Künstliche Befruchtung mindert die Steuerlast

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Krankheitskosten können steuerlich geltend gemacht werden. Und: Kinder zu haben und aufzuziehen ist – unabhängig vom Familienstand – für sehr viele Menschen eine zentrale Sinngebung ihres Lebens. Ungewollte Kinderlosigkeit wird deshalb häufig als schwere Belastung erlebt. Das waren zwei der Gründe, warum ein Gericht im Sinne einer alleinstehenden Frau urteilte: Sie hatte darum gekämpft, die Kosten für die künstliche Befruchtung von der Steuer absetzen zu können.

Die 40-Jährige, die keine Angaben zu ihrem Beziehungsstatus machte, wollte laut der Arbeitsgemeinschaft Medizinrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) die Kosten für die Kinderwunschbehandlung von rund 12.000 Euro in ihrer Einkommenssteuererklärung als außergewöhnliche Belastungen geltend machen. In den Kosten enthalten war auch die Rechnung der Spermabank für die verwendete Samenspende.

Das Finanzamt lehnte ab. Solche Kosten seien nur bei verheirateten oder in einer festen Beziehung lebenden Frauen abzugsfähig. Es sei auch nicht Aufgabe des Steuerrechts, ein Alleinerziehungsverhältnis durch die Abzugsfähigkeit dieser Kosten zu befördern.

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Die Frau erhob Einspruch und legte als Nachweis für die Erkrankung ein ärztliches Attest vor. Das bescheinigte ihr “eine stark eingeschränkte Fertilität”, die die “Wahrscheinlichkeit, dass eine Schwangerschaft auf natürlichem Wege entsteht, drastisch senkt”.

Das Gericht gab der Frau schließlich Recht. Krankheitskosten würden dem Steuerpflichtigen “zwangsläufig erwachsen” und seien daher in der Regel bei der Bemessung der Einkommensteuer zu berücksichtigen. Die Empfängnisunfähigkeit einer Frau sei unabhängig von ihrem Familienstand eine Krankheit. Dementsprechend erkenne das Gericht Aufwendungen für die künstliche Befruchtung als Behandlung bei Sterilität an. Auch müssten sowohl die Kosten für die Behandlung als auch die für den Spendersamen berücksichtigt werden: Die Behandlung diene insgesamt dazu, die Fruchtbarkeitsstörung der Frau auszugleichen (AZ: 1 K 3722/18 E).

Dass die Frau nicht nachgewiesen habe, in einer Partnerschaft zu leben, ändere daran nichts. Die Zwangslage der Frau sei durch die Erkrankung verursacht. Es sei eben nicht die Erwartung ihres Partners oder ihre eigene in einer bestehenden Ehe oder Partnerschaft gewesen, den körperlichen Mangel behandeln lassen zu müssen, um ein Kind bekommen zu können. Ungewollte Kinderlosigkeit werde häufig als schwere Belastung erlebt. Es verbiete sich daher, der Frau vorzuhalten, nur bei einer gefestigten Beziehung könnte man die Kosten steuerlich berücksichtigen.

Rudolf Huber / glp