Bundesverwaltungsgericht: Ludwigsburg muss mehr für saubere Luft tun – Diesel-Fahrverbot nicht endgültig vom Tisch

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VON UWE ROTH

Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) Leipzig hat am Freitag (28. Mai) Ludwigsburg quasi zu Bewährung verurteilt. Ein Fahrverbot für Dieselfahrzeuge ist nicht endgültig vom Tisch, aber vorerst auf eine zumindest längere Bank geschoben. Der Verwaltungsgerichtshof Mannheim hatte als Vorinstanz ein unmittelbares Verbot gefordert. Eine solche Anordnung wäre jedoch „unverhältnismäßig“, entschieden die Richter. Im Kern jedoch ist das Urteil der höchsten Gerichtsinstanz zumindest eine Teilniederlage für die Stadtverwaltung und das Land Baden-Württemberg. Beide hatten sich vor der Verhandlung am Mittwoch (26. Mai) hoffnungsvoll gezeigt, das Gericht davon überzeugen zu können, dass ihre Vorschläge zur Luftreinhaltung ausreichend seien, um den NO2-Schadstoffwert dauerhaft in den Griff zu bekommen. Noch im letzten Moment wollte die Stadt größtenteils vom Land bezahlte XXL-Luftfilter an der Schlossstraße gegenüber dem Residenzschloss aufstellen lassen, um dem Gericht ihre Anstrengungen zu belegen. Ludwigsburg24 berichtete.

Das BVerwG hat sich von dieser Aktion anscheinend nicht beeindrucken lassen. Es ist laut seiner Stellungnahme nicht davon überzeugt, dass die Stadt mit den beschlossenen Maßnahmen ihr Planziel erreichen könne. Bereits der Verwaltungsgerichtshof Mannheim hatte in seinem Urteil vor zwei Jahren die Planprognose als fehlerhaft beanstandet. Das BVerwG teilt nun diese Ansicht über eine fehlerhafte Planprognose „insbesondere hinsichtlich der erwarteten Minderung der NO2-Belastung aufgrund einer Erneuerung der Ludwigsburger Fahrzeugflotte“. Weil dem so ist, sind nun die Beklagten gerichtlich aufgefordert, den Luftreinhalteplan für Ludwigsburg zeitnah nachzubessern. Wie das geschehen soll, lässt das Gericht allerdings offen. Da sind nun die Stadt und insbesondere das Regierungspräsidium (RP) Stuttgart gefordert nachzuliefern. Das RP ist zuständig für den Luftreinhalteplan.

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Aus der Sicht der Stadtverwaltung ist dieses Urteil „ein Teilerfolg“. Das BVerwG gestatte, Fahrverbote auszuschließen, wenn alternative Maßnahmen zur Verfügung stünden, heißt es dazu in einer ersten Stellungnahme aus dem Rathaus. Voraussetzung sei, so die Lehren für die Stadt aus dem Urteil, mit einem Gutachten werde nachgewiesen, dass durch zusätzliche Maßnahmen der Grenzwert endgültig eingehalten werden könne. Einen verbindlichen Zeithorizont gebe das BVerwG nicht vor. Die Stadt interpretiert das Urteil so: Das RP Stuttgart könne sich in der Neuauflage des Luftreinhalteplans prinzipiell für Fahrverbote entscheiden, sei dazu aber nicht gezwungen.

Nun hängt alles davon ab, was diese „alle anderen Maßnahmen“ sein könnten, um noch an das Ziel zu kommen, Grenzwerte einzuhalten. Der Stadtverwaltung ist laut eigener Einschätzung klar, dass dies „schnellstmöglich“ passieren muss. Sollten die zusätzlichen Anstrengungen nicht fruchten, könnte in letzter Konsequenz das RP ein Fahrverbot für Dieselfahrzeuge anordnen.

Oberbürgermeister Dr. Matthias Knecht sagte am Freitag über das Urteil: „Es handelt sich hier um eine kurze, vorläufige Einschätzung. Wir müssen die schriftliche Urteilsbegründung des Bundesverwaltungsgerichts abwarten, um ins Detail zu gehen.“ Ludwigsburg habe in der Vergangenheit gemeinsam mit dem Regierungspräsidium umfangreiche Maßnahmen auf den Weg gebracht, um die Luftqualität in der Stadt zu verbessern. „Daran werden wir konsequent weiterarbeiten“, versicherte er. Die Messwerte für Stickstoffdioxid (NO2) seien kontinuierlich gesunken – nur an der viel befahrenen Schlossstraße werde der Grenzwert „noch punktuell“ überschritten. Mit den XXL-Filtern soll dieses Problem, so seine Hoffnung, beseitigt werden.

Die Deutsche Umwelthilfe (DUH), die die Klage vorangetrieben hat, wird Ludwigsburg weiter im Visier haben. Wie Geschäftsführer Jürgen Resch gegenüber Ludwigsburg24 betont hat, sei seine Organisation bereit, gemeinsam mit der Stadt und dem Land über weitere Schritte zur Luftreinhaltung zu beraten. Ein schnelles Fahrverbot sei nicht im Sinn der DUH. Ein gemeinsames Gespräch über das weitere Vorgehen hat das Land laut Resch bislang jedoch abgelehnt. Nun hofft die DUH, dass das Urteil zu einem Umdenken führe.

FDP-Stadträtin Stefanie Knecht, Mitglied im Ausschuss Mobilität, Technik und Umwelt (MTU), versicherte am Freitag in ihrer Stellungnahme zum Urteil, konstruktiv an weiteren Verbesserungen arbeiten zu wollen. „Eine besondere Rolle spielt dabei eine intelligente Verkehrssteuerung. Weniger Stop-and-Go und weniger unnötige Standzeiten an Ampeln leisten hier einen weiteren großen Beitrag zur Reduzierung der Emissionen“, teilte sie mit. Der verkehrspolitische Sprecher der FDP/DVP-Fraktion Christian Jung im Landtag erklärte: „Die FDP/DVP-Landtagsfraktion lehnt flächendeckende Fahrverbote prinzipiell ab. Deshalb begrüßen wir das Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes in Leipzig, dass es in Ludwigsburg kein Diesel-Fahrverbot geben wird.“