Frank Nopper: „Stuttgart muss der leuchtende Stern des deutschen Südens sein“

 Von Patricia Leßnerkraus und Ayhan Güneş

Der Terminkalender bis zur Oberbürgermeisterwahl in Stuttgart am 8. November ist prall gefüllt bei Frank Nopper. Der Noch-OB von Backnang und CDU-Kandidat fürs Rennen um den Rathaussessel gibt alles für den Sieg. Dabei legt der agile 59-Jährige nicht allein ein hohes Tempo vor. Unterstützt wird der studierte Jurist von seiner Ehefrau Gudrun, 51, einer gelernten Wirtschaftskorrespondentin, und den Söhnen Carl, 22, und Franz-Ferdinand, 18. „Die Jungs unterstützen ihren Vater freiwillig und mit großem Spaß an der Sache“, verrät Gudrun Nopper mit Stolz beim Familieninterview in Stuttgart. „Franz kümmert sich um Social Media und Carl, der extra dafür ein Semester mit seinem Jura-Studium pausiert, fährt seinen Vater im E-Auto zu den Terminen.“ Dabei achten die Söhne pingelig darauf, dass der Vater sich zeitlich nicht verzettelt, sondern pünktlich zum nächsten Termin aufbricht. Im Gespräch mit Ludwigsburg24 stellte sich die Familie geschlossen und bestens gelaunt unseren Fragen.

 

Herr Dr. Nopper, Sie sind seit 2002 Oberbürgermeister in Backnang und absolvieren gerade Ihre dritte Amtszeit. Sie könnten dort gemütlich alt werden. Warum zieht es Sie jetzt in die Großstadt Stuttgart?

Stuttgart ist meine Geburts- und Heimatstadt, deswegen empfinde ich es als ganz besondere Herausforderung und Verpflichtung, hier anzutreten.

In Stuttgart mit über 600.000 Einwohnern weht jedoch nochmals ein ganz anderer Wind als in Backnang mit knapp 40.000 Bürgern.

Das ist natürlich eine riesige Herausforderung und Aufgabe für jeden, der in dieses Amt kommt. Mich hat übrigens in meinem Leben nie das Bequeme und Einfache gereizt, sondern immer das Herausfordernde. Das war schon so, als ich meine Doktorarbeit zum Thema Finanzverfassungsrecht geschrieben habe. Da sagten viele zu mir: „Das ist eines der schwersten Themen.“ Darauf habe ich geantwortet: „Dann ist es genau das richtige!“

Sie sind also bereit, demnächst eine riesige Last zu tragen?

Erstens trage ich sie nur, wenn ich auch gewählt werde, aber ich bin bereit dazu. Und vor allem ist das Amt des Oberbürgermeisters in Stuttgart doch eine großartige Aufgabe mit enormen Gestaltungsmöglichkeiten! Das ist nicht der Weg des geringsten Widerstands und das ist auch nicht jedermanns Sache. Es gibt durchaus Kollegen, die während ihrer dritten Amtszeit sagen, jetzt genieße ich das. Es gibt auch Menschen, die mit 59 Jahren sagen würden, ich ziehe mich ins Privatleben zurück. Der Typ bin ich aber nicht.

Wie lange haben Sie überlegt, ob Sie antreten werden?

Gar nicht, das war mir sofort klar, dass ich das mache. Ich hätte es nicht für eine andere Stadt gemacht, nur für Stuttgart. Ich bin Stuttgart so nah, habe nie den Kontakt hierhin verloren. Meine mittlerweile 90-jährige Mutter habe ich fast jedes Wochenende besucht, mein Bruder ist Mitglied des Gemeinderats in Stuttgart, mein verstorbener Vater war hier Stadtrat, meine beiden Söhne sind hier zur Schule gegangen. Mein Urgroßvater war Stadtschultheiß im damals noch selbständigen Cannstatt, mein anderer Urgroßvater hat 1816 die spätere Eisenwarenhandlung Zahn & Nopper gegründet, im Stuthaus direkt neben der Stiftskirche. Meine Stuttgarter Wurzeln sind kilometertief. Auch deswegen stelle ich mich der Herausforderung und Verantwortung.

Sie haben bislang jede OB-Wahl und auch jede Kreistags- und Regionalwahl sehr souverän gewonnen. Sind Sie ein Siegertyp?

Bisher war ich es und ich hoffe natürlich, dass ich es bleibe.

Ihr Vater hat 1966 gegen Arnulf Klett bei der OB-Wahl verloren. Ist das für Sie Antrieb, es jetzt selbst besser zu machen?

Vielleicht spielt dieser Gedanke ein klein bisschen mit rein, aber man kann das nicht vergleichen. Mein Vater ist unter ganz anderen Bedingungen ins Rennen gegangen. Er war erst 43 Jahre alt, kam aus dem freien Beruf des Rechtsanwaltes und nicht aus einer OB-Position in einer Kreisstadt. Er hatte zu diesem Zeitpunkt noch keine Erfahrung in der Kommunalverwaltung und in der Kommunalpolitik. Und er ist zudem auch noch gegen den Amtsinhaber angetreten.

Für Sie spricht sicher Ihre langjährige Erfahrung, Ihr Alter könnte jedoch ein Nachteil sein.

Nein, denn im Vergleich zu unserem Ministerpräsidenten bin ich – mit Verlaub – noch ein Jüngling.

Frau Nopper, waren Sie mit seiner Kandidatur sofort einverstanden?

Ich wollte damals zunächst nicht mit nach Backnang und bin jetzt sehr gerne in Backnang. Ich sage mir immer: Man muss halt das Beste draus machen im Leben. Wir sind schließlich eine Familie und wenn das der Herzenswunsch meines Mannes ist, dann stehe ich unterstützend hinter ihm.

Sie haben sich in Backnang sehr stark ehrenamtlich eingebracht. Würden Sie das in Stuttgart ebenfalls tun?

In Backnang habe ich einen Verein gegründet, der Kinder im Bildungsbereich unterstützt u.a. mit Englisch im Kindergarten, mit Lesepaten, mit der Kinder-Uni Plus und dem Forscherteam, wo besonders begabte Kinder thematisch richtig in die Tiefe gehen können und gefördert werden. Ich habe sogar für Backnang ein eigenes Wimmelbuch kreiert, das vor allem für Kinder mit Migrationshintergrund sehr hílfreich ist. Für Stuttgart würde ich wieder etwas mit und für Kinder tun wollen. Ideen hätte ich genug und Arbeit gäbe es ausreichend.

Herr Nopper, was liegt Ihnen thematisch für Stuttgart besonders am Herzen?

Da gibt es gleich mehrere Tätigkeitsfelder, auf denen man dringend aktiv werden muss. Was mich besonders beschäftigt, ist, dass Stuttgart in den letzten Jahren ein Negativimage bekommen hat. Es ist das Image der Problemstadt, der Stillstandstadt, der Proteststadt, der Verbotsstadt, und seit den Ausschreitungen im Juni leider auch das Image der Krawallstadt. Wir müssen mit vereinten Kräften dafür sorgen, dass Stuttgart wieder mehr leuchtet in der Region, in Deutschland und in Europa. Stuttgart muss der leuchtende Stern des deutschen Südens sein – mindestens auf Augenhöhe mit München und Frankfurt am Main.

Das heißt also, dass Sie mit der Arbeit von OB Fritz Kuhn nicht zufrieden sind?

Ich gebe keine Bewertungen über die Arbeit von Fritz Kuhn ab, weil ich weder der Lehrer noch der Vorgesetzte von ihm bin.

Sollten Sie in Rathaus einziehen, wo werden Sie mit Ihrer Arbeit zuerst ansetzen?

Meine fünf Kernthemen lauten: Wir brauchen eine starke Wirtschaft und sichere Arbeitsplätze, gerade während und nach Corona. Wir brauchen eine sichere und eine saubere Stadt. Wichtig ist Mobilität für alle und wir müssen verhindern, dass die verschiedenen Verkehrsteilnehmer nicht länger in einem Konflikt miteinander stehen. Ebenso wichtig ist eine Sanierungs- und Digitalisierungsoffensive an den Schulen und wir brauchen deutlich mehr Wohnraum, mehr Mut und Ideen für mehr Wohnraum. Wohnen darf kein Luxus sein.

Wo sind denn Ihre Lösungsansätze für die Probleme?

Schauen wir uns mal den Einzelhandel in der Innenstadt an, der unter dem doppelten Druck des immer weiter wachsenden Online-Handels und von Corona steht. Wenn man jetzt auch noch das Auto mehr und mehr aus der Innenstadt verdrängt, dann werden wir mehr Geschäftsaufgaben bekommen als die, die durch die Strukturkrise unabwendbar sind. Deswegen würde es mit mir keinen Weg in eine völlig autofreie Innenstadt geben, weil ich ihn für falsch halte. Ältere Menschen und Mobilitätseingeschränkte, Dienstleister-, Liefer- und Handwerksverkehre, sie alle sind auf das Auto angewiesen. Auch die Anwohner in der Innenstadt wollen nicht alle auf das Auto verzichten. Und denken Sie auch an die Menschen, die mit dem PKW zum Einkaufen oder Feiern in die Innenstadt kommen, weil sie nicht zu später Stunde mit den öffentlichen Verkehrsmitteln wieder nach Hause wollen. Das Auto wird aber mittelfristig in der Innenstadt an Bedeutung verlieren, zu Gunsten von ÖPNV und Fahrrad

Gerade für unsere heimische Automobilwirtschaft und alles, was an ihr dranhängt, gilt, dass die Kommune infrastrukturelle Rahmenbedingungen auf Schiene und Straße setzen kann oder bei Glasfaser- und 5G-Anbindung. Über dies muss man eine aktive Standortpolitik betreiben und auch andere Unternehmen der Spitzentechnologie nach Stuttgart zu lotsen. Man kann Cluster und Vernetzungen bilden. Und ich glaube, dass die Atmosphäre einer Stadt ganz wichtig ist, dass die Wirtschaft sich willkommen fühlt und dass sie sich unterstützt fühlt. Gerade unsere Automobilwirtschaft müssen wir bei dem Innovations- und Transformationsprozess flankierend unterstützen – mit dem Rückenwind eines Heimspiels und nicht mit dem Gegenwind eines Auswärtsspiels.

Es würde mit Ihnen also einen Richtungswechsel geben?

Ja, insoweit, dass die Wirtschaft starke Beachtung finden würde. Wir sind in Zeiten, wo Wirtschaft nicht mehr von selbst funktioniert. Wir müssen ganz stark den Fokus auf das Florieren der Wirtschaft legen, dürfen aber deswegen trotzdem dabei nicht den Umwelt- und Klimaschutzgedanken aus dem Auge verlieren. Wir brauchen die Versöhnung von Ökonomie und Ökologie, wir brauchen eine starke Wirtschaft und eine intakte Umwelt, sie bedingen sich wechselseitig.

Die Söhne drängeln und ermahnen den Vater, zum nächsten Termin aufzubrechen. Es geht in den Stuttgarter Westen. Eigentlich war Frank Nopper gerade so richtig in Erzähllaune, doch die Söhne achten streng auf den Zeitplan und der Vater fügt sich ohne Widerstand. Gudrun Nopper bleibt allein zurück und plaudert stellvertretend für Ihren Mann noch ein bisschen aus dem Familien- und Wahlkampf-Nähkästchen.

Frau Nopper, Ihr Einsatz und auch der Ihrer Jungs für den Vater ist enorm. Das spricht für ein funktionierendes Familienleben.

Ja, das stimmt. Wir halten alle zusammen und reden nicht nur von familiären Werten, sondern leben sie auch. Deshalb stehen wir auch alle hinter meinem Mann, jeder hat eine wichtige Aufgabe übernommen. Ich organisiere die großen Events und sorge durch die Spenderessen dafür, dass genügend Geld in die Wahlkampfkasse kommt. Das macht mir richtig Spaß. Carl fährt seinen Vater und Franz übernimmt vorwiegend die Social Media-Arbeit. Dazu kommt noch meine in der Medien Arbeit erfahrene Cousine, die die Pressearbeit übernommen hat. Müssten wir das alles in fremde Hände legen, würde das eine Unmenge an Geld kosten.

Wie und wo haben Sie Ihren Mann kennengelernt?

Das war 1995 beim Sommerfest der CDU-Gemeinderatsfraktion in Stuttgart. Seitdem sind wir zusammen. Geheiratet haben wir dann mit einer kleinen Feier im Stuttgarter Teehaus, das heute noch zu unseren Lieblingsplätzen gehört. Kurz nach der Geburt von Franz im Jahr 2001 begann dann schon der Wahlkampf in Backnang.

Was macht Frank Nopper als Ehemann und Partner aus?

Frank ist einfach super. Er hat unglaublich viel Energie, er ist unheimlich geduldig, ausgleichend, harmonisch. Ich kann mich auf ihn verlassen, habe noch keine Sekunde an ihm gezweifelt. Was er verspricht, das hält er.

Was für ein Vater ist er?

Als die Jungs klein waren, da war er jetzt nicht unbedingt der Schmuse- oder Rauf-Papa, der Supervater, der mit in die Wilhelma ist, Geschichten vorgelesen oder im Urlaub Sandburgen gebaut hat. Aber je älter unsere Söhne wurden, umso wichtiger wurde er für sie als Leitfigur, als Gesprächspartner, als Ratgeber. Dafür war er in vielen Sachen nachsichtiger, während ich strenger war.

Sind Sie der Chef daheim?

So würde ich meine Rolle nicht beschreiben. Ich bin diejenige, die dafür sorgt, dass der Rahmen stimmt, dass alles passt. Aber am Ende entscheiden wir schon zusammen.

Sind Sie Ratgeberin für Ihren Mann?

Schon, aber nicht in jeder Frage. Er sucht sich immer seine Leute für die unterschiedlichen Fragen heraus. Wissen Sie, wir sind ja auch sehr unterschiedlich. Er ist der rationale Kopf in unserer Beziehung, ich dagegen das Herz, manchmal der Bauch.

Womit machen Sie Ihrem Mann eine Freude?

Er freut sich sehr, wenn ich ihm einen schönen Pullover oder ein Buch kaufe. Aber am meisten schätzt er ein schönes, gemütliches Essen mit der Familie oder guten Freunden bei uns zu Hause.

Werden Sie bei einem Wahlsieg nach Stuttgart ziehen?

Im Stuttgarter Osten steht das Elternhaus meines Schwiegervaters. Das ist zwar derzeit noch vermietet, aber da würden wir dann langfristig einziehen.

Warum wäre Ihr Mann der Beste für Stuttgart?

Ich kenne niemanden auf der Welt, der etwas so kritisch prüfen kann und selbst den kleinsten Fehler im Getriebe findet, wie mein Mann. Er ist sehr analytisch, sehr erfahren, er hat bundesweit ein riesiges Netzwerk, er hat einen guten Kontakt nicht nur zu den großen Unternehmen, sondern auch zum wichtigen Mittelstand. Und er hat durch seine unglaubliche Bürgernähe immer das Ohr am Volk.

Liebe Familie Nopper, wir danken Ihnen für das Gespräch!