Fachkräftemangel in der Hotellerie und Gastronomie: Ludwigsburger Betriebe kämpfen um qualifiziertes Personal

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Von Ayhan Güneş

Die Hotellerie und Gastronomie hätten aktuell wenig zu klagen – wenn nur der Fachkräftemangel nicht wäre. Seit Ausklingen der Corona-Pandemie wachsen kontinuierlich die Gästezahlen. Die Betreiber freuen sich über eine Kundschaft, die es nach dem langen Lockdown wieder in die Öffentlichkeit zieht. Damit Restaurant-Gäste ihr Essen serviert bekommen und die Hotelbetten täglich gemacht werden, damit der versprochene Service stimmt, müssen Gastronomen und Hoteliers aber einiges aufbieten, um qualifiziertes Personal zu den Schichten einteilen zu können. Ludwigsburg24 hat am Rand der Berufsausbildungsmesse (BAM) in Ludwigsburg drei wichtige Vertreter der Branche getroffen: den Dehoga-Kreisvorsitzenden und Manager des Hotels Schloss Monrepos, Marcos Angas, DQuadrat LIVING-Geschäftsführer Thomas Fülster, der mit dem Hotel Harbr in Ludwigsburg vertreten ist, sowie mit Tabea Böser vom Hotel Otterbach in Bietigheim-Bissingen.

Auch sie ist bei der BAM auf Suche nach Berufsnachwuchs. Dass der überwiegende Teil der Bewerber aus dem Ausland kommt, ist inzwischen zum Normalfall geworden. Die Agentur für Arbeit sei dabei eine wichtige Vermittlerin der Kontakte mit jungen Menschen, sagt Böser. Die Zusammenarbeit mit der Arbeitsbehörde sei „sehr gut“. Die von ihr vermittelten Auszubildenden seien in der Regel sehr motiviert. Wem Sprachkenntnisse fehlten, gehe in einen von der Arbeitsagentur bezahlten Sprachkurs. Bewerber finden sich oftmals nicht im nahen Ausland. Dehoga-Kreisvorsitzender Angas weiß, dass seine Kollegen aus der Not heraus die Suche auf das nichteuropäische Ausland ausgeweitet haben: „Aktuelle Herausforderung ist, dass Fachkräfte von ganz weit weg angeworben werden müssen. Kirgisistan, Usbekistan, Mongolei. Momentan gibt es eine Bewerberflut aus Marokko“, berichtet der Hotelmanager. Ob die dann dauerhaft an ihrer neuen Arbeitsstelle bleiben, bezweifelt er. „Es gibt Hinweis, dass viele Bewerber das als Chance nutzen für ein Ticket nach Europa. Somit hat die Branche noch mehr Aufwand und Arbeit, ist er überzeugt.

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„Wir haben keine Chance gegen Lebensmittelriesen wie EDEKA, die 40 Tage Urlaub anbieten“

Die DQuadrat LIVING GmbH, deren Geschäftsführer Fülster ist, betreibt mehrere Hotels. Neben dem Harbr am Ludwigsburger Bahnhof gibt es weitere in Kornwestheim, Konstanz und Heilbronn. Zu den Übernachtungszahlen sagt er, diese seien „seit Jahresstart richtig gut“. Fülster betont die Bemühungen seines Unternehmens, während der Pandemie den Anschluss nicht zu verlieren. „In der Corona-Phase wurde kein einziger Mitarbeiter entlassen“, sagte er. Kurzarbeit habe es gegeben, aber ebenso Investitionen in die Zukunft: „Während der Pandemie-Zeit haben wir zwei Hotels eröffnet. Das hat sehr gut funktioniert.“ Leider hätten während der Pandemie Mitarbeiter das Unternehmen verlassen. Auch aus der Sterne-Gastronomie seien erstklassische Köche abgewandert. „Ich kann keine 40 Tage Urlaub anbieten. Aber wir zahlen übertariflich und gehen fair mit den Mitarbeitern um.“ Was den Fachkräftemangel betrifft, sieht Fülster die Dringlichkeitsstufe sechs von zehn erreicht. Er hofft, mit Quereinsteigern einiges auffangen zu können.

„Ludwigsburg ist für die Branche ein guter Markt mit sicheren Jobs“ 

Marcos Angas hat die gleichen Erfahrungen wie sein Kollege Fülster gemacht. „Wir haben keine Chance gegen Lebensmittelriesen wie EDEKA, die 40 Tage Urlaub anbieten“, sagt er. Das könne sich die Gastro einfach nicht leisten. Dennoch sieht er weiterhin gute Chancen, den Berufsnachwuchs über klassische Werbung zu gewinnen: „Wir müssen den Nachwuchs für die Branche begeistern und aufräumen mit alten Strukturen und Denkweisen.“ Den Töpfe schmeißenden Küchenchef gebe es nicht mehr, versichert Angas. Und auch er betont, dass „attraktive Gehälter gezahlt werden“. Angas sieht einen Hoffnungsschimmer: Die Zahl der Auszubildenden in Baden-Württemberg steige wieder. Es habe sich ein Plus von 25 Prozent im Vergleich zum Vorjahr ergeben. Damit sei zwar das Vor-Corona-Niveau noch nicht erreicht. Doch Ludwigsburg und die Region sei „ein guter Markt“. Arbeitsplätze in der Hotellerie seien sicher. Schon im März vor einem Jahr hätten die Übernachtungszahl wieder begonnen zu steigen. Seither sei das Wachstum ungebrochen.