“Masken und Menschen” – Ein Gastbeitrag von Joachim Kölz

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Die Corona-Pandemie hat innerhalb weniger Monate unser Leben, so wie wir es gewöhnt waren, wie wir es geliebt haben, auf den Kopf gestellt. An die leider notwendigen Einschränkungen unseres täglichen Lebens haben sich zumindest die meisten von uns gewöhnt – auch wenn ein Lebensmitteleinkauf oder eine Shoppingtour mit Maske weniger Spaß macht – und ich meinen Kolleginnen und Kollegen auf den Fluren im Rathaus gerne ins (ganze) Gesicht schauen würde, um zu sehen, ob Sie ein Lächeln oder Probleme mit sich herumtragen. Und ein Jahr fast ohne Urlaubsreisen und mit weniger Besuchen in Restaurants, Bars, Clubs und Kneipen schont zwar das Portemonnaie, hebt aber gerade beim jetzigen herbstlichen Schmuddelwetter die Stimmung nicht ins Unermessliche.

Und trotzdem müssen wir uns alle darauf einstellen, dass der Spuk noch lange nicht vorbei ist, dass die neuen Regeln notwendig sind und diese, wenn wir einen zweiten Lockdown vermeiden wollen, umgesetzt werden müssen. Wir alle dürfen, zum Schutz unserer Mitbürgerinnen und Mitbürgern, nicht nachlassen in unserem Bemühen, diese Einschränkungen mitzumachen – und müssen sie auch mittragen und für ihre Notwendigkeit werben. Die gerade auf uns zurollende zweite Infektionswelle zeigt uns schmerzlich auf, dass wir nicht zu schnell wieder in alte Verhaltensweisen zurückfallen dürfen, weil das Virus dann genauso schnell wieder die Krankenhäuser füllen wird – auch mit schweren Fällen und tödlichen Verläufen.

Menschlichkeit heißt in diesen Zeiten, zuerst an die Mitmenschen zu denken und erst in zweiter Linie an sich selbst, gerade diejenigen zu schützen, die eine Infektion nicht so leicht wegstecken werden, vor allem die alten und kranken Menschen, die jetzt unseren besonderen Schutz brauchen. In den letzten Jahren hat der Egoismus in unserer Gesellschaft spürbar zugenommen – vielleicht hilft uns Corona dabei, wieder mehr an andere zu denken als an uns selbst.

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Gerade deshalb muss es uns gelingen, dieses neue Leben mit dem Coronavirus auch zu einer neuen Normalität werden zu lassen. Wir alle werden noch viel mehr als bisher lernen müssen, mit den Einschränkungen, die die Pandemie von uns verlangt, in unserem Alltag umzugehen und unser Leben um diese Regeln herum ein Stück weit neu zu erfinden. Dazu gehört auch, dass wir uns – immer unter Beachtung der Regeln, der Abstände, der Hygiene – nicht verstecken müssen. Unsere Kommunen und unsere Wirtschaft brauchen auch in Pandemiezeiten Menschen, brauchen Kunden, brauchen Mitarbeiter und brauchen auch Konsumenten, die aktiv sind. Die in der Gemeinschaft mit ihren Familien und ihrem Umfeld eine neue Normalität gestalten und weiter am öffentlichen Leben teilhaben, sich einbringen und sich engagieren. Nur dann wird es auch gelingen, in der vermutlich noch viele Monate dauernden Phase coronabedingter Restriktionen unser Gemeinwesen und unsere Wirtschaft am Leben zu erhalten. Denn beides muss sein – und darf sich auch nicht ausschließen: Einerseits die nötige Vorsicht und ein andererseits ein Leben, das sich nicht nur im Wartestand auf einen Impfstoff befindet.

Gerade für unsere vor Kraft strotzende Region Stuttgart mit ihren starken Städten und Gemeinden ist es dabei eminent wichtig, dass ihre Bewohnerinnen und Bewohner zu dieser neuen Lebensweise finden, die sie trotz allem glücklich und zufrieden macht – lassen Sie uns gemeinsam versuchen, diese vielen kleinen Schritte zu machen, die es braucht, um dem Virus, wenn wir es schon nicht von heute auf Morgen besiegen können, zwar mit viel Respekt, aber auch mit Selbstvertrauen, mit der nötigen Ruhe und Gelassenheit und manchmal auch mit einem Augenzwinkern zu begegnen.

Und wenn dann ein lautes Lachen unter der Maske die Brille beschlagen lässt, ist es allemal besser als ein griesgrämiges Dreinschauen ohne das Stück Stoff vor Mund und Nase!