Regelmäßig, ehrlich und empathisch: Drei Regeln für erfolgreiche Krisenkommunikation

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Eine Gastkolumne von Jacqueline Schäfer – Präsidentin des Verbands der Redenschreiber deutscher Sprache (VRdS)

Als soziale Wesen ist für uns eine gelungene Kommunikation Voraussetzung für eine funktionierende Gesellschaft. Das wird vor allem in Krisensituationen deutlich. Denn hier kann die richtige oder falsche Ansprache schnell existentiell werden.

Gerade die Corona-Krise hat uns gezeigt, wie wichtig es ist, einerseits überhaupt die Ansprache zu suchen, andererseits den richtigen Ton zu treffen. Das betrifft die politisch Verantwortlichen genauso wie Vertreterinnen und Vertreter der Wissenschaft oder Führungskräfte in Unternehmen. So unterschiedlich deren Aufgaben und Positionen sein mögen: Sie alle benötigen Rückhalt, um handeln zu können. Eine Grundvoraussetzung dafür ist Vertrauen.

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Wer in der Krise Unterstützung will, muss in guten Zeiten die Grundlagen dafür schaffen

Ein zentraler Fehler, den beispielsweise viele Menschen in verantwortlichen Positionen machen, ist, in guten Zeiten auf präventive Maßnahmen zu verzichten. Immer wieder wird damit argumentiert, dass es nicht nötig sei, in Krisenkommunikation zu investieren, schließlich stehe man gut da. Doch Prävention ist die beste Investition, will man von echten Krisen nicht kalt erwischt werden. Was also gilt es zu bedenken?

Regel Nummer eins ist so einfach wie anscheinend schwer zu befolgen: „Kommuniziere regelmäßig!“. Gemeint ist hierbei nicht ausschließlich die Kommunikation nach außen, sondern vielmehr die interne Kommunikation. Eine Vorstandsvorsitzende oder ein Geschäftsführer, die das ganze Jahr für die eigene Belegschaft nicht sicht- oder vernehmbar sind und lediglich zu den Leuten sprechen, wenn es unangenehme Dinge zu verkünden gilt, können schwerlich Vertrauen aufbauen, geschweige denn in schwierigen Situationen auf die Motivation der Mitarbeiter hoffen. Im Gegenteil: Allein die Ankündigung einer Unterrichtung löst schon Ängste und Misstrauen aus. Werden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter jedoch regelmäßig – allerdings nicht inflationär – von den Führungskräften unterrichtet über gute und schlechte Entwicklungen, dann trägt dies zur Transparenz bei – ein Zeichen von Respekt gegenüber den Mitarbeitern. Der schlimmste Fehler, den ein Unternehmen oder eine Institution machen kann, ist, zunächst die Öffentlichkeit zu informieren. Ob Deutsche Bank oder Remstal-Werkstätten – über Arbeitsplatzabbau oder Lohnkürzungen haben die Betroffenen aus der Zeitung erfahren. Ein Unding.

Dabei haben gerade während der Corona-Pandemie viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den unterschiedlichsten Branchen viel Verständnis für die Situation der Unternehmen gezeigt. Dies geschah vor allem dann, wenn die Unternehmensleitung offen kommuniziert hat. Ohne zu beschönigen und ohne zu dramatisieren. Und damit sind wir bei Regel Nummer Zwei: „Kommuniziere ehrlich!“

Nicht beschönigen, nicht dramatisieren

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder galt nie als ein deutschlandweiter Politstar. Und Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte nach langer Amtszeit deutlich an Popularität eingebüßt. Das alles hat sich seit Corona verändert, Merkel und Söder sind nach wie vor laut Umfragen die derzeit beliebtesten Politiker, auch wenn Söder aktuell Einbußen wegen des Testdebakels hinnehmen muss. Ein Grund dafür ist deren Art der öffentlichen Kommunikation. Beide widerstanden der Versuchung, die Gefahr durch das Virus herunterzuspielen, Sicherheit vorzutäuschen oder zu dramatisieren.  Sowohl die Bundeskanzlerin als auch der bayerische Ministerpräsident sprachen in Reden und Pressekonferenzen immer wieder an, dass jede Entscheidung immer nach dem gegenwärtigen Stand der Erkenntnisse getroffen würde. Anders als beispielsweise Boris Johnson in Großbritannien, der zunächst die Folgen des Virus negierte, bekannten sich deutsche Spitzenpolitiker fast aller Parteien dazu, sich in einem permanenten Lernmodus zu befinden. Politik zu Pandemiezeiten bedeutet, auf Sicht zu fahren. Diese Ehrlichkeit zahlt sich aus: Nie war das Zutrauen in die Politik in Deutschland in den letzten Jahren höher als heute. Es zeigt sich, dass das Zugeben von Schwäche („Das ist das, was wir derzeit wissen, morgen kann es anders sein“ – „Die nächsten Wochen werden noch schwerer.“) gepaart mit dem Bemühen, das eigene Handeln zu erklären, statt nur etwas anzuordnen, vertrauensbildend wirkt. Dazu kommt das Befolgen von Regel Nummer Drei: „Kommuniziere empathisch!“ Gerade Bundeskanzlerin Merkel, bekannt für ihre eher zurückhaltenden und nüchternen Ansprachen, überzeugte durch Einfühlsamkeit: „Wir kennen Zuwendung als körperliche Nähe oder Berührung….Im Moment ist nur Abstand Ausdruck von Fürsorge.“

Verständnis zu zeigen erleichtert es, das Notwendige zu fordern, auch wenn dies mit Härten verbunden ist. Empathie ist keine Schwäche, sondern das, was uns als soziale Wesen ausmacht. Das muss sich auch in der Kommunikation widerspiegeln. Gerade in der Krise.

Info: Jacqueline Schäfer ist Präsidentin des Verbands der Redenschreiber deutscher Sprache (VRdS). Die gelernte Journalistin lebt in Berlin und ist deutschlandweit als Medientrainerin, (Krisen)Kommunikationsberaterin und Ghostwriterin für Politik und Unternehmen tätig.