Haushalt 2021: Stadt Ludwigsburg macht Schulden, um weiter investieren zu können

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Von Uwe Roth

Oberbürgermeister Matthias Knecht hat am Mittwochabend seine Rede zum Haushalt 2021 gehalten und den Gemeinderäten wenig Erfreuliches mitteilen können: „Es ist der zweite Nothaushalt in diesem Jahr“, stellte er kurz vor der Sitzung in einem Pressegespräch fest. Mit dem ersten meinte der Ludwigsburg Rathauschef den Nachtragshaushalt nach der Sommerpause. Dieser sollte in Folge der Corona-bedingen Einnahmeausfälle die schlimmsten Löcher in der Stadtkasse kurzfristig notdürftig stopfen. Die reguläre Haushaltsplanung fürs kommende Jahr folgt aus seiner Sicht und der des Stadtkämmerers Harald Kistler wiederum in erster Linie der Not gehorchend. Erst 2023 geht die Stadtverwaltung von einer finanziellen Erholung aus.

Um insbesondere den Ausfall an Gewerbesteuer und Zuweisungen vom Land auszugleichen, nimmt die Stadt voraussichtlich 22,5 Millionen Euro neue Schulden für Investitionen auf. Gleichzeitig ist in der Berechnung des Haushalts kalkuliert, die Gewerbe- und Grundsteuer sowie die Kita-Gebühren anzuheben. „Wir werden wohl darum nicht herumkommen“, stellte der OB fest und versprach zugleich, die Bürger nicht Übergebühr in die finanzielle Verantwortung nehmen zu wollen. Knapp vier Millionen Euro sollen so zusätzlich in die Stadtkasse kommen. „Das ist angesichts der Gesamtaufwendungen von geplanten 332 Millionen Euro keine astronomische Summe“, so Knecht. Bei den Einnahmen geht er von 303,4 Millionen Euro aus.

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Bei den Ausgaben will Ludwigsburg kräftig sparen. Manches Bauprojekt wird zeitlich nach hinten geschoben, manches von den Kosten abgespeckt oder vorerst auf Eis gelegt. Doch wichtige Projekte will die Stadt am Laufen halten: So der Umbau des Zentralen Omnibusbahnhofs (ZOB) und den Neubau des Bildungszentrums West. Der größte Ausgabeposten einer Kommune sind – von den Investitionen abgesehen – die Personalkosten. 99 Millionen Euro sind im nächsten halben Jahr veranschlagt. Doch statt rund 70 neue Stellen soll es lediglich 35 werden, die vor allem im IT-Bereich angesiedelt sein werden.

Das alles geht nur mit Zustimmung des Gemeinderats, die voraussichtlich nach einigen Beratungsrunden am 16. Dezember erfolgen soll. „Wir stehen vor schwierigen Gesprächen“, bereitete OB Knecht das Gremium bei der Einbringung des Haushalts am Mittwoch auf die weiteren Beratungen vor. „Denn wir müssen der Stadtgesellschaft Einschnitte bei Leistungen und Standards zumuten“, so der OB. „Es werden harte und herausfordernde Jahre. Aber wir werden trotz der Krise in die Zukunft unserer Stadt massiv investieren.“ Er nannte die Bereiche Bildung und Betreuung, Digitalisierung, Wohnen, Klimaschutz, Luftreinhaltung und Mobilität. Von zentraler Bedeutung ist für den OB der gesellschaftliche Zusammenhalt. „Hier sind für mich Kultur, Sport, Soziales und Migration wichtige Bereiche. Die Krise ist auch eine Chance für Ludwigsburg“, zeigte sich OB Knecht überzeugt.

Stadtkämmerer Kistler stellte dem Gemeinderat die Zahlen des künftigen Budgets vor. Demnach rechnet die Stadt mit Einnahmen bei der Gewerbesteuer in Höhe von 66,6 Millionen Euro. Das ist zwar eine Steigerung um 21,6 Millionen gegenüber 2020, aber immer noch zu wenig. Der Grund: Im Finanzausgleich des Landes erwartet der Kämmerer 5,5 Millionen Euro weniger als 2020, eine Gewinnabführung der städtischen Töchter in Höhe von 1,5 Millionen Euro wie im Haushalt 2020 ist ebenfalls nicht vorgesehen. Auch die Zuschüsse an die Träger der Kindertagesstätten steigen um zwei Millionen. Höhere Umlagen an den Landkreis schlagen ebenfalls mit zwei Millionen Euro zu Buche. Zudem gibt es einen Mehrbedarf an Finanzmitteln bei der Digitalisierung an Schulen und in der Stadtverwaltung.

„In einer Mischung aus Corona-bedingten Ertragseinbrüchen sowie höheren Umlagen an Landkreis und Land fehlen uns aufgrund der guten Ergebnisse 2019 insgesamt 32 Millionen Euro. Diese negative Konstellation ist auch bei vielen anderen Kommunen der Hauptgrund dafür, dass ein Haushaltsausgleich 2021 kaum gelingen kann“, bilanziert Stadtkämmerer Kistler. So weist der Ergebnishaushalt mit 28,7 Millionen Euro ein dickes Minus auf. „Auch das Ergebnis 2022 ist negativ, aber ab dem Jahr 2023 könnten wir wieder einen ausgeglichenen Haushalt hinbekommen“, ist der Stadtkämmerer vorsichtig optimistisch. „Aber auch nur dann, wenn der erhoffte Aufschwung kommt und die Stadtverwaltung unvermindert an ihrem Konsolidierungskurs festhält“, schränkt Kistler ein.

Sorgen bereiten dem Stadtkämmerer die steigenden Investitionskosten. Zwar sei der Trend steigender Kinderzahlen sehr erfreulich. Das bedeute aber auch, in den kommenden Jahren mehrere hundert Betreuungsplätze zu schaffen, so Kistler. Weitere Schwerpunkte der Investition 2021: Ausbau der Schul- und Sportlandschaft, Klimaschutz, Luftreinhaltung und Mobilität.

Die Stadtverwaltung plant 2021 mit Ausgaben im Hochbau von 22,1 Millionen Euro. Im Bereich Tiefbau, Grünflächen und Friedhofmaßnahmen sind 13,6 Millionen veranschlagt. Hinzukommen Maßnahmen zur Luftreinhaltung mit einer hohen Förderung aus dem Fonds Nachhaltige Mobilität. Hier will die Stadtverwaltung Maßnahmen in Höhe von 4,2 Millionen im Jahr 2021 umsetzen. Bis 2024 möchte die Stadtverwaltung zudem 38 Millionen Euro in den Klimaschutz und die Nachhaltigkeit investieren. Das städtische Tochterunternehmen Stadtwerke Ludwigsburg-Kornwestheim veranschlagt für den Ausbau der Fernwärme bis zum Jahr 2030 insgesamt 54,6 Millionen Euro. Um nachhaltig Energie einzusparen, stellt zudem die Wohnungsbau Ludwigsburg GmbH Gebäude nur noch nach höchsten Energieeffizienz-Standards her.

Wie in den Vorjahren liegt der Schwerpunkt der Investitionen bei Schulen und Kindertagesstätten. In den Jahren 2021 bis 2024 werden hierfür weitere 73,1 Millionen Euro für Schulen und acht Millionen für Kinderbetreuung benötigt. Im Sportbereich plant die Stadtverwaltung mit Investitionen bis 2024 in Höhe von 10,5 Millionen. Für den Straßenbau und städtebauliche Entwicklungsmaßnahmen sind insgesamt 52,9 Millionen vorgesehen. Bei den Themen nachhaltige Mobilität und Luftreinhaltung hat die Stadtverwaltung vor, bis 2024 Projekte in Höhe von 5,7 Millionen zu finanzieren. Diese werden aber mit 3,3 Millionen Euro von Bund und Land gefördert.

Die wichtigsten Projekte im Hochbau bis 2024 oder darüber hinaus: 

  • Bildungszentrum West 30,5 Millionen Euro;
  • Bau der Fuchshofschule 23,2 Millionen Euro;
  • Friedrich-von-Keller-Schule 10,8 Millionen Euro;
  • August-Lämmle-Schule 1,9 Millionen Euro;
  • Medienoffensive in den Schulen 3 Millionen Euro;
  • Zuschuss für die Kita St. Paulus 4,8 Millionen Euro;
  • Kita Schlößlesfeld 2,1 Millionen Euro;
  • erste Rate für Oststadtsporthalle 6,6 Millionen Euro.

Die Vorhaben im Tiefbau- und Grünflächenbereich belaufen sich im Haushalt 2021 und der mittelfristigen Finanzplanung bis 2024 auf insgesamt 40,4 Millionen Euro.

Die wichtigsten Maßnahmen bei Tiefbau und Grünflächen:

  • Erschließung Entwicklungsbereich Ost 14,6 Millionen Euro;
  • erste Rate Zentraler Omnibusbahnhof 9,8 Millionen Euro;
  • Bau der Westrandstraße 5,1 Millionen Euro;
  • Radwegebau 2,8 Millionen Euro;
  • Weiterentwicklung Sportflächen im Sportpark Ost 2,2 Millionen Euro;
  • Umgestaltung Walckerpark 2,2 Millionen Euro;
  • Erschließung Gewerbegebiet Waldäcker III 1,3 Millionen Euro;
  • Sanierung der Jägerhofallee 1,2 Millionen Euro;
  • Maßnahmen zur ÖPNV-Verbesserung 1,2 Millionen Euro.

Zum Thema ÖPNV plant die Stadtverwaltung mit zwei Millionen Euro für die Beteiligung am Zweckverband zur Planung und zum Bau einer Stadtbahn. Mit insgesamt 148 Millionen Euro Bauinvestitionen in den nächsten vier Jahren legt die Stadtverwaltung ein äußerst ambitioniertes Investitionsprogramm vor.