Geschäftsführer des Zweckverbands soll Stadtbahn im Landkreis Ludwigsburg voranbringen

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Von Uwe Roth

Im Landratsamt Ludwigsburg hat es am Montag mit der ersten Sitzung des Zweckverbands einen erneuten symbolischen Startschuss zum Bau einer Stadtbahn durch den Landkreis Ludwigsburg gegeben. Derartige Ankündigungen, neben der S-Bahn ein weiteres Verkehrsmittel auf die Schiene zu setzen, gab es in den vergangenen Jahren bereits einige. Bislang musste die Öffentlichkeit aber jedes Mal von Fehlstarts ausgehen. Denn weder die Kreisverwaltung noch die am Stadtbahn-Projekt beteiligten Kreiskommunen berichteten in den vergangenen fünf Jahren von irgendwelchen bemerkenswerten Fortschritten bei der Projektplanung. Entlang der Bahnstrecke Markgröningen-Ludwigsburg, die als erstes reaktiviert werden sollte, wächst nach wie vor das Unkraut. Im Oktober 2018 hatte Ludwigsburgs Bürgermeister Michael Ilk offiziell erklärt, „dass aus Sicht der Stadt eine Inbetriebnahme bis Ende 2022 möglich ist“.

Über dieses Datum redet längst niemand mehr. Landrat Dietmar Allgaier (CDU) erklärte vor der Sitzung des Zweckverbands gegenüber den Medien, die Reaktivierung der Markgröningen-Ludwigsburg-Strecke mit möglicher Anbindung der Gemeinde Schwieberdingen habe weiterhin die oberste Priorität. „Das ist ein mehrjähriger Prozess“, sagte er. Von weniger als drei Jahren auszugehen, sei jedoch „unrealistisch“. Inzwischen sei eine Pachtlösung mit der Deutschen Bahn (DB) erreicht worden, berichtete der Landrat über den aktuellen Stand der Strecken-Reaktivierung. Der Pachtvertrag sei in Vorbereitung. Im zweiten Quartal nächsten Jahres sollen demnach die Leistungen für die Planung vergeben werden. Wann tatsächlich das Gleisbett auf Vordermann gebracht und eine zeitgemäße Signaltechnik installiert wird, dafür gibt es allerdings keinen Zeitplan. Der Landrat ist zuversichtlich, dass das Land und der Bund weiterhin die meisten Kosten tragen. Noch im Herbst sollen die Verhandlungen mit dem Bundesverkehrsministerium aufgenommen werden. Die Maximalförderung könnte bis zu 95 Prozent der Investition betragen, so die Hoffnung. Die Bilanz des Landrats lautete: „Wir sind mit dem Stadtbahn-Projekt gut unterwegs.“

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Der neue Geschäftsführer des Zweckverbands Stadtbahn im Landkreis Ludwigsburg soll dafür sorgen, dass das Projekt nicht erneut auf der Strecke zum Stehen kommt. Landrat Allgaier und Ludwigsburgs Oberbürgermeister Matthias Knecht (parteilos) stellten Frank von Meißner den Medienvertretern mit viel Vorschusslorbeeren vor. Von Meißner ist 1974 geboren und kann nicht nur Bahnstrecken planen, sondern ebenso einen Eisenbahnbetrieb leiten und sogar einen Zug selbst fahren. Der Diplomkaufmann ist zugleich ausgebildeter Triebfahrzeugführer. Allgaier und Knecht versicherten, dass nicht nur die beruflichen Qualifikationen des Bewerbers sie überzeugt hätten, sondern auch das Persönliche. Die Chemie stimme, bestätigte Rudolf Kürner, Bürgermeister der Stadt Markgröningen, die später am meisten von der Bahnreaktivierung profitieren soll.

Die Wahl Frank von Meißner zum Geschäftsführer hat – von seiner beruflichen Qualifikation abgesehen – auch Irritationen ausgelöst: Denn seine aktuelle Arbeitgeberin ist bis Ende September die Stuttgarter Straßenbahn (SSB) AG. In der Vergangenheit war immer wieder zwischen dem Kreistag und dem Gemeinderat der Stadt Ludwigsburg heftig darüber gestritten worden, ob das Streckennetz der SSB von der Landeshauptstadt auf den Landkreis auszuweiten, nicht die bessere und vor allem günstigere Variante sei, anstatt auf eine Insellösung mit eigener Technik zu setzen. Bislang hat sich die Stadt Ludwigsburg mit ihrer Niederflur-Variante durchgesetzt, die aus Sicht der Verwaltung und einer Mehrheit des Gemeinderats besser zum Stadtbild passe. Die gelbe Stadtbahn der SSB benötigt Hochbahnsteige, die man in Ludwigsburg mehrheitlich nicht wollte. Rainer Haas, Vorgänger von Landrat Allgaier, hatte von Anfang an aus Kostengründen und wegen kürzerer Umsetzungszeiten auf die Hochflurbahn gesetzt. Die SSB hat bereits Berührungspunkte mit dem Landkreis: Die U6 endet in Gerlingen, und die U12 hat ihre Endhaltestelle in Remseck (Neckargröningen). Um den nicht enden wollenden Zwist mit dem damaligen Oberbürgermeister von Ludwigsburg Werner Spec zu beenden, lenkte Haas kurz vor Ende seiner Amtszeit ein.

Die Kontrahenten Spec und Haas sind nicht mehr im Amt. Ihre Nachfolger Knecht und Allgaier haben einen Neuanfang in der Zusammenarbeit zwischen Landkreis und Stadt begonnen. Nun ist die Stadtbahn der SSB kein Tabu-Thema mehr. Der neue Zweckverbandsgeschäftsführer könnte mit seinen SSB-Kontakten den notwendigen Input liefern. Konkret geprüft wird eine Verlängerung der U12 von Remseck nach Pattonville. Von dort könnte die gelbe Stadtbahn nach Kornwestheim bis zum neuen W&W-Campus an der südlichen Stadtgrenze von Ludwigsburg fortgeführt werden. Das würde der SSB die notwendigen Fahrgastzahlen sichern. Von Pattonville die politisch beschlossene Niederflurbahn ins Stadtgebiet von Ludwigsburg bis zum Bahnhof fahren zu lassen, ist in den aktuellen Plänen weiterhin vorgesehen. Die Linienführung wird in der Legende der Karte als „Niederflurvariante“ bezeichnet. Daraus könnte eine Hochflurvariante werden. Es gibt keine Prognosen, wie es tatsächlich kommen wird. Sollte die Kreisverwaltung die SSB-Stadtbahn erneut für Ludwigsburg ins Spiel bringen, begänne in den kommunalen Gremien die Diskussion von vorne.