“Bei uns allen hat dieses Virus viel verändert”

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Eine Kolumne von Steffen Bilger, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur und Bundestagsabgeordneter der CDU

Das Jahr 2020 wird uns als das Jahr der Corona-Krise noch sehr lange in Erinnerung bleiben. Bei uns allen hat dieses Virus viel verändert. Neben vielen negativen Folgen der Corona-Krise sehe ich auch ein paar positive Begleiterscheinungen: ein Mehr an Miteinander, für viele mehr Zeit mit der Familie und eine gewisse Entschleunigung. Berufsgruppen, welche bisher noch nicht so sehr im Vordergrund standen, haben endlich die gebührende Wertschätzung erfahren, sobald ihre “Systemrelevanz” entdeckt wurde. Zu meinen Aufgaben gehört, dass ich mich für die Bundesregierung um den Güterverkehr und die Logistik in Deutschland kümmere. Ohne die LKW-Fahrer hätten wir weder volle Regale im Supermarkt noch würden die Produktionsketten laufen. Auf der einen Seite haben die LKW-Fahrer in der Corona-Krise viel Dankbarkeit erfahren, auf der anderen Seite sah es im Alltag oft ganz anders aus. Deshalb habe ich mit anderen die Aktion “Logistikhilft” initiiert. Während viele WC-Anlagen für die LKW-Fahrer geschlossen wurden, haben wir neue mobile Anlagen errichtet, die auch zum Duschen genutzt werden können. Wir haben Schutzmasken organisiert und auch sonst einiges unternommen, um den Dankesworten Taten folgen zu lassen. Beispielsweise solche spontanen Reaktionen auf die Corona-Krise haben meinen veränderten Alltag seit März geprägt.

Wenn ich in meinen Kalender schaue, stelle ich fest, was uns alles dieses Jahr entgeht: “Pferdemarkt-Umzug – abgesagt”, “Eröffnungskonzert Schloßfestspiele – abgesagt”, “Tag der offenen Tür im Wahlkreisbüro – abgesagt”, “Schäferlauf – abgesagt”, “Weinlaube abgesagt” usw. Dadurch werden die Wochenenden für einen Politiker ungewohnt terminarm. Mir geht es aber so wie vielen Lesern sicher auch. Die ganzen schönen Feste fehlen. Für mich sind sie immer eine gute Gelegenheit “Volkes Stimme” aufzunehmen und natürlich gibt es dabei auch viele angenehme Begegnungen. Aber die Vernunft sagt uns: es ist besser so, solange wir noch keinen Impfstoff haben.

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Auch in der politischen Arbeit, sowohl in den Parteien und Verbänden als auch im Bundestag, haben sich übliche Abläufe komplett verändert. Vorstands- /Ausschuss- / Fraktions- und Arbeitsgruppensitzungen finden plötzlich digital statt – und: es funktioniert! So schlecht sind wir dann doch wieder nicht bei der digitalen Infrastruktur. Bundestagssitzungen und Abstimmungen werden bis heute auf Abstand durchgeführt. Dies hat dem ganzen Parlament, aber sicher auch anderen Gremien einen Digitalisierungs-Schub verliehen, der auch über die jetzige Ausnahmesituation hinaus anhalten wird.

Corona wird erstmal bleiben – sichtbar und auch unsichtbar. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn hat im Zuge einer Regierungsbefragung im Deutschen Bundestag während der Hochphase des Lockdowns gesagt, dass “wir einander in den nächsten Monaten sicher vieles verzeihen werden müssen”. Die Maßnahmen und Entscheidungen, die die Politik seit Mitte März und bis heute getroffen hat, sind sowohl was die Einschränkungen von Wirtschaft, Gesellschaft und öffentlichem Leben als auch die finanzielle Belastung und Nachwirkungen für uns alle betrifft in dieser Form in der Bundesrepublik noch nie da gewesen.

Es gibt Pandemiepläne der Bundesregierung, aber trotzdem waren wir nicht optimal vorbereitet auf eine solche Ausnahmesituation. Die Sitzungen des Bundeskabinetts oder unserer Fraktion, an denen ich in der Krisenzeit teilnehmen durfte, werden mir immer in Erinnerung bleiben. Oft mussten Entscheidungen getroffen werden, obwohl unterschiedliche Experten völlig unterschiedliche Ratschläge gaben. Da hilft kein Zaudern und Zögern: wir sind schließlich gewählt, um zu entscheiden. Aus jetziger Sicht ziehe ich eine positive Bilanz unseres Handelns. Die Menschen in unserem Land haben gut mitgezogen, um die Folgen zu mindern. Aus Fehlern werden wir für die Zukunft lernen, aber noch haben wir einen weiten Weg zu gehen bis wir sagen können: die Corona-Krise ist beendet. Deshalb braucht es von uns allen auch weiterhin viel Vernunft, Rücksichtnahme und Geduld.