Ludwigsburger Goldschmied entschuldigt sich für Galgen-Protest – Stadt verzichtet auf Anzeige

Von Ayhan Güneş

Mit seinem Protest hatte Goldschmiedemeister Stephan Wein zumindest eines erreicht: Selten so viele Passanten schauten neugierig in seine Schaufenster in der Bärenstraße. Dort sahen sie neben den Schmuckstücken eine 20 Zentimeter hohe Personengruppe aus Holz sowie eine Mini-Guillotine und -Galgen. Jede Figur hatte als Gesicht ein Foto, so dass jede zu identifizieren war. Es handelte sich um die Führungskräfte des Rathauses. Die Gewänder erinnerten an Ku Klux Klan. „Schuldig“ stand auf kleinen Zetteln. Die Protestaktion ging durch die sozialen Medien. Die Rathaus-Verantwortlichen reagierten mit einer Anzeige.

Inzwischen ist Ruhe eingekehrt. Zwischen Stadtverwaltung und Geschäftsinhaber Wein hat ein Gespräch stattgefunden. Der Goldschmiedemeister bedauert seine gewählte Darstellungsform und entschuldigt sich dafür. Im Gegenzug hat sich die Stadtverwaltung entschlossen, die Strafanzeige unter anderem wegen Beleidigung und Bedrohung zurückzuziehen.

„Es war weder meine Absicht, Gewalt darzustellen noch zu Gewalt aufzurufen, noch wollte ich irgendwelche rechtsradikalen Anklänge durchblicken lassen“, äußert sich Stephan Wein gegenüber der Stadtverwaltung. Für Oberbürgermeister Matthias Knecht und die gesamte Verwaltungsleitung hatte der Goldschmied mit der Protestaktion eine rote Linie überschritten, wie der Rathauschef als erste Reaktion auf die umstrittene Schaufenster-Demo betont hatte. Kritik an der Stadtverwaltung und am Gemeinderat sei üblich und in einer Demokratie auszuhalten. Aber angesichts zunehmender Bedrohung und Beleidigung von Amtspersonen bis hin zu tätlichen Angriffen auf allen Ebenen des politischen Lebens seien diese inhaltlichen Darstellungen inakzeptabel.

Nach der Anzeige entfernte Wein die strittige Dekoration, er löschte seinen Beitrag in den sozialen Medien und suchte das Gespräch mit der Verwaltungsleitung. Gegenüber Bürgermeisterin Andrea Schwarz erklärte Wein, er habe mit der Aktion die Aufmerksamkeit auf die Belange des Innenstadthandels und dessen Bedürfnisse lenken wollen. Mit der Sperrung des Gehwegs zugunsten der Gastronomie in der Eberhardstraße fühle er sich in seiner Existenz bedroht und erkennt, dass die Laufkundschaft ausbleibe. Er räumte ein, dass die Darstellung von Personen der Stadtverwaltung, des Gemeinderats und den anliegenden Geschäftstreibenden im Zusammenhang mit Tötungsinstrumenten ein Fehler war. „Wer mich kennt, weiß, dass ich für eine diskussionsfreudige, aber gewaltfreie Kommunikation eintrete.“

In dem Gespräch versicherte Bürgermeisterin Schwarz dem Goldschmied aus der Bärenstraße, dass für die Stadtverwaltung die Belebung der Innenstadt und die Interessen des gesamten Einzelhandels außerordentlich wichtig seien. Aus diesem Grund würden derzeit auch die Regelungen der Sondernutzungssatzung angepasst, um mehr Flexibilität und passgenaue Lösungen zu finden.