Wenn die Boomer in Rente gehen

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Baby-Boomer heißt eine breite Generation von Deutschen, die schon viele Arbeitsjahre auf dem Buckel haben. Das bedeutet gleichzeitig: Bald gehen viele von ihnen gleichzeitig in Rente. Das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) Köln warnt vor Wohlstandsverlusten und einer Bremsung des Wachstums, weshalb die neue Bundesregierung sich des Themas annehmen müsse – und es gehe um viel.

Mit einer innovations- und investitionsfreundlichen Politik könne der Lebensstandard im Jahr 2035 um rund 3.000 Euro je Einwohner höher ausfallen als bei einem Weiter-So, zeigt sich das IW überzeugt. In den nächsten 15 Jahren werde sich die deutsche Wirtschaft drastisch wandeln: Die Baby-Boomer arbeiten nicht mehr, auf dem Arbeitsmarkt fehlen dann mehr als fünf Millionen Erwerbstätige. Eine neue IW-Studie, die gemeinsam mit StepStone, New Work SE und Kienbaum Consultants International entstanden ist, untersucht nun die Folgen dieses Wandels. Dafür haben die Wissenschaftler drei Szenarien simuliert:

1. Im Basisszenario sinkt das Arbeitsvolumen wie demografisch vorgezeichnet ab 2025 deutlich und bremst damit das Wirtschaftswachstum. Gleichzeitig gehen die IW-Ökonomen davon aus, dass der Kapitaleinsatz – also Produktionsfaktoren wie Maschinen und Werkzeuge – bis 2035 langsam steigt. Der technische Fortschritt entwickelt sich gleichmäßig weiter, wenn auch in überschaubarem Ausmaß: Viele Fachkräfte fehlen, dadurch gibt es weniger Innovationen. Unter der Annahme eines solchen weitgehenden Weiter-So in der Politik steigt das reale Einkommen pro Kopf bis 2035 nur noch um durchschnittlich rund ein Prozent pro Jahr. Würde es in den kommenden Jahren genauso stark wachsen wie in den vergangenen drei Dekaden, dann läge der Lebensstandard im Jahr 2035 um gut 1.600 Euro je Einwohner höher.

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2. In einem “Positivszenario” gelingt es, die Lücke der Baby-Boomer etwas auszugleichen, es gibt also deutlich mehr Fachkräfte, mehr Kapital und stärkeren technischen Fortschritt als im Basisszenario. Dadurch steigt die Produktivität und das reale Einkommen pro Kopf wächst mit jahresdurchschnittlich 1,4 Prozent deutlich stärker. Damit liegt der Lebensstandard im Jahr 2035 um rund 3.000 Euro höher als im Basisszenario.

3. Es könne aber auch schlechter kommen, “wenn die Wirtschaftspolitik ihre Hausaufgaben nicht macht”, sagt das IW. In einem Negativszenario würden ein schlechteres Innovationsklima und investitionshemmende Weichenstellungen die Wirtschaft deutlich stärker bremsen. Dann drohen spürbare Wohlstandsverluste. Das reale Einkommen pro Kopf würde im Vergleich zum Basisszenario im Jahr 2035 um bis zu 4.000 Euro geringer ausfallen.

Die Politik müsse jetzt handeln. “Den Unternehmen fehlen viele Erwerbstätige”, sagen die Forscher. Würden Kitas und Schulen weiter ausgebaut, könnten viele Eltern Vollzeit statt Teilzeit arbeiten. Auch Zuwanderer können helfen, die Fachkräftelücke etwas zu schließen. Lebenslanges Lernen und gezielte Weiterbildungen seien unverzichtbar, um ältere Beschäftigte langfristig am Arbeitsmarkt zu halten.

Lars Wallerang / glp