Ludwigsburg in Zeiten des Ukraine-Kriegs: Hamsterkäufer nerven – Macron-Sieg lässt aufatmen

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Von Uwe Roth

Wer konsequent Nachrichten ignoriert, bekommt vom Krieg in der Ukraine spätestens beim Discounter oder im Supermarkt etwas mit. Dort herrscht seit einiger Zeit in den Regalen gähnende Leere, in denen normalerweise Speiseöl steht. Auch Palletten, auf denen sich ansonsten Mehlpackungen stapeln, sind nahezu leergeräumt. Obwohl es sich längst herumgesprochen haben müsste, dass in den Einzelhandelsgeschäften von Ludwigsburg mit Engpässen in der Lebensmittelversorgung nicht zu rechnen ist, wird munter weiter gehamstern, als gäbe es kein Morgen mehr. Wie zynisch muss das in den Ohren der ukrainischen Bevölkerung klingen, die wegen der russischen Raketenangriffe in Todesangst tagelang in ihren Kellern ohne eine richtige Mahlzeit ausharren.

Wer im Supermarkt Menschen auf ihr Hamsterverhalten anspricht, bekommt sofort deren Aggression zu spüren. Die explodiert von null auf hundert. Man solle sich um seinen eigenen Kram kümmern, ist noch eine der harmloseren Beschimpfungen. An den Kassen von Lidl und Co. kommt es beinahe zu körperlichen Auseinandersetzungen, wenn der Kassierer oder die Kassiererin den Kunden darauf hinweist, dass pro Einkauf lediglich zwei Flaschen Speiseöl erlaubt seien – und nicht sechs. Die junge Discounter-Mitarbeiterin ist entnervt, weil sie sich Tag für Tag dafür rechtfertigen oder entschuldigen muss, dass sie sich an die berechtigten Mengen-Vorgaben ihres Arbeitgebers hält. Gerne würde sie der Kundin sagen, für wie egoistisch sie die Frau hält. Aber sie unterlässt das selbstverständlich, bleibt höflich, aber bestimmt. Grummelnd packt die Kundin die beiden Ölflaschen in die Einkaufstasche. Keine zehn Minuten später steht sie mit zwei weiteren Ölflaschen wieder an der Kasse. Diese seien für die Nachbarin. Dreistigkeit kennt keine Grenzen.

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Eine Verbindung zum Krieg in der Ukraine gibt es auch über die Abgeordneten des Deutschen Bundestages aus dem Landkreis Ludwigsburg. Sie haben mit dafür gesorgt, dass Deutschland schwere Waffen ins Kriegsgebiet schicken wird. Macit Karaahmetoglu (SPD), Sandra Detzer (Grüne) sowie die beiden CDU-Abgeordneten Steffen Bild und Fabian Gramling stimmten am Donnerstag in Berlin für den Antrag, dem ukrainischen Militär schweres Kriegsgerät aus deutschen Bundeswehrbeständen zur Verfügung zu stellen. Martin Hess (AfD) hält laut Ludwigsburger Kreiszeitung hingegen wenig von deutschen Panzerlieferungen zur Abwehr der angreifenden russischen Armee. Der ehemalige Polizeibeamte plädiert stattdessen für diplomatische Verhandlungen der Bundesregierung mit Kreml-Chef Putin, um eine Eskalation des Kriegs zu verhindern. Hess wünscht sich von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), so wird der AfD-Politiker aus Ludwigsburg in der Zeitung zitiert, dass dieser „zu einer Friedensinitiative aufbricht und zwischen den Konfliktparteien vermittelt“. Eventuell kann Hess dem Kanzler dazu einige Formulierungsvorschläge für das nächste Putin-Gespräch machen.

Wären die Zeiten anders, hätte diese Nachricht in dieser Woche sicher für größere Schlagzeilen gesorgt: In einem landwirtschaftlichen Betrieb in der Gemeinde Erligheim (in der Nähe des Freizeitparks Tripsdrill) sind 17 tote Tiere entdeckt worden. Laut Erkenntnissen des Veterinärsamts sind diese allem Anschein nach verhungert oder verdurstet. Bei dem Betrieb handelt es sich um einen kleinen Nebenerwerbsbetrieb mit einigen Rindern, wenigen Schweinen und Hühnern. Lediglich ein Schwein hat überlebt und kam ins Tierheim nach Ludwigsburg. Die Stallungen seien hygienisch in einem schlechten Zustand, stellten die Kontrolleure fest. Den Rindern und Hühnern hätten weder genügend Wasser noch Futter gehabt. Den Schweinen stand Wasser, aber nicht genügend Futter zur Verfügung. Der Tierhalter habe sich „in einem persönlichen Ausnahmezustand“ befunden. Das Veterinäramt hat ihm gegenüber ein Tierhaltungsverbot ausgesprochen. Tierschutzorganisationen protestierten und warfen den Behörden vor, „auf der ganzen Linie versagt“ zu haben.

In Ludwigsburg steht im Herbst ein historisches Ereignis an. Stadt feiert am 9. September 60 Jahre Rede von Charles de Gaulle an die deutsche Jugend. Diese Rede war ein entscheidender Schritt auf dem Weg zum deutsch-französischen Freundschaftsvertrag im Januar 1963. Viele tausend vor allem jugendliche Zuhörer hatten sich damals im Innenhof des Ludwigsburger Schlosses versammelt, um die Rede des französischen Staatspräsidenten zu hören. In Erwartung dieser Feierlichkeiten dürfte man im Rathaus besonders ausgeatmet haben, als am vergangenen Sonntag das endgültige Ergebnis der Präsidentschaftswahl feststand: Emmanuel Macron bleibt im Amt, und seine Herausforderin Marine Le Pen hat das Nachsehen. Mit der Rechtspopulistin wäre das Jubiläum schwierig geworden. Wahrscheinlich hätte sie es als Regierungschef boykottiert. In der Programmvorschau der Stadt ist vorsichtshalber kein Name genannt, wer von französischer Regierungsseite dem Jubiläum beiwohnen wird.