Immer mehr Ludwigsburger legen sich Hunde zu – Trainerin warnt vor Spontankäufen

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Von Uwe Roth

Ein Hund ist ein guter Tröster. Seine Eigenschaft zum Kuscheln wirkt sich auf die Corona-Pandemie aus. Seit der gefährliche Virus Menschen in die Isolation treibt, steigt die Zahl der Hundebesitzer bundesweit enorm. Wer im Homeoffice versauert, freut sich aufs Gassigehen. Eltern, die täglich die Kinder von morgens bis abends im Haus haben, geben ihren lange aufrechtgehaltenen Widerstand auf und erfüllen dem Nachwuchs den laut und penetrant eingeforderten Hundewunsch. So haben die Eltern ihre Ruhe und die Kids eine Beschäftigung und können lernen, Verantwortung zu übernehmen. Theoretisch zumindest.

In Ludwigsburg sind nach Auskunft der Stadt innerhalb eines Jahres etwa 100 Vierbeiner hinzugekommen. Etwa 2600 sind aktuell gemeldet und täglich mit Herrchen oder Frauchen auf den wenigen Grünflächen der Stadt unterwegs. Im Jahr 2015 waren es noch 200 Hunde weniger. Den Run auf Hunde merkt auch Hundetrainerin Tina Beer aus Bietigheim-Bissingen. Sie ist derzeit gut gebucht. „Ich habe mehr zu tun, als ich wegen Corona erwartet habe“, stellt sie fest. In den vergangenen zehn Tagen hatte sie gleich 20 Neuanfragen – mehr als üblich. Um Corona-gerecht bei zu großem Andrang auf Abstand zu bleiben, bietet sie zusätzlich ein Online Hundetraining an. Die neuen Hundehalter kommen mit den üblichen Anliegen zu ihr: Wie bringe ich meinen Hund dazu, dass er mir aufs Wort folgt? Ist es noch ein Welpe, steht die Frage im Vordergrund, wie bringt man ihn dazu, sein Geschäft nur draußen zu verrichten?

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Die Hundetrainerin fürchtet allerdings, dass die Problemfälle ihr erst dann in größerer Zahl vorgeführt werden, wenn die Beschränkungen aufgehoben sind und wieder der Alltag vor Corona greift. „Wenn das Homeoffice endet, folgt für den Hund von einem auf den anderen Tag das große Alleinbleiben. Das kann böse Folgen haben.“ Als erfahrene Trainerin hält sie nichts davon, sich einen Hund aus einer Laune der Einsamkeit heraus anzuschaffen. Bei einem spontanen Kauf bestehe zudem die Gefahr, an den falschen Züchter zu geraden. Das alles erfordere einige Vorbereitungen und Recherchen.

Wer sich ein Tier zulegen möchte, sollte gedanklich ein Jahr durchspielen: Wieviel Zeit habe ich am Tag, wie möchte ich meine Wochenenden verbringen, wie verbringe ich am liebsten meine Urlaube? Auch ein Training ist nicht von heute auf morgen erledigt. Ein bis zwei Jahre kann eine Hundeerziehung in Anspruch nehmen. Das heißt, einmal in der Woche auf das Trainingsgelände.

Auch die laufenden Kosten eines Hundes sollten bedacht werden: Nicht allein das Futter kostet. Regelmäßig muss das Tier zum Tierarzt. Und nicht zu vergessen die jährlich fälligen Steuern. Für den ersten Hund im Haushalt zahlt der Besitzer 144 Euro im Jahr an die Stadt Ludwigsburg sowie für den zweiten Hund 288 Euro, also das Doppelte. Für den Halter eines Kampfhundes wird es mit einer Jahresgebühr von 864 Euro richtig teuer. Ein zweiter Kampfhund ist mit 1728 Euro der reine Luxus. Für Hunde, die ohne Marke unterwegs sind, ist ein Bußgeld fällig.

Die Stadtkasse profitiert von der gewachsenen Hundeliebe ihrer Einwohner: Die Einnahmen aus der Hundesteuer stiegen von 320.000 Euro im vergangenen Jahr auf 385.000 Euro in diesem. Angesichts der klammen Kassenlage freut es die Stadtverwaltung, dass wenigstens auf diese Einnahme Verlass ist. Das Plus von 65.000 Euro ist nach Stadtangaben nicht allein auf die Zunahme der Hunde zurückzuführen, sondern im Wesentlichen auf eine Erhöhung der Hundesteuer Anfang des Jahres.

Die Stadt hat wegen der 2600 Hunde Ausgaben in Höhe von 120.000 Euro. Die fallen nicht wegen der Tiere selbst, sondern wegen deren Hinterlassenschaften an. 112 Tonnen Hundekot kommen im Jahr zusammen, schätzt die Verwaltung. Das entspricht sieben randvolle Ladungen eines großen Vierachskippers. Damit die Kacke nicht irgendwo liegen bleibt und von der Stadtreinigung sowie Grüngärtnern vom Boden eingesammelt werden muss, verteilt die Stadt jährlich 1,25 Millionen Plastikbeutel an die Hundebesitzer. Die sollen damit die Kacka selbst auflesen und in einem Müllbehälter ordnungsgemäß entsorgen. Obwohl Hundekot verrottet, ist er wegen seiner nicht-organen Bestandteile kein Biomüll, sondern wird nach den Vorschriften mit dem Restmüll thermisch entsorgt, also in einer Müllverbrennungsanlage entsorgt. Im Restmüllheizkraftwerk Stuttgart-Münster, das nächste von Ludwigsburg, kostet die angelieferte Tonne 270 Euro.