IG Metaller machen mit Autokorso Druck auf Arbeitgeber – Tarifabschluss vor Ostern steht auf der Kippe

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Uwe Roth

Vor Ostern soll der Tarifvertrag in trockenen Tüchern sein. Das ist zumindest die Hoffnung von Matthias Fuchs, IG Metall-Geschäftsführer der Kooperation Ludwigsburg und Waiblingen. Um nochmal Druck auf die Arbeitgeberseite auszuüben, versammelten sich am Freitag Gewerkschaftsmitglieder in Ludwigsburg zu einem stehenden Autokorso. Auf dem öffentlichen Parkplatz blieben einige Stellplätze frei und viele Brötchen übrig. Die Stimmung aber war gut wie das Frühlingswetter.

Kundgebungen gehören zum Kerngeschäft von Gewerkschaften. Aber wie geht Kundgebung mit Corona-gerechtem Abstand? Matthias Fuchs ist am Freitag kurz nach zwölf Uhr sichtlich nervös, kann nicht stillstehen. Er und sein Helferteam sind getestet und Corona-frei, wie er versichert. Der große Parkplatz an der Bärenwiesen in Ludwigsburg, auf dem üblicherweise die Besucher des Blühenden Barocks ihre Autos abstellen, ist für die IG Metall reserviert, aber noch weitgehend leer. An der Parkschranke stapeln sich Kartons mit Wurst- und Käsewecken, daneben Wasserflaschen.

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Auf der mobilen Bühne warten in der Frühlingswärme zwei Gitarristen auf ihren Einsatz. In einer Viertelstunde soll es losgehen. Wann erscheint der Corso? Schließlich sind die Teilnehmenden von Weitem zu hören. Mit einer Huperei kündigen sie sich an. Aus den Autofenstern hängen rote IG Metall-Fähnchen. Mit Befahren des Kundgebungsgeländes erhält jeder ein Vesperpaket.

Autohupen statt Trillerpfeifen, Mundnasenschutz statt Megafon – die Gewerkschaft muss neue Protestformen erst erproben. IG Metall-Funktionär geht auf die Bühne hinters Rednerpult. Zwei Mikrophone sind dort befestigt, doch nirgends an der Bühnenkonstruktion Lautsprecher. „Ihr müsst an euren Autoradios 96,8 einstellen. Dann könnte ihr mich verstehen“, ruft er über den Platz. So lange er spricht, ist von der Kundgebung kaum etwas in der Nachbarschaft zu hören. Die Hupe am Lenkrad zu drücken, ist der neue Beifall, doch auf die Dauer etwas eintönig.

„Jetzt sollen mal alle Audis hupen“, fordert Fuchs die entsprechenden Fahrer auf. Die laute Reaktion folgt. „Nun hupen alle, die mit einem VW da sind.“ Die Kolleginnen und Kollegen tun ihm den Gefallen. Nach einer dritten Aufforderung an Daimler-Fahrer bricht Fuchs den Versuch ab: „Ich dachte, ich könnte aus den verschiedenen Hupen eine Melodie machen.“ Aber aus der wilden Huperei der verschiedenen Fahrzeugklassen lässt sich beim besten Willen kein Arbeiterlied ableiten. Als Fuchs sagt, in NRW hätten die Metallarbeitgeber eine Einmalzahlung von 350 Euro für ein Jahr angeboten, schließt er mit „jetzt könnt ihr aus Ärger hupen“.

Über den Stand der Tarifverhandlungen in Baden-Württemberg sagt er, einige Streitpunkte seien nah an einer Lösung. Beispielsweise sollen Studierende der Dualen Hochschule in den Geltungsbereich des Tarifvertrags aufgenommen werden. Am weitesten Auseinander liegen die Tarifpartner in der Frage des Entgelts. Die Gewerkschaften fordern vier Prozent. „Die Arbeitgeber sind der Ansicht, es gibt nichts zu verteilen.“ Sollten sich die Arbeitgeber in der Entgeltfrage nicht mehr bewegen, würde es mit einem Tarifabschluss vor Ostern nichts werden. „Je länger sich die Verhandlungen hinzu, um so höher werden unsere Erwartungen“, warnt Fuchs. „Es muss endlich ein Angebot her. Es liegt nicht an den Arbeitgebern. Es liegt nicht an uns.“

Die IG Metall Kooperation Ludwigsburg und Waiblingen hatten mit einem YouTube-Film für die Autocorso-Demo geworben. Doch angesichts der vielen übrig gebliebenen Käse- und Salamibrötchen hat die Gewerkschaft wohl mit mehr Teilnehmenden gehofft. Einige Parkflächen sind freigeblieben. Der benachbarte Parkplatz, der ebenfalls angemietet ist, bleibt ohne Protestautos.