlen 2018 gesehen.

LB24: Viele türkischstämmige Wähler in Deutschland fühlten sich von Politikerinnen und Politikern bevormundet, da diese klare Wahlempfehlungen gegen Erdogan und für die Opposition aussprachen. Es entstand der Eindruck, dass sich die Politik nicht um ihre Belange und Bedürfnisse kümmert, es sei denn, es geht um Erdogan. Hat sich diese Strategie letztendlich als kontraproduktiv erwiesen?

MK: Man muss berücksichtigen, dass wir uns in einem freien Land befinden, in dem man sich auch frei äußern darf. Dass dies auch zu einem Land wie der Türkei passiert, zu dem wir  starke Verbindungen haben, ist daher völlig klar. Millionen von Menschen machen Urlaub in der Türkei, es gibt deutsch-türkische Familien und rund 3 Millionen Menschen mit türkischen Wurzeln leben hier. Daher ist es natürlich, dass sich die Menschen für die Türkei interessieren und ihre Meinung äußern möchten. Ich selbst wurde in der Türkei geboren und habe starke Verbindungen zu diesem Land. Folgerichtig interessiere ich mich für das politische Schicksal der Türkei und äußere auch meinen Wunsch, dass das Land auf den Pfad der Demokratie und Rechtsstaatlichkeit zurückkehrt.

Auf der anderen Seite halte ich es für falsch, wenn nicht nur Einzelpersonen und Abgeordnete sondern Institutionen und sogar Parteien solche Vorschläge machen oder Wahlempfehlungen abgeben. Die türkischstämmigen Menschen haben dann natürlich einen Punkt, wenn sie sagen, dass ihre Anliegen nur selten Beachtung finden, man sich dann aber für sie interessiert, wenn sie Erdogan wählen.

LB24: Würden Sie diese Wahl als Schicksalswahl bezeichnen?

MK: Ich persönlich halte es nicht für angemessen, jede Wahl in der Türkei als Schicksalswahl zu bezeichnen. Die Grundbedingungen der Wahl waren nicht fair dadurch dass Erdogan 90% der Medien kontrolliert. Er führte einen schmutzigen Wahlkampf, in dem er die Opposition mit Lügen überzog. Er präsentierte sogar ein gefälschtes Video vor Zehntausenden von Zuschauern und verbreitete es über die kontrollierten Medien weiter. Alles stand unter dem Ziel, den Oppositionsführer in die Nähe der Terrororganisation PKK zu rücken.

Trotz dieser massiven Propaganda gelang es Erdogan am Ende nur, 52 Prozent der Stimmen zu erhalten. Das zeigt, dass wir in der Türkei eine starke Zivilgesellschaft und eine starke Opposition haben. Mit dieser Wahl ist vielleicht der Weg für die nächsten Jahre aber gewiss nicht das Schicksal des Landes besiegelt worden.

LB24: In Deutschland haben rund 730.000 Wähler (entspricht 67 %) für Erdogan gestimmt, was im Vergleich zur Türkei und anderen Ländern außerhalb der Türkei eine sehr deutliche Mehrheit darstellt. Wie erklären Sie sich das?

MK: Es gibt drei Gründe dafür. Der erste Grund ist, dass viele Türken, die in Deutschland leben, aus den Erdogan-Hochburgen Schwarzes Meer und Inneranatolien stammen, wo die Mehrheit bereits konservativ geprägt ist und daher eine natürliche Nähe zur Partei AKP und Erdogan empfindet.

Der zweite Grund ist – wir haben es eben schon angerissen – dass viele Menschen mit türkisch-muslimischem Hintergrund in Deutschland das Gefühl haben, benachteiligt zu sein. Sie empfinden zudem, dass die Türkei nicht die Wertschätzung erhält, die sie verdient, und dass sie selbst als Bürger dieses Landes abschätzig behandelt werden. Sie haben das Gefühl, als Menschen zweiter Klasse betrachtet zu werden. Viele von ihnen fühlen sich diskriminiert bei der Wohnungssuche und der Jobsuche. Das Thema der doppelten Staatsbürgerschaft betrifft sie ebenfalls, da sie oft davon ausgeschlossen sind. Das kommunale Wahlrecht ist ein weiteres Thema, bei dem sie benachteiligt werden. All diese Formen der Benachteiligung führen dazu, dass Erdogan für viele dann die Antwort ist. Er gibt ihnen das Gefühl, etwas wert zu sein. Er hat die Türkei zu einer regionalen Macht geformt und gilt als starker Mann, der all diesen Ungerechtigkeiten und den Staaten des Westens etwas entgegenzusetzen hat.

Der dritte Grund ist, dass die Türken in Deutschland sich fast ausschließlich aus Medienquellen informieren, die von Erdogan kontrolliert werden. Das betrifft fast 90 Prozent der Medien, die von den Deutsch-Türken nahezu ausschließlich konsumiert werden. Dadurch entsteht natürlich ein Bild von Erdogan, das nicht der Realität entspricht.

LB24: Nachdem bekannt gegeben wurde, dass Erdogan die Stichwahl gewonnen hatte, kam es spontan zu Jubelfeiern und Autokorsos in vielen deutschen Städten, einschließlich Stuttgart und der Region. Es entstand der Eindruck, als hätte die Türkei die Fußballweltmeisterschaft gewonnen, obwohl es eigentlich nur eine innenpolitische Wahl war.

Wie ist das zu erklären?

MK: Das zeigt die emotionale Seite der gesamten Situation. Man kann sagen, dass es zwei Mannschaften gibt: das türkische Team und das türkeikritische Team. Die Menschen haben den Eindruck, dass das pro-türkische Team gewonnen hat, und das ist der Grund für die Feiern. Es ist wichtig zu betonen, dass dies nur ihre persönliche Empfindung ist und nicht die objektive Realität widerspiegelt. Aus ihrer Perspektive haben diejenigen verloren, die die Türkei nicht lieben und den Türken etwas Schlechtes wünschen.

LB24: So gesehen war es mehr als nur eine politische Wahl.

MK: Es ist klar, dass es für die Türken eine emotionale Angelegenheit war. Für viele war die Wahl Erdogans gleichzeitig eine Gelegenheit, der Mehrheitsgesellschaft, die die Türken und die Türkei so wenig wertschätzt, einen Denkzettel zu verpassen. Es ging ihnen um mehr als nur politische Entscheidungen.

LB24: Viele Menschen haben auch für die Opposition gestimmt. Wie gedenken Sie und Ihre Partei nach der Wahl mit diesen enttäuschten Menschen umzugehen?

MK: Es ist wichtig, immer wieder deutlich zu machen, dass eben knapp die Hälfte der Wählenden für die Opposition gestimmt hat. Die pro-demokratische türkische Zivilgesellschaft muss sichtbar bleiben und gehört werden. Das umfasst auch diejenigen, die in Deutschland leben und sich für eine Rückkehr zur Demokratie, die Stärkung von Minderheitenrechten oder den wirtschaftlichen Aufschwung in der Türkei stark machen. Die SPD ist Schwesterpartei der CHP und wird weiter solidarisch an ihrer Seite stehen in der Hoffnung, dass sie eines Tages ein noch besseres Ergebnis zum Wohl der Türkei einfahren kann.

LB24: War es im Großen und Ganzen trotzdem eine demokratische Wahl?

MK: In der Wissenschaft kursiert für die heutige Türkei der Begriff der elektoralen Autokratie. Erdogan ist Autokrat, es finden aber freie Wahlen im Sinne einer weitestgehend freien Stimmabgabe statt. Die Bedingungen vor der Wahl waren aber keineswegs fair. Die einseitige Kontrolle der Medien und die ungleiche Präsenz der Kandidaten haben zu einer Verzerrung des Wahlkampfes geführt. Dies beeinträchtigt die demokratische Legitimation der Wahl. Es ist wichtig, diese Ungleichheiten anzusprechen und sicherzustellen, dass zukünftige Wahlen in der Türkei demokratisch und fair sind, indem gleiche Chancen für alle Kandidaten und Parteien gewährleistet werden.

LB24: Landwirtschaftsminister Cem Özdemir hatte Bundeskanzler Scholz aufgefordert, in Bezug auf die Türkei eine Zeitenwende einzuläuten, indem er die Wahl Erdogans mit dem Angriffskrieg Russlands verglichen hatte. Wie beurteilen Sie diese Aussage?

MK: Ich finde es völlig unangemessen, die Wahl in der Türkei mit dem völkerrechtswidrigen Angriffskrieg Russlands auch nur irgendwie zu vergleichen. Und das tut der Begriff „Zeitenwende“ unweigerlich. Die Situation in der Ukraine ist eine humanitäre Tragödie mit schwerwiegenden Konsequenzen für Millionen von Menschen. Solche Vergleiche sollten mit Vorsicht und Sensibilität gemacht werden, um die Ernsthaftigkeit der Ereignisse angemessen zu würdigen. Es ist wichtig, dass politische Aussagen verantwortungsvoll und fundiert sind, um den tatsächlichen Situationen gerecht zu werden.

Herr Karaahmetoglu, wir danken Ihnen für das Gespräch.

Scholz und Erdogan diskutieren Sicherheitslage in Europa und Schwedens Beitritt zur Nato

Berlin/Ankara  – Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat am Mittwoch mit dem türkischen Präsidenten Recep Erdogan telefoniert. Wie Regierungssprecher Steffen Hebestreit am Abend mitteilte, hätten sich die beiden “zum bevorstehenden Nato-Gipfel und den dort auf der Agenda stehenden Themen ausgetauscht, insbesondere zur Sicherheitslage in Europa mit Blick auf den Krieg Russlands gegen die Ukraine und zum baldigen Abschluss des Beitritts Schwedens zum Bündnis”. Wie üblich nach solchen Gesprächen, hielt sich der Regierungssprecher extrem bedeckt, was den tatsächlichen Inhalt der Gespräche anging, aber das Thema Schweden dürfte wohl für Zündstoff gesorgt haben: Erst am Mittwoch war bekannt geworden, dass die schwedische Polizei eine Koran-Verbrennung vor einer Moschee erlaubt – das erbost unter anderem auch die Türkei.

“Der Bundeskanzler und der Staatspräsident haben außerdem weitere Schritte besprochen, um in verschiedenen Fragen der Zusammenarbeit weiter zu kooperieren und den Austausch zu vertiefen”, sagte der Regierungssprecher außerdem.

red

Abkommen für Getreide-Lieferungen aus der Ukraine unterschrieben

Istanbul – Im Streit um Getreide-Lieferungen aus der Ukraine gibt es einen Durchbruch. Das Land unterschrieb ebenso wie Russland, die Türkei und die Vereinten Nationen am Freitag ein Abkommen, wonach die Lieferungen durch das Schwarze Meer wieder ermöglicht werden. Das bestätigte unter anderem UN-Generalsekretär António Guterres, der für seine Unterschrift nach Istanbul gereist war.

Das Abkommen werde “dazu beitragen, eine Nahrungsmittelknappheitskatastrophe für Millionen weltweit zu vermeiden”, so Guterres. Die Ukraine gilt als einer der größten Getreide-Exporteure der Welt, die Ausfuhr von 20 Millionen Tonnen war zuletzt wegen des Krieges durch Russland blockiert. Dem Vernehmen nach soll nun in Istanbul ein gemeinsames “Kontrollzentrum” betrieben werden, das die genauen Koordinaten für die Getreidetransporte überwacht.

red / dts

In diesen Urlaubsländer ist das Preisniveau am niedrigsten: Türkei und Malediven an der Spitze

Das Preisniveau für Gaststätten- und Hoteldienstleistungen ist in vielen beliebten Urlaubsländern deutlich niedriger als in Deutschland. Das teilte das Statistische Bundesamt (Destatis) am Dienstag mit. Unter allen ausgewählten europäischen Urlaubsländern war das Preisniveau demnach im Februar 2022 in italienischen Restaurants und Hotels am höchsten, lag aber immer noch um drei Prozent unter dem in Deutschland.

In Spanien zahlten Urlauber für Gaststätten- und Hoteldienstleistungen 17 Prozent weniger als in Deutschland und in Zypern 19 Prozent weniger. Die bei Touristen beliebten EU-Staaten Griechenland (-21 Prozent) und Kroatien (-24 Prozent) waren noch günstiger. Malta und Portugal waren in etwa 30 Prozent preiswerter als Deutschland.

In Nordmazedonien, Montenegro, Bulgarien und Albanien kosteten Hotelaufenthalte und Restaurantbesuche etwa die Hälfte. Wer auf dem afrikanischen Kontinent Urlaub machte, konnte das ebenfalls häufig günstiger tun als in Deutschland. In Tunesien zahlten Urlauber in Restaurants und Hotels 29 Prozent weniger als in Deutschland.

Auch Mauritius war deutlich günstiger: Hier war das Preisniveau für Gaststätten- und Hoteldienstleistungen 49 Prozent niedriger als in der Bundesrepublik. In der Dominikanischen Republik und in Mexiko waren die Gaststätten- und Hoteldienstleistungen um mehr als die Hälfte günstiger als in Deutschland (-55 Prozent). In der Türkei und den Malediven war das Preisniveau für Gaststätten- und Hoteldienstleistungen von allen ausgewählten Staaten am niedrigsten und zwar -64 Prozent.

red / dts

Ukraine-Krieg: Neue Friedensverhandlungen in Istanbul

In Istanbul sollen am Dienstagvormittag neue Friedensverhandlungen zwischen der Ukraine und Russland beginnen. Delegationen beider Länder trafen am späten Montagabend ein. Es sind die ersten persönlichen Gespräche seit mehr als zwei Wochen.

Beginnen sollen sie um 10 Uhr Ortszeit (9 Uhr deutscher Zeit). Die Hoffnungen auf große Fortschritte sind aber gering. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte zuletzt zwar erklärt, Neutralität in Betracht zu ziehen, die Forderungen Russlands gehen aber deutlich weiter.

Auch mehrere Politikwissenschaftler meldeten Zweifel gegenüber dem Format und an den Absichten des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan an. “Ganz bestimmt ist Erdogan kein Friedensengel”, sagte der ehemalige Direktor der Akademie für Politische Bildung (APB) in Tutzing, Heinrich Oberreuter, der “Bild”. Er mache das “mit Sicherheit nicht nur aus humanitären Gründen”.

Erdogan ziele mit der erneuten Einladung zu Friedensgesprächen auf innenpolitische und internationale Prestige-Gewinne ab. Auch die Politologin Ursula Münch sieht die Gespräche mit Skepsis. “Ich traue den Friedensgesprächen nicht und halte sie für eine Verzögerungstaktik”, sagte sie der Zeitung.

“Insgesamt bin ich skeptisch, ob wir mit den Gesprächen nicht nur in einer falschen Sicherheit gewogen werden.” Münch fügte hinzu, dass sie befürchte, “dass solche Gespräche im Grunde von russischer Seite aus betrieben werden, um Zeit zu gewinnen”.

red / dts

 

Seite 3 von 4
1 2 3 4